Liebe Kolleginnen und Kollegen ……
……… die Zeit vergeht sehr schnell. Kaum begonnen, naht auch schon wieder des Jahres Ende. Und so ist das letzte Quartal immer die Zeit, in der die Weiterbildungen der Interessenvertretungen für das nächste Jahr geplant werden sollten. Schaut euch rechtzeitig nach Seminaren um, die für euch wichtig und interessant sind.
Bereits zum 14. Mal findet die SBV-Tagung des ver.di-Forum Nord in Kooperation mit dem Bildungswerk ver.di in Niedersachsen im März 2025 statt. Die Tagung ist die beste Möglichkeit, Fachkenntnisse zu erwerben oder zu erweitern, neue Kontakte zu knüpfen, sowie bestehende aufzufrischen. Netzwerkbildung war und ist immer wichtig! Am Ende der Tagung bestätigt sich sicher auch 2025 wieder, dass niemand allein ist mit seinen betrieblichen Problemen. Nähere Hinweise zur 14. SBV-Tagung findet ihr am Schluss dieser November-Ausgabe.
Inklusion ist zurzeit offenbar nicht das Thema Nr. 1 auf der politischen Agenda. Trotzdem haben viele Richtungsentscheidungen direkte oder indirekte Auswirkungen für behinderte Menschen. Die Parteien in Berlin streiten um den Haushalt 2025. In diesem Streit verrutschen die Maßstäbe immer weiter nach rechts; man hofft immer noch, damit der AfD Stimmen abzujagen. Es ergibt sich ein merkwürdiges politisches Pingpongspiel. Motto: Wer bietet mehr! Grenzen dicht - Migrationsstopp als Sicherheitspolitik? Obergrenzen für Asylbewerber? Die Obergrenze an Sachverstand und Vernunft scheint bei vielen schon länger überschritten. Sozialer Fortschritt war gestern, jetzt geht es offensichtlich ums Ganze. Kürzung des Bundeszuschusses zur Rentenversicherung bedeuten enorm steigende Beiträge, egal! Krankenhausreform zulasten der Beitragszahler in der GKV, egal! Steuerliche Vorzugsbehandlung für Überstunden - im Lichte der Prävention ein Unding! Maßregelungen beim Bürgergeld – den Drückebergern zeigen wir es! Kindergrundsicherung – Ballast! Verkehrswende – vertagt! Demokratieförderung – wozu? Ausbau der Barrierefreiheit – Luxus! Und das alles im Namen der Schuldenbremse und der Wirtschaftsförderung. Die Umverteilung von unten nach oben geht munter weiter! In einem gemeinsamen Positionspapier fordert ein breites Bündnisses aus Wohlfahrtsverbänden, ver.di und Campact, die Demokratie zu schützen und den Sozialstaat zu erhalten. Es braucht mehr und nicht weniger soziale Sicherheit und soziale Infrastruktur, Gemeinsinn und Perspektiven. Gute Arbeit, soziale Sicherheit und eine gute Daseinsvorsorge, die Teilhabe für alle Menschen garantiert, wirken nachhaltig gegen Rechtsextremismus und die soziale Spaltung der Gesellschaft.
Wer den Sozialstaat schwächt,
verschärft die gesellschaftliche Spaltung
und gefährdet den Zusammenhalt!
Die Krankenkassen berichten unisono über ungewöhnlich hohe und weiter steigende Fehlzeiten von Beschäftigten. Und hier und da liest oder hört man, dass Kolleg*innen bei Erkrankungen schneller mal zuhause bleiben würden und dass bei vielen die Leistungsbereitschaft nachlasse. Die Möglichkeit der telefonischen Krankschreibung verleite zudem zum „Blaumachen“. Eine WSI-Studie stellt nun dem gegenüber belastende Arbeitsbedingungen, Personalmangel, zu wenig betriebliche Prävention und eine höhere Erwerbsquote älterer Beschäftigter in den Mittelpunkt der Problemanalyse. Lesenswert, weil es auch für die betriebliche Praxis von Bedeutung ist! Manchmal schreit die (Un-)Logik mich förmlich an: Deutschland feiere zu oft krank. Aber: noch nie ist in Deutschland soviel (Gesamtarbeitszeitvolumen: 55 Mrd. Stunden nach DIW) gearbeitet worden ……….
Wie man mit konkreten Zielsetzungen einen Aktionsplan Inklusion gestalten kann, zeigt das Land Baden-Württemberg, das die 5%-Beschäftigungsquote erfüllt. Der Landesaktionsplan 2.0 (Handlungsfeld Arbeit ab Seite 27 ff.) liegt vor. Das Ziel: Erhöhung der Beschäftigungsquote und gezielte Förderung beruflicher Inklusion schwerbehinderter Beschäftigter in der Landesverwaltung und in ihren Geschäftsbereichen. Die Zielerreichung: Im Rahmen des vom Sozialministerium erstellten Stellenpool-Konzeptes sind Anschubfinanzierungen auf Poolstellen für die unbefristete Neueinstellung von schwerbehinderten Menschen möglich. Derzeit stehen für die Umsetzungszeit jährliche Landesmittel in Höhe von knapp 8,8 Mio. Euro zur Verfügung. Die Maßnahmen sehen in drei Jahren bis zu 170 unbefristete Neueinstellungen von schwerbehinderten Menschen in der Landesverwaltung vor. Interessant ist der Ansatz, Aufgabenbeschreibungen und Stellenprofile „neu zu denken“. So geht’s! Vielleicht wird der Aktionsplan auch in Niedersachsen gelesen.
In Zeiten, in denen populistische und rechtsextremistische Entwicklungen
die freiheitlich-demokratische Grundordnung gefährden,
stellen diese auch eine greifbare Bedrohung für Menschen mit Behinderungen dar.
