Sehr verehrte Damen und Herren,
ich begrüße Sie zur außerordentlichen Mitgliederversammlung der Wenig-und-Nullbeschäftiger e.V.
Das Gesetz zur Förderung eines inklusiven Arbeitsmarktes ist vom Deutschen Bundestag beschlossen worden. Wir sehen im Ergebnis den Erfolg unserer politischen Durchsetzungsfähigkeit! Unser Einsatz hat sich gelohnt! Zwar mussten wir die Kröte der erheblichen Erhöhung der Ausgleichsabgabe schlucken, jedoch gibt es genügend Ausnahmeregelungen, so dass wir auch die neue vierte Stufe akzeptieren konnten. Wie wir wissen, bleibt es bei der steuerlichen Absetzbarkeit der im Grunde ungerechtfertigten Erhebung der Ausgleichsabgabe. Durch die steuerliche Absetzbarkeit werden die Kosten zumindest zum Teil dorthin verschoben, wo sie hingehören, nämlich zum Steuerzahler. Wir können nicht für alles verantwortlich gemacht werden! Und, liebe Freunde, das ist sehr wichtig, wir sind den moralischen Makel der ach so schlimmen Nullbeschäftiger los! Denn wenn wir künftig keine behinderten Menschen beschäftigen, stellt dies keine Ordnungswidrigkeit nach SGB IX mehr dar! Außerdem ist es glücklicherweise nicht dazu gekommen, dass – wie von bestimmten Kreisen vehement gefordert – der individuelle Anspruch auf ein BEM-Verfahren in das Gesetz aufgenommen wurde.
Auch das „Hamburger Modell“ steht weiterhin eher für Hafenrundfahrt oder Reeperbahn, als für eine Verpflichtung der Arbeitgeber. Kleiner Scherz von mir! Allerdings lassen Äußerungen während der Anhörung im Ausschuss, sowie während der Debatte im Plenum, darauf schließen, dass die Regulierungswut bestimmter inklusionsfixierter Kreise dieses Thema weiter befeuern wird. Als wenn in Unternehmen und Dienststellen nicht schon genug bürokratischer Wahnsinn herrschen würde! Hier heißt es Obacht und rechtzeitig den übereifrigen Inklusions-Aktivisten in den Arm fallen! Wir wollen doch behinderte Menschen beschäftigen, aber es gibt eben wenige qualifizierte Bewerber unter ihnen. Und letztlich entscheiden wir, wer bei uns arbeitet! So, nun kommen wir zum gemütlichen Teil, das Büffet ist eröffnet! Es wurde von der Küche der örtlichen Behindertenwerkstatt geliefert und kann damit mit der Ausgleichsabgabe verrechnet werden. Guten Appetit!
Liebe Kolleginnen und Kollegen ……
……. das da oben ist – leicht erkennbar – eine mehr oder weniger gelungene Satire! Auch ein kurzfristig versendeter „Brandbrief“ der BEM-Initiative an Hubertus Heil und den beiden Franks (Werneke und Bsirske) konnte nichts ändern. Was fällt mir sonst ein, zu dem Gesetzgebungsverfahren? Ja, es gibt positive Aspekte in diesem Gesetz zur Förderung eines inklusiven Arbeitsmarktes, z.B. das die Mittel aus der Ausgleichsabgabe sich künftig auf die Förderung der Beschäftigung von schwerbehinderten Menschen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt konzentrieren. Positiv zu bewerten ist die Genehmigungsfiktion für die Anspruchsleistungen des Integrationsamtes und die Aufhebung der Deckelung für den Lohnkostenzuschuss beim Budget für Arbeit. Positiv kann sich auch die Neuausrichtung des Sachverständigenbeirats im Bereich der Versorgungsmedizin auswirken, wenn den Empfehlungen von Prof. Dr. Welti gefolgt wird, den Sachverstand der SBVen und der Inklusionsbeauftragten einzubeziehen.
Was war an der Bundestagsdebatte am 20. April am bemerkenswertesten? Der „Doppelpass“ zwischen Hubert Hüppe (CDU!!) und Corinna Rüffer (Bündnis 90/Die Grünen) zeigte sehr klar die Mängel des Gesetzes auf und deckte den offensichtlichen Riss in der Ampelkoalition in der Frage der Streichung der Nullbeschäftigung als Ordnungswidrigkeit auf. Bei wieviel sozialen Projekten darf die FDP, geduldet vom Kanzler, noch blockieren?