(Simone Fischer | Beauftragte der Landesregierung Baden-Württemberg für die Belange von Menschen mit Behinderungen)
Liebe Leserinnen und Leser, immer schön kritisch bleiben!
Herzlichen Gruß
Jürgen Bauch
Krankenstand
Der nächste deutliche Anstieg der Covid-Infektionszahlen ist schon in Sicht – und das in einer Situation, in der Fehlzeiten unter Beschäftigten ohnehin ungewöhnlich hoch sind, wie etliche Krankenkassen vermelden. Laut einer Analyse der WSI-Forscherin Elke Ahlers sind dafür unter anderem belastende Arbeitsbedingungen, Personalmangel, zu wenig betriebliche Prävention, eine höhere Erwerbsquote älterer Beschäftigter und Veränderungen an der Statistik verantwortlich.
„In manchen Medien wird angesichts höherer Fehlzeiten suggeriert, dass Beschäftigte bei Erkrankungen schneller zu Hause bleiben oder gar krankfeiern. Dahinter, so der Verdacht, stehe geringere Leistungsbereitschaft“, sagt WSI-Direktorin Bettina Kohlrausch. „Es mag Einzelfälle geben, aber als grundsätzliche Erklärungsansätze sind solche Verkürzungen gefährlich, weil sie den Blick auf die wirklich relevanten Ursachen verstellen.“
Link zur WSI-Studie: www.boeckler.de
Recht
- Die Pflicht des Arbeitgebers aus § 167 Abs. 1 SGB IX bei aufkommenden Schwierigkeiten im Arbeitsverhältnis mit einem schwerbehinderten Menschen ein Präventionsverfahren durchzuführen, ist nicht auf den Zeitraum nach Ablauf der Wartezeit aus § 1 Abs. 1 KSchG beschränkt (entgegen BAG v. 21.04.206 – 8 AZR 402/14). Die Pflicht besteht also auch schon in den ersten sechs Monaten des Arbeitsverhältnisses.
- Wenn das Präventionsverfahren nicht durchgeführt wird, kann dies gemäß § 22 AGG die Vermutung begründen, dass eine Kündigung wegen der Behinderung ausgesprochen wurde und damit die Vermutung, dass die Kündigung wegen des Diskriminierungsverbots in § 164 Abs. 2 SGB IX in Verbindung mit § 134 BGB nichtig ist.
- Wegen der spezifischen Probleme, ein Präventionsverfahren vor Ablauf der „Probezeit“ zum Abschluss zu bringen, gilt für die Widerlegung der Vermutung ein abgesenktes Maß der Darlegungs- und Beweislast.
Landesarbeitsgericht Köln, 6. Kammer, 12.09.2024, Aktenzeichen: 6 SLa 76/24
Link zum Urteil: www.justiz.nrw.de
Recht
Auch das Arbeitsgericht Freiburg hat einem schwerbehinderten Arbeitnehmer das besondere Schutzrecht des Präventionsverfahrens (§ 167 Abs.1 SGB IX) bereits in den ersten 6 Monaten des Arbeitsverhältnisses zugestanden. Eine Kündigung war somit unwirksam. Dies stellt aus Sicht von ver.di eine notwendige und zeitgemäße Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts dar. Vertreten durch den Rechtsschutz der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di konnte für den schwerbehinderten Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis mit der Stadt erstinstanzlich erhalten werden. Die Arbeitsbedingungen gelten unverändert weiter.
ArbG Freiburg (Breisgau) 2. Kammer, 04.06.2024, Az: 2 Ca 51/24
Link zur ver.di-Berichterstattung: www.uedbadenschwarzwald.verdi.de
Tipp
Zum sechsten Mal lobt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) den Bundesteilhabepreis aus. Gesucht werden Gute-Praxis-Beispiele und Modellprojekte, die vorbildlich für einen inklusiven Sozialraum und bundesweit in Kommunen oder Regionen übertragbar sind.
Das Thema in 2025 lautet:
„DIGITALISIERUNG INKLUSIV – digitale Teilhabe von Menschen mit Behinderungen an Bildung und Arbeit“.
Für den Bundesteilhabepreis 2025 werden gute Beispiele aus der Praxis, Modellprojekte und Lösungen zur umfassenden digitalen Teilhabe von Menschen mit Behinderungen in den Bereichen Bildung und Arbeit gesucht, die das (gemeinsame) Lernen und Arbeiten ermöglichen. Als barrierefreie Lösungen kommen Apps, Tools oder andere Informations- und Kommunikationstechnologien infrage. Auch innovative Umsetzungen von angemessenen digitalen Vorkehrungen in Bildungseinrichtungen und/oder am Arbeitsplatz können als Projekt eingereicht werden.
Eine unabhängige Fachjury, die mehrheitlich aus Expertinnen und Experten der Verbände von Menschen mit Behinderungen besteht, wählt die Preisträger aus.
Bewerbungsschluss: 20. Dezember 2024
Weitere Informationen: www.bundesfachstelle-barrierefreiheit.de
Hans-Böckler-Stiftung
Ab Mitte 2025 müssen laut Barrierefreiheitsstärkungsgesetz wichtige digitale Dienstleistungen und Produkte barrierefrei sein. Ein Thema auch für Betriebs- und Aufsichtsräte. Und natürlich müssen Schwerbehindertenvertretungen ein Auge darauf haben.
Antonia Seeland schreibt darüber im Magazin „Mitbestimmung“
Digitale Dienstleistungen und Produkte müssen ab dem 28. Juni 2025 für Menschen mit Behinderungen ohne Hilfe nutzbar sein. Das gilt beispielsweise für den Onlinehandel, für Reiseinformationen, Selbstbedienungsterminals wie Fahrkarten- und Geldautomaten, Computer, Smartphones, Websites von Bank- und Finanzdienstleistern oder E-Books.
Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) verpflichtet erstmalig private Akteure, also beispielsweise Unternehmen und Verbände, zur Barrierefreiheit. Der Bedarf an barrierefreien Produkten und Dienstleistungen ist groß. Für etwa zehn Prozent der Menschen in Deutschland sind sie unerlässlich, weil diese Personen konventionelle Angebote nicht nutzen können, für weitere etwa 30 Prozent sind sie notwendig, weil diese Produkte die Nutzung digitaler Angebote stark erleichtern.
Ein Test der Aktion Mensch zeigte, dass drei Viertel der beliebtesten Webshops in Deutschland nicht barrierefrei sind. Eben mal online ein Geburtstagsgeschenk kaufen oder eine Überweisung tätigen ist für Menschen mit Behinderungen oft nicht möglich. Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz greift daher ein großes Problem im Alltag dieser Menschen auf. Auch wenn das BFSG von „Menschen mit Behinderungen“ spricht, helfen barrierefreie Produkte auch vielen anderen, etwa Älteren, die schlecht sehen oder motorische Einschränkungen haben, aber auch Menschen mit temporären Beeinträchtigungen wie Migräne.
Das Gesetz war ein längst überfälliger, wenn auch nur ein erster Schritt, um Menschen mit Einschränkungen besser und selbstbestimmt an der digitalisierten Gesellschaft und Umwelt teilhaben zu lassen.
Link zum Artikel: www.boeckler.de
Aus dem Bundestag
Die CDU/CSU-Fraktion fordert die zeitnahe Einrichtung eines Kompetenzzentrums Leichte Sprache und Gebärdensprache. In einem entsprechenden Antrag (20/13367) kritisiert sie die zögerliche Umsetzung dieses im Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung fixierten Vorhabens. Das bislang nur auf punktuelle Maßnahmen wie die Einrichtung von Dienstposten beschränkte Handeln sei noch weit vom Ziel der Schaffung eines ressortübergreifenden Kompetenzzentrums für Leichte Sprache und Gebärdensprache entfernt und sorge zunehmend für Unmut bei Menschen mit Behinderungen und ihren Verbänden, schreiben die Unionsabgeordneten.
Deshalb fordern sie die Bundesregierung unter anderem auf, das im Koalitionsvertrag der Ampel formulierte Ziel, einen Sprachendienst in einem eigenen Bundeskompetenzzentrum Leichte Sprache/ Gebärdensprache einzurichten, noch in dieser Wahlperiode umzusetzen. Das Kompetenzzentrum soll nach Ansicht der Fraktion bei der Überwachungsstelle des Bundes für Barrierefreiheit von Informationstechnik (BFIT-Bund) eingerichtet werden, die als Dienstleister Übersetzungsleistungen für die obersten Bundesbehörden und deren nachgeordnete Behörden erbringt und Behörden aus Bund, Ländern und Kommunen sowie Wirtschaft und Zivilgesellschaft über das Angebot entsprechender Dienstleistungen auch seitens privater Anbieter berät. Außerdem müssten bei der Planung und Umsetzung des Kompetenzzentrums Leitlinien verankert werden, die Menschen mit Behinderungen als Experten in eigener Sache, zum Beispiel beim Qualitätsmanagement für durch generative KI gewonnene Texte und Erkenntnisse mit einbezieht. Auch die Schaffung einer digital barrierefreien Infrastruktur für die Arbeitsplätze sollte dort verankert werden, heißt es in dem Antrag.
hib – heute im bundestag | Nr. 722 | Montag, 21. Oktober 2024
Positionspapier
Die Beauftragten von Bund und Ländern für die Belange von Menschen mit Behinderungen betonen in einem gemeinsamen Positionspapier die dringende Notwendigkeit eines umfassenden und menschenrechtskonformen Monitorings der nicht-invasiven Pränataltests (NIPT). Sie unterstützen damit den Beschluss des Bundesrats sowie den inhaltsgleichen interfraktionellen Antrag aus der Mitte des Bundestags und konkretisieren die aus ihrer Sicht notwendigen Anforderungen an ein solches Monitoring. Sie begründen dies mit den aus ihrer Sicht hochgradig problematischen Folgewirkungen der gegenwärtigen Situation.
Seit Juli 2022 werden NIPT auf Chromosomen-Abweichungen von der gesetzlichen Krankenversicherung übernommen, wenn Schwangere dies in Absprache mit ihrem Arzt für notwendig halten. Diese Tests schätzen die Wahrscheinlichkeit ab, ob ein Kind mit Trisomie 13, 18 oder 21 zur Welt kommt, liefern jedoch keine Diagnose, zudem ist nach Einschätzung des Berufsverbandes niedergelassener Pränatalmediziner (BVNP) die Aussagekraft des Bluttests deutlich geringer als kommuniziert. Die Beauftragten warnen vor einer möglichen Reihenanwendung dieser Tests ohne ausreichende medizinische Indikation und den damit verbundenen Risiken.
„Die Auswirkungen des nicht-invasiven Pränataltests müssen sorgfältig analysiert werden. Ich spreche mich - gemeinsam mit meinen Kolleginnen und Kollegen der Länder - dafür aus, dass das Monitoring zu den Folgewirkungen der Kassenzulassung unbedingt menschenrechtskonform und unter Beteiligung von Menschen mit Behinderungen ausgestaltet wird. Denn die Einführung molekulargenetischer Tests als Kassenleistung kann nicht allein dem Gemeinsamen Bundesausschuss vorbehalten bleiben. Sie erfordern eine breite inhaltliche Auseinandersetzung und letztlich auch eine Entscheidung des Gesetzgebers. Dieser Diskurs über die weitreichenden ethischen, rechtlichen, sozialen und gesundheitspolitischen Aspekte pränataler Suchtests muss nun endlich geführt werden,“ sagt Jürgen Dusel, der Beauftragte der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen für die Konferenz der Beauftragten von Bund und Ländern.