Schon im Dezember hielt es Jürgen Dusel (Beauftragter der Bundesregierung) für ein „verfehltes Signal“, die Bußgeldvorschrift zu streichen. Prof. Franz Josef Düwell bezeichnete den Plan in der Anhörung als Skandal und Prof. Dr. Felix Welti machte deutlich, dass die „Nicht-Beschäftigung“ eine Diskriminierung im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention darstelle! Deutlicher ging es nicht! Der Verlauf des Verfahrens lässt nichts Gutes für die angekündigten weiteren Gesetzesvorhaben in Bezug auf Inklusion, berufliche Teilhabe, Prävention und Diskriminierungsschutz erwarten. Die Anhörung im zuständigen Ausschuss und die Debatte im Bundestag sind noch in der Mediathek des Bundestages zu sehen. Am 12. Mai befasst sich der Bundesrat mit dem Gesetzentwurf, der diesem ebenfalls zustimmen muss, damit das Gesetz in Kraft treten kann. Wird das Gesetz dann in den Vermittlungsausschuss gehen? Vermutlich würde es dort noch verschlimmbessert.
Anderes Thema. Ich müsste mich eigentlich sehr glücklich schätzen, im Bundesland Niedersachsen mit einer Schwerbehindertenquote (Gdb 50+) von nur 9% zu leben. Also, wenn ich nicht selbst betroffen wäre. Aber ich freue mich natürlich für alle, die nicht betroffen sind. Hier, in der norddeutschen Tiefebene sind die Menschen augenscheinlich wesentlich robuster, als z.B. im Saarland (13,9%), in Brandenburg (13%) oder in Mecklenburg-Vorpommern (14,4%). Nur in Thüringen und Hamburg (beide 7,6%, alles Stand 31.12.2021) gibt es noch weniger Menschen mit einem GdB 50 oder mehr. Oder liegt es vielleicht doch eher an der unterschiedlichen Anerkennungspraxis? Ist der Eindruck doch nicht komplett falsch, dass in Niedersachsen besonders rigide beurteilt wird und es dadurch schwierig ist, einen GdB 50 oder mehr, bzw. das notwendige Merkzeichen zu bekommen? Das wäre ein Skandal, denn die Konsequenz hieße letztlich: Diskriminierung! Wie erklären sich die eklatanten Unterschiede? Herr Minister, Dr. Andreas Philippi, übernehmen Sie!
Ein windiger März und ein regnerischer April sollen angeblich einen schönen Mai machen.
In diesem Sinne, herzliche Grüße
Jürgen Bauch
Aus dem Bundestag
Zur politischen Einordnung folgt hier noch einmal die Information aus der letzten Ausschusssitzung vor der Bundestagsdebatte:
Neue Stufe bei der Ausgleichsabgabe, Abschaffung der Bußgeldregelung: Der Gesetzentwurf zur Regelung eines inklusiven Arbeitsmarktes ist am Mittwochmittag im Ausschuss für Arbeit und Soziales in geänderter Fassung mit den Stimmen der Ampel-Fraktionen und Die Linke angenommen worden. CDU/CSU lehnten den Gesetzentwurf ab, die AfD enthielt sich. Ein Änderungsantrag der Union wurde ebenso wie zwei Anträge von AfD (20/5999) und Die Linke (20/5820) abgelehnt.
Der Gesetzentwurf zielt darauf ab, mehr Menschen mit Behinderung auf den sogenannten ersten Arbeitsmarkt zu bringen. Erreicht werden soll dieses Ziel unter anderem durch die Einführung einer höheren Ausgleichsabgabe für Betriebe, die trotz gesetzlicher Vorgaben keine Menschen mit Behinderung beschäftigen („vierte Stufe“). Sogenannte Null-Beschäftiger mit mehr als 60 Angestellten müssen künftig 720 Euro monatlich pro unbesetzter Stelle zahlen. Bislang gab es drei Stufen der Ausgleichszahlung, die höchste sah einen Betrag von 360 Euro vor. Im Gegenzug soll die Bußgeldregelung abgeschafft werden. Bislang können „Null-Beschäftiger“ zunächst mit einem Bußgeld von bis zu 10.000 Euro belegt werden. Hinzugefügt in der geänderten Fassung wurde unter anderem die Regelung, dass ein schwerbehinderter Mensch, der zuvor in einer Werkstatt tätig war, in den ersten zwei Beschäftigungsjahren auf zwei Pflichtarbeitsplätze angerechnet werden kann.
Laut der Parlamentarischen Staatssekretärin Kerstin Griese (SPD) beschäftigen aktuell rund 45.000 Unternehmen keine Menschen mit Behinderung. Da im Jahr 2022 lediglich sechs Bußgeldverfahren durchgeführt wurden, sei dieses Instrument ein „stumpfes Schwert“, sagte Griese. Daher habe das Ministerium sich dazu entschieden, das Bußgeld abzuschaffen und stattdessen die Ausgleichsabgabe zu erhöhen.
Vertreter von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP sprachen von einem großen Wurf. Laut Bündnis 90/Die Grünen muss Inklusion auf dem Arbeitsmarkt gerade mit Blick auf den drohenden Fachkräftemangel eine größere Rolle spielen. Nachgerüstet müsse daher bei den Regelungen zu inklusiven Ausbildungen werden. Durch die Einführung der vierten Stufe wird laut Annahmen der FDP mehr Geld akquiriert, das wiederum für einen inklusiveren Arbeitsmarkt eingesetzt werden kann.
Die Union betonte, dass es von Seiten der Arbeitgeber kein Bereitschaftsproblem gebe. Vielmehr müssten Anstrengungen unternommen werden, Arbeitgeber und -nehmer zusammenzuführen. Auch bemängelte die Union, dass der Gesetzentwurf mit neuen Instrumenten verabschiedet werde, obwohl der Nutzen der eingerichteten bundesweiten Ansprechstellen bislang nicht evaluiert worden sei.
Kein großer Wurf ist der Gesetzentwurf laut AfD. Statt auf Strafe solle auf Anreize gesetzt werden. Es müsse zur Normalität werden, Menschen mit Behinderung dort einzusetzen, wo es passgenaue Arbeitsplätze für sie gebe. Gleichzeitig betonte die AfD, dass nicht jeder schwerbehinderte Mensch jeden Job ausüben könne.
Für Die Linke gehe der Entwurf in die richtige Richtung. Sie sagte allerdings, dass die Ausgleichsabgaben nicht hoch genug seien und kritisierte scharf, dass die Bußgeldregelung gestrichen werde. Außerdem müsse verhindert werden, dass Ausgleichsabgaben als Betriebsausgaben von der Steuer abgesetzt werden könne. Dies sende völlig falsche Signale an die Arbeitgeber.
hib – heute im bundestag | Nr. 276 | Mittwoch, 19. April 2023
Persönliche Erklärung
Anlässlich der 2. und 3. Lesung im Bundestag zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Förderung eines inklusiven Arbeitsmarkts erklärt der CDU-Bundestagsabgeordnete und ehemalige Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderung, Hubert Hüppe:
Der heute mit Stimmen der Ampel-Koalition verabschiedete Gesetzentwurf wird den Arbeitsmarkt in Deutschland nicht inklusiver machen, da bestehende Hürden nicht abgebaut werden. Es fehlt dem Entwurf an Verbesserungen für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben wie dem Budget für Arbeit oder dem Budget für Ausbildung, die in ihrer derzeitigen Form einen noch viel zu geringen Beitrag zur Beschäftigung von Menschen mit Behinderung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leisten. Auch ein Abbau an Hürden wie der Rehabilitationspädagogischen Zusatzqualifikation oder die Einführung eines Rechtsanspruchs auf Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) lässt der Entwurf vermissen.
Stattdessen weicht die Ampel-Koalition die bestehende Beschäftigungspflicht für Unternehmen auf. Betriebe mit mehr als 60 Angestellten sind in Deutschland verpflichtet, fünf Prozent ihrer Arbeitsplätze an Menschen mit Behinderung zu vergeben. Verstoßen sie vorsätzlich oder fahrlässig gegen diese Auflage, konnten die Unternehmen bisher mit einem Bußgeld belegt werden. Mit dem heute verabschiedeten Gesetz wird diese Regelung ersatzlos gestrichen. Dass mit dem Wegfall der Bußgeldregelung Inklusionsverweigerer auch noch belohnt werden, ist ein Skandal! Diese Art der Unternehmensentlastung auf Kosten der Menschen mit Behinderung war mutmaßlich für die FDP Grund genug, dem Gesetz zuzustimmen. Inklusiver wird der Arbeitsmarkt dadurch jedenfalls nicht.
Die im Gesetzentwurf enthaltene Einführung einer 4. Stufe bei der Ausgleichsabgabe trifft nur einen geringen Prozentsatz der Betriebe in Deutschland, da hierbei Sonderregelungen für kleine und mittlere Unternehmen bestehen bleiben. Die Abschaffung der Bußgeldregelung kann hingegen als Freifahrtschein für Unternehmen verstanden werden, die keine Menschen mit Behinderung beschäftigen. Hinzu kommt, dass sich Betriebe ohne Angestellte mit Behinderung weiterhin von der Ausgleichsabgabe freikaufen können, wenn sie entsprechende Aufträge an Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) vergeben. Dies wird eher zu einer Verfestigung der Sonderstrukturen führen als zu deren Abbau, wie es im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention eigentlich vorgesehen ist.