Die Behindertenbeauftragten betonen, dass die gesellschaftliche Diskussion über pränatale Tests auf einem menschenrechtlichen Modell von Behinderung basieren muss. Es muss verhindert werden, dass pränatale Tests das medizinische Modell von Behinderung stärken, welches Menschen mit Behinderungen an den Rand der Gesellschaft drängt. Vielmehr soll das Recht auf gleichberechtigte und selbstbestimmte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen gefördert werden. Das interdisziplinäre Gremium soll daher auch Vertreterinnen und Vertreter von Menschen mit Behinderungen und deren Familien einbeziehen. Dies ist unabdingbar für die Entwicklung eines ethisch und menschenrechtlich tragfähigen Umgangs mit pränatalen Suchtests.
Das vollständige Positionspapier finden Sie hier: www.behindertenbeauftragter.de
DVBS-Tipp
Zur Unterstützung bei eingeschränktem Sehvermögen oder Blindheit gibt es eine Vielzahl von Hilfsmitteln – von der klassischen Lupe bis zur IT-Lösung. Mit einem neuen Internetangebot möchten der DBSV, der DVBS und PRO RETINA den Betroffenen auf dem Weg zum Hilfsmittel weiterhelfen.
Wer ein solches benötigt, steht oft vor einer Vielzahl von Fragen. Wo genau muss ich den Antrag auf Übernahme der Kosten stellen? Geht das auch nachträglich, wenn ich ein Hilfsmittel wirklich dringend brauchte und es deshalb schon gekauft habe? Wer übernimmt die Kosten für die Einweisung in den Gebrauch eines Geräts? Und was genau gilt überhaupt als Hilfsmittel?
Wenn man sich im Hilfsmittelrecht nicht auskennt, kann der Weg dorthin schnell zum Hindernislauf werden. Das DBSV-Rechtsreferat hat deshalb hilfreiche Informationen rund um dieses Thema zusammengestellt. Die Serviceseite „Tipps zur Hilfsmittelversorgung“ ist ab sofort online abrufbar.
Quelle: [horus aktuell] 2024-16, vom 18. Oktober
Tipp
„Recht auf Teilhabe – Der Podcast rund um Inklusion, Rehabilitation und Teilhabe“ der Deutsche Vereinigung für Rehabilitation e. V. (DVfR) und ihrer wissenschaftlichen Partner widmet drei neue Episoden dem thematischen Schwerpunkt UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK). Im ersten Teil sprechen Michael Beyerlein und René Dittmann von der Universität Kassel über den Rechtscharakter der UN-BRK und das Staatenprüfverfahren.
Die drei Schwerpunktfolgen sind zugleich ein Rückblick auf die Projekttagung „Die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in Deutschland, Österreich und der Schweiz“. Sie fand unter Mitwirkung von deutschen, österreichischen und schweizerischen Vertreterinnen und Vertretern aus Wissenschaft, Politik und Verbänden im Juni 2024 in Kassel statt.
Teil 1 der Schwerpunktreihe (zugleich Folge 10 des Podcasts) umfasst Ausschnitte der Vorträge von Andreas Müller (Universität Basel), Felix Welti (Universität Kassel), Barbara von Rütte (Universität Basel), Leander Palleit (Deutsches Institut für Menschenrechte), Christine Steger (Bundesbehindertenanwältin Österreichs) und Caroline Voithofer (Universität Innsbruck). Sie geben Einblick in den Rechtscharakter der UN-BRK, ihre Geltung in föderalen Mehrebenensystemen, die gerichtliche Rezeption der UN-BRK, das Staatenprüfungsverfahren und die Kritik der UN an der Umsetzung in den drei Ländern.
Die Schwerpunktreihe ist im Projekt „Zugänglichkeit – Inklusion – Partizipation. Nachhaltige Teilhabe an Arbeit durch Recht“ (ZIP – NaTAR) der Deutschen Vereinigung für Rehabilitation e. V. (DVfR) und ihrer Kooperationspartner entstanden – gefördert vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales aus Mitteln des Ausgleichsfonds. Konzeption und Umsetzung der thematischen Schwerpunktsetzung zur UN-BRK als Podcast-Episoden liegen bei der Universität Kassel unter Federführung von Prof. Dr. iur. Felix Welti.
Ausblick:
Teil 2 wird sich mit der Umsetzung des Rechts auf Bildung im Sinne des Artikels 24 UN-BRK befassen und gegen Ende Oktober auf Reha-Recht.de, Podigee und weiteren Podcast-Plattformen abrufbar sein. In allen drei Ländern gibt es Bemühungen um ein inklusiveres Regelschulwesen, zugleich bestehen Sonderschulen und Förderschulen weiter oder werden sogar ausgebaut. Das Spannungsverhältnis in der institutionellen und inhaltlichen Ausrichtung und die erhebliche Bandbreite in föderal organisierten Staaten werden in dieser Folge diskutiert.
Teil 3 beleuchtet das Recht auf Arbeit, wie es in Artikel 27 UN-BRK festgehalten ist. In Deutschland und Österreich gibt es Beschäftigungspflichten für Betriebe des allgemeinen Arbeitsmarktes, in der Schweiz wird darüber diskutiert. Alle drei Länder haben einen Vorrang der Rehabilitation vor Rente geregelt. Kontrovers diskutiert werden in allen Staaten geschützte Werkstätten. Teil 3 der Schwerpunkreihe greift wesentliche Statements aus der Fachtagung dazu auf. Die Episode wird ab Mitte November online verfügbar sein.
Hans-Böckler-Stiftung
Das Schwert der Mitbestimmung ist nur dann scharf genug, wenn Interessenvertretungen es konsequent nutzen!
Beim Arbeits- und Gesundheitsschutz haben Betriebsräte und Gewerkschaften in den vergangenen Jahrzehnten enorme Fortschritte erreicht. Doch Arbeit verändert sich und Arbeitgeber wollen manchen Rückschritt als neue Freiheit verkaufen.
Fabienne Melzer schreibt darüber im Magazin „Mitbestimmung“: www.boeckler.de
„Leipziger Erklärung“
Erstmals fand im Vorfeld einer Jahrestagung der Regierungschefinnen- und -chefs der Länder ein Gespräch zur Förderung der Inklusion von Menschen mit Behinderungen und der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention mit der Konferenz der Behindertenbeauftragten von Bund und Ländern statt. Die Einladung zu diesem Gespräch erfolgte durch Ministerpräsident Michael Kretschmer, der seit Anfang Oktober den Vorsitz der Ministerpräsidentenkonferenz innehat.
Zum Abschluss ihres Gesprächs mit Regierungschefinnen und -chefs am 24. Oktober haben die Behindertenbeauftragten von Bund und Ländern heute in ihrer „Leipziger Erklärung“ Forderungen für die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention gestellt. Die Beauftragten sind der Auffassung, dass es verstärkter Anstrengungen, Impulse und Instrumente insbesondere in den Bereichen Arbeit und Fachkräfte, Gesundheit, Wohnen und Bildung bedarf.
Jürgen Dusel, Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen: „Sowohl der Bund als auch die Länder tragen die gleiche Verantwortung in der Umsetzung der UN-BRK, deren Ziel die volle und gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen ist, die niemals unter Finanzierungsvorbehalt gestellt werden darf. Ich bin froh, dass Ministerpräsident Michael Kretschmer das Thema der Inklusion und Umsetzung der UN-BRK auf die Agenda gehoben hat, denn die Behindertenpolitik muss in Deutschland eine höhere Priorität erlangen. In Zukunft wird es wichtig sein, dass wir Behindertenbeauftragte von Bund und Ländern auch in den Fachministerkonferenzen wie die der Ressorts Bauen oder Bildung vorkommen und so noch deutlicher machen können, dass Inklusion eine Querschnittsaufgabe für alle politischen Bereiche ist.“
Die komplette Erklärung finden Sie hier.
Quelle: Pressemeldung Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen, 24.10.2024
Gleichstellung
(jb) Soldatinnen und Soldaten stellen die zahlenmäßig zweitgrößte Statusgruppe der in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehenden Personen. Es gibt ca. 180.000 Berufs- und Zeitsoldaten. Für Soldatinnen und Soldaten werde es immer schwieriger eine notwendige Gleichstellung zu erreichen, wird berichtet. Das Argument ist dasselbe wie bei den Beamtinnen und Beamten. Die Soldatinnen und Soldaten wären nicht kündbar! Obwohl Angehörige der Bundeswehr, wie auch Beamtinnen und Beamte vom Verlust ihres Arbeitsplatzes oder von einer (nicht zumutbaren) Versetzung bedroht sein können, wie die BA in ihren Weisungen selbst einräumt. Notwendige Nachteilsausgleiche oder die Einrichtung eines behinderungsgerechten Arbeitsplatzes werden durch eine Gleichstellung ermöglicht oder erleichtert. Auch Angehörige diese Berufsgruppen sind unter Umständen aus gesundheitlichen Gründen weniger belastbar. Kolleginnen und Kollegen müssen vielleicht häufiger Hilfe leisten. Viele sind aus gesundheitlichen Gründen nur eingeschränkt beruflich mobil, z.B. nach Auslandseinsätzen. Unter Umständen hilft da auch das Einsatz-Weiterverwendungs-Gesetz (EinsatzWVG) nicht in jedem Fall! Beamtinnen und Beamte können entlassen werden, wenn sie dauernd dienstunfähig sind. Muss dieses Damoklesschwert erst über den Betroffenen kreisen? Was spricht angesichts der disziplinarrechtlichen Möglichkeiten gegen eine weniger strikte Beurteilung bei der Festsetzung einer Gleichstellung für diese Gruppen? Übrigens: In der Bundeswehr berichten einer Studie zufolge, dass 24% der wahrgenommenen Diskriminierungen sich auf Behinderungen beziehen. Frauen und Menschen mit Behinderung seien häufiger von Diskriminierung betroffen, als vergleichbare Gruppen außerhalb der Bundeswehr.1
1 Vielfalt und Inklusion in der Bundeswehr | Ergebnisse der Studie „Bunt in der Bundeswehr?“ | Vielfalt und Inklusion | Auftraggeber: Bundesministerium der Verteidigung | August 2024
Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) I
Die Konferenz der Beauftragten des Bundes und der Länder für Menschen mit Behinderungen (KBB) begrüßt den unter TOP 1 der Jahreskonferenz der Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder (MPK) am 25. Oktober gefassten Beschluss zur Inklusion der Menschen mit Behinderungen.
Anlässlich der Jahreskonferenz der MPK in Leipzig (24. und 25. Oktober 2024) haben sich die Mitglieder der KBB und Vertreter der Fachverbände für Menschen mit Behinderungen auf Einladung des sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer mit den Spitzenvertretern der Länder über inklusionspolitische Themen ausgetauscht. Auf der Tagesordnung stand dabei insbesondere die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in den Bereichen Bildung, Arbeit, Fachkräfte, Wohnen und Gesundheit. Eine zum Abschluss übergebene „Leipziger Erklärung“ der KBB formulierte dringende Handlungsbedarfe. Diese wurden sodann von der MPK mit dem genannten Beschluss aufgegriffen.