Quelle: www.huberthueppe.de
BMAS
Die meisten gehörlosen Menschen haben in der Arbeitswelt erhebliche Kommunikationsprobleme. Das beschränkt oft ihre berufliche Teilhabe. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) fördert deshalb seit Jahrzehnten die Unterstützung der beruflichen Kommunikation gehörloser Menschen mit Mitteln aus dem Ausgleichsfond. Aktuell werden immer mehr beruflich relevante Fachgebärden als digitale Präsentationen im Auftrag des BMAS ins Netz gestellt.
Durch die Bereitstellung von digitalen Unterstützungsmaßnahmen können Arbeitgeber dazu beitragen, die berufliche Teilhabe gehörloser Mitarbeiter zu verbessern und die Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu erhöhen.
Hans-Böckler-Stiftung
Zehn Prozent der Erwerbstätigen in Deutschland arbeiten suchthaft. Betroffene arbeiten nicht nur sehr lang, schnell und parallel an unterschiedlichen Aufgaben, sie können auch nur mit schlechtem Gewissen freinehmen und fühlen sich oft unfähig, am Feierabend abzuschalten und zu entspannen. Das geht auf die Gesundheit: Suchthaft Arbeitende stufen ihren Gesundheitszustand etwa doppelt so häufig als weniger gut oder schlecht ein wie nicht betroffene Erwerbstätige. Deutlich häufiger als andere haben sie körperliche oder psychosomatische Beschwerden, suchen deswegen aber seltener ärztliche Hilfe. Das ergibt eine neue Studie von Forschenden des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) und der Technischen Universität Braunschweig, die die Hans-Böckler-Stiftung gefördert hat.
Link zur Studie: www.boeckler.de
Land Niedersachsen
„Im Land Niedersachsen ist zum nächstmöglichen Zeitpunkt der Dienstposten/Arbeitsplatz der/des Landesbeauftragen für Menschen mit Behinderung (m/w/d) zu besetzen.“ So heißt es in der öffentlichen Stellenausschreibung des niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung. „Vorausgesetzt werden die Befähigung zum Richteramt oder ein mit einem Master (oder einem vergleichbaren Abschluss) abgeschlossenes wissenschaftliches Hochschulstudium mit überwiegend verwaltungswissenschaftlichen, sozialwissenschaftlichen, politikwissenschaftlichen, gesundheitswirtschaftlichen oder sozialversicherungsrechtlichen Inhalten oder der Gesundheits-, Pflege- oder Rehabilitationswissenschaften oder ähnlicher für die Aufgabenwahrnehmung geeigneter Studiengänge“, wie es in der Ausschreibung heißt.
(jb) Ich wünsche mir jemanden, der neben allen anderen wichtigen Fähigkeiten explizit Kenntnisse über die Umsetzung der beruflichen Teilhabe im Sinne der UN-BRK besitzt und diese auch mit voller Kraft umsetzen will! Das wäre auch sinnvoll hinsichtlich der beschämenden Beschäftigungsquote im Lande und beim Arbeitgeber Land Niedersachen selbst!
DGUV
Die Corona-Pandemie spiegelt sich weiterhin in den vorläufigen Unfall- und Berufskrankheiten-Zahlen wider, die die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV), der Spitzenverband der Berufsgenossenschaften und Unfallkassen veröffentlicht hat.
Die Zahl der meldepflichtigen Arbeitsunfälle ist 2022 im Vergleich zum Vorjahr um 1,8 Prozent auf 791.698 Unfälle gesunken. Sie lagen damit weiterhin spürbar unter dem Niveau des Jahres 2019 (871.547 Unfälle). Bei den Wegeunfällen gab es hingegen einen leichten Anstieg von 1,3 Prozent: 2022 ereigneten sich auf dem Weg zur Arbeit oder wieder nach Hause 173.069 Unfälle. ……..
Der Anstieg bei Anzeigen und Anerkennungen geht im Wesentlichen auf die Pandemie zurück. Laut einer Sondererhebung der DGUV entfielen 294.446 Verdachtsanzeigen und 180.790 Anerkennungen auf Erkrankungen an COVID-19. Für alle anderen Berufskrankheiten lag die Zahl der Verdachtsanzeigen damit leicht unter dem Niveau von 2019.
Die komplette Information gibt es hier: www.dguv.de
ver.di
Eine Idee wird nicht besser, wenn die Begriffe und Namen dafür laufend geändert werden – das beweist gerade die Diskussion um die Aktienrente/Aktienrücklage/das Generationenkapital.
Der Koalitionsvertrag sieht vor, zur „langfristigen Stabilisierung von Rentenniveau und Rentenbeitragssatz in eine teilweise Kapitaldeckung der gesetzlichen Rentenversicherung“ (GRV) einzusteigen (siehe sopoaktuell Nr. 335 vom 22.11.2022). Dieses Vorhaben soll – zusammen mit der Stabilisierung des Rentenniveaus auf 48 Prozent im Rentenpaket II, das in den nächsten Wochen erwartet wird – gesetzgeberisch auf den Weg gebracht werden.
Der für den Einstieg in die Kapitaldeckung notwendige Kapitalstock soll teilweise kreditfinanziert aufgebaut werden. Erträge des Kapitalstocks sollen ab Mitte der 2030er Jahre einen Beitrag zur Stabilisierung der Beitragssatzentwicklung der gesetzlichen Rentenversicherung leisten. Dazu sollen diesem Kapitalstock im Jahr 2023 Haushaltsmittel in Form von Darlehen i. H. v. 10 Mrd. Euro zugeführt werden.
Weitere Infos: www.arbeitsmarkt-und-sozialpolitik.verdi.de
Bundesagentur für Arbeit
In Niedersachsen erfüllten 2021 nur 37,1 Prozent der dazu verpflichteten Unternehmen die Beschäftigungspflicht schwerbehinderter Menschen. Das liegt knapp unter dem Bundesschnitt von 39 Prozent. Im Land Bremen waren es 34,3 Prozent. Alle anderen besetzten die vorgeschriebene Zahl der Stellen nur teilweise oder gar nicht.
Johannes Pfeiffer, Chef der Regionaldirektion Niedersachsen-Bremen der Bundesagentur für Arbeit: „Ich sehe darin vor allem verpasste Chancen bei der Personalsuche.“ Oftmals sind es hartnäckige Vorurteile oder die Sorge vor höherem Aufwand, der Unternehmen davon abhält, Menschen mit Schwerbehinderung einzustellen. „Dabei sind viele Betroffene gut qualifiziert, oft sogar besonders motiviert und loyal. Und bei körperlichen Einschränkungen helfen meist kleinere Umbauten oder andere Hilfsmittel. Man muss jeden Menschen individuell anschauen, um einen Weg zu finden, wie der Betrieb von den Stärken und Kompetenzen profitieren kann – ob mit oder ohne Schwerbehinderung. Es lohnt sich, Lösungen zu suchen.“
Unternehmen können sich mit ihren Fragen unter 0800 4 5555 20 an den Arbeitgeber-Service wenden, bei Bedarf werden Reha-Spezialistinnen und -spezialisten eingebunden. Die Palette der Förderinstrumente ist breit und reicht von Qualifizierung sowie Gehaltszuschüssen für Unternehmen bis hin zur Unterstützung bei der technischen Ausstattung.
Quelle: Pressemeldung Nr. 16/2023 – 19.04.2023, BA, Regionaldirektion Niedersachsen/Bremen
Beschäftigungsquote
Nicht nur Niedersachsen verfehlt Jahr für Jahr die Mindestbeschäftigungsquote:
Das Land muss fünf Prozent seiner Stellen an Menschen mit schweren Behinderungen vergeben. Diese Quote erreicht Baden-Württemberg seit Jahren nicht. Der VdK kritisiert das scharf.
Das Land Baden-Württemberg muss einen Millionenbetrag zahlen, weil es zu wenige schwerbehinderte Menschen beschäftigt. Die Landesverwaltung muss eine Quote von fünf Prozent erfüllen. Sie sank aber laut Staatsministerium im Jahr 2021 im Schnitt auf 4,12 Prozent - nach 4,24 Prozent im Vorjahr und 4,46 Prozent im Jahr 2019. Das geht aus einer Antwort des Sozialministeriums auf eine kleine Anfrage der SPD-Fraktion zurück, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.
Weiter im Text auf www.swr.de
Arbeitszeit
Das BAG verpflichtete in seiner Entscheidung vom 13.9.2022 alle Arbeitgeber dazu, Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit der Beschäftigten zu erfassen. Arbeitsminister Hubertus Heil hatte in der Folge eine Gesetzesreform mit »praxistauglichen Lösungen« angekündigt. Nun liegt endlich ein Entwurf für ein neues Arbeitszeitgesetz vor.