Mit dem Einsatz der Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder für die Förderung einer selbstbestimmten, gleichberechtigten und wirksamen Teilhabe von Menschen mit Behinderungen in allen Lebensbereichen unter Einbeziehung dieser Menschen selbst und der Beachtung des individuellen Wunsch- und Wahlrechts werden Impulse auf dem Weg in eine inklusive Gesellschaft erwartet. Im Rahmen der Fachministerkonferenzen sollen nun weitere politikfeldbezogene Erfordernisse besprochen werden. Diese Vereinbarung sei „ein ermutigendes Zeichen für die Bedeutung von Inklusion auch auf Landesebene“, so Jürgen Dusel, Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen.
Die Forderung der MPK nach einem uneingeschränkten Zugang für Menschen mit Behinderungen zu den Leistungen der Pflegeversicherung greift ein bereits mehrfach von der KBB formuliertes Erfordernis auf.
Simone Fischer, Beauftragte der Landesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen in Baden-Württemberg und Sprecherin der KBB, fasste den Beschluss der MPK als Ergebnis der Tage in Leipzig wie folgt zusammen:
„Die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder haben einen zentralen Beschluss gefasst. Er macht deutlich, dass es nicht nur unser gemeinsames Interesse ist, die selbstbestimmte, gleichberechtigte und wirksame Teilhabe von Menschen mit Behinderungen voranzutreiben. Es ist essenziell, damit alle Menschen gerechte Lebensbedingungen vorfinden. Dafür müssen die Voraussetzungen geschaffen werden. Der Beschluss ist in jeder Hinsicht ein wichtiges Signal.“
Quelle: Pressemitteilung Nr. 11/2024, Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen, Berlin, 29. Oktober 2024
Tipp
Wenn es um die Einstellung und Beschäftigung von schwerbehinderten Menschen geht, gibt es viele Fragen und Unsicherheiten. Es gibt aber auch jede Menge Förderungen und Unterstützungsleistungen, die von einer ganzen Reihe verschiedener Leistungsträger angeboten werden.
Wer nicht regelmäßig mit der Materie befasst ist, verliert sich leicht im Dschungel der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Die Einheitlichen Ansprechstellen für Arbeitgeber (EAA) sind genau die Anlaufstellen in Niedersachsen, die diesen Dschungel sehr gut kennen und Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber zielsicher zu den richtigen Leistungen manövrieren. Genau die Anlaufstellen, die passgenaue Informationen liefern und den Weg ebnen.
Da sich SBVen sicherlich auch für die Aktivitäten der Einheitlichen Ansprechstellen für Arbeitgeber (EAA) interessieren, sind die Website, sowie der Newsletter eine gute Möglichkeit, sich zu informieren und ggf. auch einmal den Arbeitgeber auf die EAA hinzuweisen.
Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) II
Im Rahmen der Jahreskonferenz der Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder vom 23. bis 25. Oktober 2024 in Leipzig haben sich die Ministerpräsidentinnen und -präsidenten am (heutigen) Donnerstag intensiv mit den Beauftragten von Bund und Ländern für Menschen mit Behinderungen ausgetauscht. Inhaltlich ging es um die Förderung der Inklusion von Menschen mit Behinderungen und die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) auch in finanziell angespannten Zeiten. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden, so steht es sowohl im Grundgesetz als auch in der UN-Behindertenrechtskonvention. Diskutiert wurden die bereits erzielten Fortschritte auf dem Weg dahin, aber auch die Herausforderungen in den Bereichen Bildung, Arbeit, Wohnen, Gesundheit und Fachkräfte.
„Das war ein guter, offener und konstruktiver Austausch zum Auftakt der MPK", so Ministerpräsident Stephan Weil. „Allein in Niedersachsen leben etwa 800.000 Menschen mit Behinderungen. Sie alle sollen die Chance auf größtmögliche Selbstbestimmung und Teilhabe am gesellschaftlichen Leben haben. Niedersachsen ist schon auf einem guten Weg hin zu einer inklusiven Gesellschaft, aber wir bleiben leider in einigen Bereichen noch hinter den Erwartungen der Beauftragten und unseren eigenen Erwartungen zurück. Vor dem Hintergrund der angespannten Finanzlage des Landes werden wir sicher nicht alle berechtigten Wünsche nach Herstellung umfassender Barrierefreiheit realisieren können. Aber nach meinen Erfahrungen kommt es auch ganz wesentlich auf die Einstellung der Nichtbehinderten an: Je unkomplizierter und aufgeschlossener sie Inklusion ermöglichen und dabei auch mal ungewöhnliche Wege gehen, desto erfolgreicher werden wir sein bei der Umsetzung der UN-Behindertenkonvention."
Annetraud Grote, Niedersächsische Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderungen, zeigte sich zufrieden nach dem Gespräch mit den Ministerpräsidentinnen und -präsidenten: „Das war eine interessante und anregende Diskussion heute mit der spürbaren Bereitschaft der Länderchefinnen und Länderchefs gemeinsam engagiert an der Verwirklichung von Inklusion weiterzuarbeiten. Wir müssen beispielsweise im Bereich Bauen und Wohnen besser werden: Was wir brauchen, ist mehr barrierefreier und vor allem bezahlbarer Wohnraum. Auch im Bereich des Arbeitsmarktes sind kreative Lösungen gefragt. Gerade in Zeiten von Personalmangel kann und muss es gelingen, mehr Menschen mit Behinderungen in Arbeit zu bringen. Dazu gehört es auch, die Förderung und Ausgestaltung solcher Arbeitsplätze einfacher und unkomplizierter zu machen. Der öffentliche Dienst könnte hier durchaus seiner Vorbildfunktion noch stärker gerecht werden."
Sie sehe sich selber, so Annetraud Grote, als Sprachrohr für die Menschen mit Behinderungen in Niedersachsen. Ihre Aufgabe sei es, den Finger an den Stellen in die Wunden zu legen, wo Teilhabe noch nicht gut genug gelingt, aber auch Anregungen zu geben für gerne mitunter unkonventionelle Lösungen zum Abbau von tatsächlichen oder gefühlten Barrieren.