Geändert werden sollen durch den Referentenentwurf im Wesentlichen die §§ 16, 17, 21a und 22 des Arbeitszeitgesetzes im Hinblick auf die Erfassung von Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit.
Elektronische Erfassung soll künftig Pflicht sein
Anders als bisher müssen Arbeitgeber nun nicht mehr nur die Überstunden, sondern Beginn, Ende und Dauer der gesamten täglichen Arbeitszeit aufzeichnen - und zwar elektronisch und in der Regel noch am selben Tag. So heißt es in dem Gesetzentwurf aus dem Bundesarbeitsministerium (BMAS).
Doch der Entwurf sieht auch zahlreiche Ausnahmen von diesen Grundsätzen vor.
Ausnahmen für Kleinbetriebe und durch Tarifvertrag
So müssen etwa Kleinbetriebe mit bis zu zehn Mitarbeitern laut Entwurf nicht zwingend elektronisch aufzeichnen.
Auf die Erfassung in nicht-elektronischer Form können sich auch die Tarifpartner größerer Unternehmen verständigen und eine händische Aufzeichnung in Papierform zulassen. Doch auch in diesem Fall bleibt der Arbeitgeber Verantwortlicher und muss die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen ggf. zur ordnungsgemäßen Führung der Aufzeichnungen schulen und anleiten.
Die Aufzeichnung soll zudem auch an einem anderen Tag erfolgen können, spätestens aber bis zum Ablauf des siebten, auf den Tag der Arbeitsleistung folgenden Kalendertags.
Die Zeiterfassung kann auf Grundlage einer Tarifvereinbarung für einige Gruppen von Beschäftigten sogar ganz entfallen. Die Pflicht zur Aufzeichnung gilt nach dem Entwurf nicht »bei Arbeitnehmern, bei denen die gesamte Arbeitszeit wegen der besonderen Merkmale der ausgeübten Tätigkeit nicht gemessen oder nicht im Voraus festgelegt wird oder von den Arbeitnehmern selbst festgelegt werden kann«.
Vertrauensarbeitszeit soll erhalten bleiben
Unter strengen Bedingungen, nämlich in Betrieben mit Tarifvertrag, soll also für einige Gruppen von Beschäftigten ein Modell der Vertrauensarbeitszeit weiterhin zulässig sein. Damit gemeint ist nach dem Entwurf ein flexibles Arbeitszeitmodell, bei dem der Arbeitgeber auf die Festlegung von Beginn und Ende der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit verzichtet.
Wie geht es weiter mit dem Entwurf?
Der Gesetzentwurf ist in einem frühen Stadium, als nächstes folgt die Ressortabstimmung.
Quelle: www.bund-verlag.de
Positionspapier zum Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG)
„Menschen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen begegnen tagtäglich einer Vielzahl von Diskriminierungen, gegen die sie sich mit dem seit 2006 gültigen AGG bislang nicht wehren können“, so Dr. Sigrid Arnade, Vorsitzende des Aktionsbündnisses „AGG Reform - Jetzt!“, dem über 140 Behindertenverbände, Selbsthilfe- und Selbstvertretungsorganisationen in Deutschland angehören, in einem gemeinsamen Positionspapier. Gemeinsam drängen sie auf eine zügige Umsetzung der Überarbeitung des Gesetzes.
Quelle: www.vdk.de
Niedersachsen
Mit dem Aktionsplan Inklusion verfolgt die niedersächsische Landesregierung das Ziel, die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am gesellschaftlichen Miteinander in Niedersachsen weiter zu stärken. Gemäß dem Motto „Teil sein" hat das Kabinett am (heutigen) Dienstag beschlossen, dass der Aktionsplan als Regelwerk und Maßnahmenpaket für die Beteiligung von Menschen mit Behinderungen und deren Vertretungen, weiterentwickelt werden wird. Damit startet in diesem Jahr ein mehrstufiger Beteiligungs- und Entwicklungsprozess. Im Sommer 2024 soll der Plan als neues verbindliches Strategiepapier vorliegen. Darin vereinbarte Maßnahmen sollen innerhalb der aktuellen Legislatur bis 2027 umgesetzt werden.
In einem ersten Schritt werden jetzt die Ministerien und die Staatskanzlei unter Beteiligung der Mitglieder des Landesbeirats für Menschen mit Behinderungen Ziele festlegen, die den Schwerpunkt der Teilhabepolitik der Landesregierung bis zum Jahr 2027 bilden, beispielsweise in den Bereichen Digitalisierung, Bildung, Mobilität oder Gesundheit. Anschließend werden konkrete Maßnahmen entwickelt, die schrittweise zu mehr Barrierefreiheit und Teilhabe in Niedersachsen führen sollen.
Sozialminister Dr. Andreas Philippi: „Alle Bürgerinnen und Bürger, insbesondere Menschen mit Behinderungen, sollen sich bei der Entwicklung von konkreten Maßnahmen mit Vorschlägen oder Ideen einbringen können. Wer mit einer Behinderung lebt, weiß am besten, welche Barrieren ausgeräumt werden müssen, und auf ihre Erfahrungen wollen wir setzen."
Am 6. Dezember 2023 wird das Land dann eine Inklusionskonferenz ausrichten, in der alle Beteiligten miteinander ins Gespräch kommen können. Über eine Ideenbox unter www.ms.niedersachsen.de/Inklusion können Bürgerinnen und Bürger von nun an Ideen online mitteilen. Die Ministerien prüfen alle Vorschläge und geben eine Rückmeldung, ob der Vorschlag beim vierten Aktionsplan berücksichtigt werden kann.
Quelle: Pressemeldung, 18.04.2023
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Der Antidiskriminierungsverband Deutschland (advd)
Mehr Fortschritt wagen, heißt auch mehr Antidiskriminierung wagen! 100 Organisationen fordern eine schnelle und tiefgreifende Reform des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes.
In 16 Jahren Praxiserfahrung sind die Schwächen des AGGs weitgehend bekannt: Das Gesetz schützt nicht alle Betroffene von Diskriminierung. Die Erweiterung der Diskriminierungskategorien beispielsweise auf Sozialer Status, Familiäre Fürsorgeplichten, Körpergewicht und Sprache ist daher dringend notwendig.
Das AGG ist außerdem nicht anwendbar auf alle Lebensbereiche. Es muss daher ausgeweitet werden auf staatliches Handeln, um vor allem bei institutioneller Diskriminierung wie beispielsweise „racial profiling“ angemessenen Rechtsschutz zu gewährleisten.
Auch ist das rechtliche Vorgehen gegen Diskriminierung in vielen Fällen zu schwierig. Seit Jahren fordern Expert*innen daher die Einführung eines Verbandsklagerechts und weiterer Maßnahmen, um die Rechtsdurchsetzung zu unterstützen.
Um dem Ziel eines fortschrittlichen Antidiskriminierungsrechts näher zu kommen und die Reformbestrebungen der Bundesregierung kritisch zu begleiten, hat der Antidiskriminierungsverband Deutschland (advd) eine umfassende Ergänzungsliste zum AGG sowie eine von 100 Organisationen unterzeichnete Stellungnahme koordiniert. Hieraus hat sich nun das Bündnis „AGG Reform-Jetzt!“ gegründet, dass die langjährige Expertise im Diskriminierungsschutz von einem breiten thematischen sowie communitybasiertem Spektrum an zivilgesellschaftlichen Organisationen bündelt.
“Das breit aufgestellte Bündnis, das gemeinsam eine schnelle und tiefgreifende Reform des Gesetzes fordert, zeigt, dass Antidiskriminierung ein gesamtgesellschaftliches Thema ist. Der Schutz vor Diskriminierung ist zentral in einer demokratischen Gesellschaft. Dazu gehört neben präventiven Maßnahmen auch ein wirksames Antidiskriminierungsrecht, das für Betroffene durchsetzbar sein muss.”, sagt Eva Andrades, Geschäftsführerin des advd.
Link zur Stellungnahme und zur Ergänzungsliste: www.antidiskriminierung.org
DGB-Rechtsschutz
Wer neue Hörgeräte benötigt, verlässt sich auf die Empfehlungen eines Hörgeräteakustikers. Egal, ob Krankenkasse oder Rentenversicherung, der geltende Festbetrag wird meist schnell übernommen. Probleme entstehen, wenn die Hörgeräte mehr kosten. Da bleibt ein Rechtsstreit nicht aus. Das Sozialgericht Oldenburg stellt im Fall einer Krankenschwester klar, dass Krankenkassen in rechtswidriger Weise ihre Pflicht zur Prüfung des Einzelfalles viel zu oft auf Hörgeräteakustiker verlagern.
Der komplette Text ist hier zu lesen: www.dgbrechtsschutz.de
Bildungswerk ver.di in Niedersachsen e.V.