„Wir können das Amt der niedersächsischen Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderungen gar nicht hoch genug schätzen," so Ministerpräsident Stephan Weil. „Deshalb möchte ich an dieser Stelle Annetraud Grote ein herzliches Dankeschön aussprechen. Frau Grote übt eine anspruchsvolle und kräftezehrende Tätigkeit aus - und sie erfährt dabei zwar oft die nötige Zustimmung und Unterstützung, muss manchmal aber auch sehr hartnäckig sein. Meine Unterstützung für Ihre Ambitionen, noch mehr Inklusion für die Menschen mit Behinderungen in Niedersachsen zu erreichen, haben Sie!"
Ein Kurzvideo von Ministerpräsident Stephan Weil und der Landesbeauftragten Annetraud Grote am Rande der MPK in Leipzig finden Sie hier: www.youtube.com
Quelle: Pressemeldung der Nds. Staatskanzlei, 24.10.2024
SoVD
Seit Jahren kritisiert der SoVD dieses Vorgehen als unsolidarisch: Anstatt staatliche Aufgaben aus Steuermitteln zu bezahlen, wälzt der Bund die Kosten hierfür auf die gesetzliche Krankenversicherung ab. Die Quittung bekommen nun die Versicherten. Ab dem nächsten Jahr müssen sie voraussichtlich einen deutlich höheren Zusatzbeitrag bezahlen. Und leider steht auch für die kommenden Jahre zu befürchten, dass sich diese Kostenspirale weiterdreht.
Mit Beginn des neuen Jahres wird die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) wohl spürbar teurer. Darauf wies kürzlich der sogenannte Schätzerkreis hin. In diesem sitzen Fachleute unter anderem aus dem Bundesgesundheitsministerium und dem GKV-Spitzenverband. Regelmäßig bewertet das Gremium die Entwicklung der Einnahmen und Ausgaben innerhalb der GKV und gibt auf dieser Grundlage eine Prognose für das folgende Jahr ab.
Diese wiederum dient dann als Grundlage für die Festlegung des durchschnittlichen Zusatzbeitragssatzes, den gesetzlich Versicherte auf den allgemeinen Beitragssatz von 14,6 Prozent ihres Einkommens obendrauf bezahlen müssen. Jeweils die Hälfte der Kosten übernehmen Arbeitgeber beziehungsweise Rentenversicherung.
Für das Jahr 2025 geht der Schätzerkreis von einer Finanzierungslücke innerhalb der GKV von 13,8 Milliarden Euro aus. Legt man diese Summe auf alle gesetzlich krankenversicherten Menschen um, ergibt sich rein rechnerisch pro Kopf ein durchschnittlicher Zusatzbeitrag von 2,5 Prozent. Dessen Satz liegt derzeit bei 1,7 Prozent.
Entscheidend ist jedoch, dass es sich hierbei stets um einen Durchschnittswert handelt. Das bedeutet, über die konkrete Höhe des Zusatzbeitrages entscheidet letztlich jede Krankenkasse individuell nach Bedarf. Anders als der reguläre Beitragssatz, der für alle Versicherten gleich hoch ist, unterscheidet sich somit der anfallende Zusatzbeitrag von Kasse zu Kasse. Da dies nicht zuletzt eine entscheidende Rolle für den Wettbewerb spielt, macht es sich keine Krankenkasse leicht, von ihren Versicherten einen höheren Zusatzbeitrag einzufordern. Angesichts bereits in diesem Jahr gestiegener Ausgaben sind die finanziellen Reserven der meisten gesetzlichen Krankenkassen inzwischen jedoch aufgebraucht. Woran liegt das?
Neben zuletzt stark gestiegenen Kosten insbesondere im Krankenhaus und bei Arzneimitteln weisen die Krankenkassen vor allem auf die zunehmende Belastung durch versicherungsfremde Leistungen hin. Sie kritisieren, dass die Bundesregierung ihrer finanziellen Verantwortung für gesamtgesellschaftliche Aufgaben nicht nachkomme. So zahle der Bund beispielsweise seit Jahren viel zu niedrige Beiträge für die gesetzliche Krankenversicherung der Menschen, die Sozialhilfe, Arbeitslosenhilfe oder Bürgergeld erhalten. Anstatt diese Kosten aus Steuermitteln zu begleichen, müssten hierfür Beitragsmittel herhalten.
Auch die SoVD-Vorstandsvorsitzende Michaela Engelmeier bezeichnete es als völlig inakzeptabel, dass sich der Bund seiner Finanzierungsverantwortung entziehe und auf Beitragssteigerungen setze, nur um den Haushalt zu schonen. Mit Blick auf die vermutlich ebenfalls steigenden Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung sagte Engelmeier: „Diese Praxis muss beendet und gesamtgesellschaftliche Aufgaben müssen aus Steuermitteln finanziert werden.“
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) setzt derzeit viel Hoffnung auf die Krankenhausreform. Langfristig, so Lauterbach, werde diese den Anstieg der Beiträge und somit auch die Belastung der gesetzlich Versicherten begrenzen.
Andreas Storm, Vorstandsvorsitzender der DAK-Gesundheit, hält das für absurd. Für den im Rahmen der Klinikreform geplanten Transformationsfonds hätten die Kassen keine Reserven mehr. Folgerichtig müsste der Zusatzbeitrag dann erneut steigen. Joachim Schöne
Quelle: SoVD, „Soziales im Blick“, Ausgabe November 2024
G-BA-Beschluss
Ärztinnen und Ärzte, die bestimmte Facharzt-, Schwerpunkt- oder Zusatzbezeichnungen besitzen, dürfen medizinisches Cannabis ohne Genehmigung der gesetzlichen Krankenkassen verordnen. Bestehen jedoch Unsicherheiten, ob bei einer Patientin oder einem Patienten die Voraussetzungen für eine Cannabisverordnung gegeben sind, können sie eine Genehmigung der Cannabisverordnung bei der Krankenkasse beantragen. Der Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) mit den Details ist heute im Bundesanzeiger veröffentlicht worden und tritt morgen in Kraft. Das Bundesministerium für Gesundheit hatte den Beschluss rechtlich geprüft und nicht beanstandet.