Arbeits- und Gesundheitsschutz ist eine der zentralen Themen gewählter Interessenvertretungen. Ob es um Unfallverhütung, psychische Belastungen oder die Hilfe für suchtkranke Kollege*innen geht, Interessenvertretungen müssen kompetent geschult sein, um sich für sichere und gesunde Arbeitsbedingungen einsetzen zu können.
Kompetenzerwerb
- Krankmachende Belastungen und Gefahren am Arbeitsplatz
- Gesetze und Mitbestimmungsmöglichkeiten im Arbeits- und Gesundheitsschutz
- Gesetze im Arbeits- und Gesundheitsschutz in ihrer Mitbestimmungsfunktion sicher anwenden
- Regelungen für Betriebs- und Dienstvereinbarungen (BEM)
- Rechtsgrundlagen, Eckpunkte, Qualitätskriterien, Standards und Ansprüche an eine Vereinbarung
- Bestehende Vereinbarungen an weitere Anforderungen anpassen
- Sicheres Auftreten in sensiblen Gesprächssituationen
Alle Infos & Anmeldung unter www.bw-verdi.de
ver.di-Forum Nord & Bildungswerk ver.di in Niedersachsen
Bereits zum 12. Mal findet unsere SBV-Fachtagung mit den Schwerpunkten: „Arbeitsrecht, Sozialrecht, rechtliche Entwicklung im SGB IX und Bundesteilhabegesetz für die Alltagsarbeit der SBV und die betrieblichen Interessenvertretungen statt.
Auch in diesem Jahr haben wir Expert*innen des Arbeits- und Sozialrechts als Referentinnen und Referenten gewinnen können, die für die Arbeit der SBV und der betrieblichen Interessenvertretungen erforderliche Kenntnisse vermitteln.
In Vorträgen, Diskussionen und Workshops werden die speziellen Probleme der SBV thematisiert, gemeinsam bearbeitet und vertieft.
Wir freuen uns auf eine interessante Fachtagung, spannende Redebeiträge und vor allem angeregte Diskussionen.
9. - 11. Mai 2023 | H4 Hotel Berlin Alexanderplatz, Karl-Liebknecht-Str. 32, 10178 Berlin
Alle Infos und Anmeldung unter www.verdi-forum.de
Bildungswerk ver.di in Niedersachsen
In dieser Tagung werden verschiedene Themen beleuchtet, die den Fokus auf Frauen im Arbeitsleben richten. Sowohl Fragen nach (erzwungener) Teilzeit in vielen Branchen und die Folgen für weitere Lebensabschnitte als auch Fragen nach guten Arbeitsbedingungen wird nachgegangen. Dabei wird der Blick auch auf die Zusammenarbeit mit Akteurinnen aus anderen Berufsgruppen gerichtet, die sich mit der Verbesserung von beruflichen Rahmenbedingungen beschäftigen.
Expertinnen aus der Arbeitswelt stellen ihre Themen nach aktuellem Forschungsstand und Rechtslage vor und zeigen konkrete Handlungsmöglichkeiten für Interessenvertretungen auf. Im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit können Frauen durch das neuerworbene Wissen für ihre Kolleginnen vor Ort starke Weichen stellen.
5. - 7. Juni 2023 | Veranstaltungszentrum Rotation, Goseriede 10, 30159 Hannover
Alle Infos und Anmeldung unter www.bw-verdi.de
ver.di-Forum Nord & Bildungswerk ver.di in Niedersachsen
Diese Arbeitsrechtskonferenz ist für die SBVen mit dem besonderen Blickpunkt auf das kirchliche Arbeitsrecht konzipiert, da für die SBVen der Kirchen weltliches Recht und Kirchenrecht unterschiedlich Anwendung finden.
Wir blicken darauf, was sich aus der aktuellen Rechtsprechung im Arbeitsrecht für die Arbeit der SBV-Kirche ableiten lässt.
In dieser Fachtagung werden für die Arbeit der SBV im kirchlichen Arbeitsrecht erforderliche Themen erarbeitet und erläutert. Unsere Expertinnen und Experten erarbeiten die Themen gemeinsam mit den Tagungsteilnehmenden in Vorträgen und vertiefenden inhaltlichen Fachforen mit Blick auf die tägliche Praxis.
13. - 14. September 2023 | H4 Hotel Hamburg Bergedorf, Holzhude 2, 21029 Hamburg
Alle Infos und Anmeldung unter www.verdi-forum.de
Anmeldung für den SBV InfoBrief
Wenn Sie gerne in den Verteiler für den SBV InfoBrief aufgenommen werden möchten,
schreiben Sie uns einfach eine kurze Nachricht:
sbv@bw-verdi.de
Betreff: Abo SBV InfoBrief