Ärztinnen und Ärzte, die keine der gelisteten Facharzt-, Schwerpunkt- oder Zusatzbezeichnung haben, können weiterhin Cannabisprodukte verordnen. In diesem Fall muss wie bisher die erste Verordnung in der Regel von der Krankenkasse genehmigt werden; bei Folgeverordnungen ist eine Genehmigung nur bei einem Produktwechsel notwendig.
Unverändert gilt auch, dass eine Verordnung von medizinischem Cannabis als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung nur möglich ist bei Versicherten mit einer schwerwiegenden Erkrankung, wenn eine andere allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Behandlungsoption nicht zur Verfügung steht und wenn Aussicht auf einen positiven Effekt von Cannabisarzneimitteln auf den Krankheitsverlauf oder schwerwiegende Symptome besteht.
Nähere Informationen zur Verordnung von medizinischem Cannabis: Antworten auf häufig gestellte Fragen
Hintergrund: Genehmigungsvorbehalt der Krankenkassen bei medizinischem Cannabis
Gesetzlich Versicherte haben unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf eine Verordnung von Cannabis in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten sowie auf Arzneimittel mit den Wirkstoffen Dronabinol oder Nabilon. Mit dem Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz (ALBVVG) wurde der G-BA beauftragt, das Nähere zu einzelnen Facharztgruppen und den erforderlichen ärztlichen Qualifikationen zu regeln, bei denen der Genehmigungsvorbehalt der Krankenkasse entfällt.
Quelle: G-BA, Pressemitteilung vom 16.10.2024
ver.di-Forum Nord & Bildungswerk ver.di in Niedersachsen e.V.
Die 14. Auflage der SBV-Fachtagung vom ver.di-Forum Nord In Kooperation mit dem Bildungswerk ver.di in Niedersachsen e.V. wirft seine Schatten voraus.
2025 findet die 14. SBV-Fachtagung mit den Schwerpunkten: „Arbeits- und Sozialrecht, Rechtsfragen rund um das Thema KI und Digitalisierung“ statt. Auch das EU-Arbeits- und Sozialrecht und die Bedeutung für die Arbeit der SBVen wollen wir näher beleuchten, uns dem vermeintlich heiterem Thema Cannabis-Legalisierung und seinen Auswirkungen auf das Arbeitsrecht widmen. Die Themen schwierige Gesprächssituationen oder Möglichkeiten der Zusammenarbeit der SBV mit inner- und außerbetrieblichen Akteur*innen wird neben vielen anderen wichtigen Fachforen ebenfalls abgebildet.
Auch für diese Tagung sind wieder Expert*Innen des Arbeits- und Sozialrechts als Referentinnen und Referenten dabei, die für die Arbeit der SBV und der betrieblichen Interessenvertretungen erforderliche Kenntnisse vermitteln.
Informationen und Anmeldung: www.verdi-forum.de
ver.di-Forum Nord & Bildungswerk ver.di in Niedersachsen e.V.
Mehr als drei Viertel der Beschäftigten sind der Auffassung, dass die gesetzliche Rente nicht oder gerade so ausreichend sein wird, um damit leben zu können (DGB-Index Gute Arbeit). Diese Skepsis zieht sich durch alle Beschäftigtengruppen – auch die der gut Verdienenden. Die gesetzliche Rente ist längst nicht mehr der einzige Bestandteil der Alterssicherung: Neben zusätzlichen betrieblichen und privaten Altersversorgungen können mit zunehmendem Renteneintrittsalter auch Erwerbsminderung und Unfallrenten eine Rolle spielen. Zudem gibt es eine Vielzahl an gesetzlichen und tariflichen Regelungen zur Altersteilzeit und zur betrieblichen Altersvorsorge. Nur wenige Beschäftigte haben dabei eine klare Vorstellung davon welche Rente sie erwarten können; und nicht selten werden sie von privaten Versicherungsverkäufern schlecht beraten.
Die Konferenz ist eine Kooperation von ver.di-Forum Nord und dem Bildungswerk ver.di in Niedersachsen e.V.
Weitere Informationen und Anmeldung: www.verdi-forum.de
Bildungswerk ver.di in Niedersachsen e.V.
In diesem eintägigen Seminar vermitteln wir einen vertiefenden Überblick über die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente für Menschen mit einer Schwerbehinderung. Es werden die Unterschiede zwischen der Erwerbsminderungsrente und der Rente wegen Schwerbehinderung erläutert. Den Teilnehmenden wird aufgezeigt, wie sie betroffene Kolleginnen und Kollegen unterstützen können, wie die Wege der Antragsstellung aussehen und welche Möglichkeiten es für Betroffene gibt.
Unsere Fachreferent*innen, die über sehr umfassende Erfahrungen und Kenntnisse auf diesem Gebiet verfügt, stehen euch mit Rat und Tat zur Seite. Ihr fundiertes Wissen und ihre praktischen Tipps helfen euch dabei, die komplexen Zusammenhänge besser zu verstehen und anzuwenden. Neben dem fachlichen Input bietet das Seminar auch Raum und Möglichkeiten individuelle Fragen zu klären.
Informationen und Anmeldung: www.bw-verdi.de
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sbv@bw-verdi.de
Betreff: Abo SBV InfoBrief