Liebe Kolleginnen und Kollegen...
... Carina Kühne, mit Trisomie 21 geboren, erläutert in einer Kolumne am 18. Mai im nd (www.neues-deutschland.de), warum mit dem Ende der Wahlrechtsausschlüsse noch nicht das Ende des Prozesses hin zur gleichberechtigten Teilhabe von behinderten Menschen am politischen Geschehen gekommen ist. Zur Einführung des inklusive Wahlrechts gehöre ebenfalls, dass Wahllokale ohne Ausnahme barrierefrei sein müssten, Menschen bei der Stimmabgabe die notwendige Unterstützung bekommen, ggf. auch mit Assistenz. Behinderte Wählerinnen und Wähler müssten zudem die Möglichkeit haben, sich ausreichend über Parteien und Kandidatinnen und Kandidaten u.a. in leichter Sprache und in entsprechenden Informationsveranstaltungen informieren zu können.
„Politik geht nämlich alle an - und sie betrifft auch alle.“
Als gutes Beispiel führt Kühne die Debatte um den sogenannten PraenaTest an, also die Blutprobe, ob ein Kind im Körper der Mutter Trisomie 21 hat. Ihr schien es als Zuschauerin auf der Bundestagstribüne nicht so, als wenn sie als künftige Wählerin wahrgenommen wurde......
Ihre Wahrnehmung, dass es für viele Abgeordnete vorrangig um eine soziale Gerechtigkeit durch die Kassenfinanzierung des Tests vor der Achtung des Lebens mit Trisomie 21 ging, macht auch deutlich, worum es in der weiteren Debatte gehen muss: mehr behinderte Politikerinnen und Politiker in den Bundestag! (Tipp: www.carinakuehne.com)
Viele Politikerinnen und Politiker haben in Beiträgen zum 10-jährigen Bestehen der UN-BRK darauf verwiesen, dass die „Zivilgesellschaft“ gefordert sei und sie zur Umsetzung der Konvention beitragen müsse. Dies ist zweifelsohne richtig! Richtig ist aber auch, dass die „Zivilgesellschaft“ etwas darüber hinaus tun muss: die Politik immer wieder und nachdrücklich daran erinnern, dass nur sie die notwendigen Voraussetzungen für eine inklusive Gesellschaft durch gesetzgeberische Maßnahmen und auskömmliche Finanzierung schaffen kann und muss! Wenn diese Voraussetzungen gegeben sind, kann auch die „Zivilgesellschaft“ ihre Kräfte voll entfalten!
Ein negatives Beispiel gefällig? In einem Interview in der Ausgabe 4/19 der Zeitschrift „Arbeitsrecht im Betrieb“ fordert Prof. Franz Josef Düwell:
„Die Interessenvertretungen müssen ein umfassendes Mitbestimmungsrecht für die Festlegung einer Verfahrensordnung zum BEM erhalten.“
Und er weist darauf hin, dass schon in der Koalitionsvereinbarung von 2013 die beiden Parteien vereinbart hatten, dass das BEM gestärkt werden und mehr Verbindlichkeit erhalten solle. Geschehen war: nichts. In der Vereinbarung der neuerlichen Großen Koalition wurde am 13. März 2018 das Vorhaben von 2013 wiederholt:
„Das betriebliche Eingliederungsmanagement wollen wir stärken.“
Bis heute, so kritisiert Düwell, gebe es keine Anzeichen, dass das zuständige Arbeits- und Sozialministerium entsprechend handele. Also auch hier bleibt die Aufgabe der Zivilgesellschaft: die Politik an ihre Aufgabe erinnern und berechtigte Forderungen mit Nachdruck vertreten!
Anderes Thema: wie weiter unten beschrieben, gibt es am 21. Juni um 13:30 Uhr im BMAS in Berlin die Gelegenheit dem Staatssekretär Herrn Dr. Schmachtenberg die 27.000 Unterschriften gegen Verschlechterungen der Versorgungsmedizin-Verordnung zu übergeben. Es regt sich so etwas wie Optimismus und Hoffnung auf (punktuelle) Einsicht, aber ist dieser Optimismus auch berechtigt? Oder gilt hier eher der Ausspruch von Heiner Müller:
„Optimismus ist nur ein Mangel an Information!“
Anderes Thema: Der EuGH hatte am 14. Mai 2019 entschieden, dass Arbeitgeber nicht nur Überstunden, sondern auch die regelmäßige Arbeitszeit der Beschäftigten systematisch erfassen müssen. Logischerweise ist dies nun auch für die SBV von Nutzen, bei der Kontrolle über die Einhaltung des § 207 SGB IX Mehrarbeit!
Anderes Thema: Nun kommen sie also, die elektrisch betriebenen Tretroller. Man kann über die Sinnhaftigkeit und den Nachhaltigkeitsfaktor dieser Vehikel trefflich streiten. Fest steht, dass ein zusätzliches Verkehrsmittel eingeführt wird und der zur Verfügung stehende Raum damit noch enger wird. Für „die letzte Meile“, meint der Verkehrsminister, sei es das ideale Verkehrsmittel. Zu Fuß gehen kommt aus der Mode. Ein Verkehrsmittel übrigens, dessen Lebensdauer im angestrebten Leihbetrieb kein Jahr beträgt. Vor dieser „letzten Meile“ werden sich also die Menschen mit Kinderwagen, Rollatoren und Rollis künftig mit E-Rollern den Platz in den öffentlichen Verkehrsmitteln teilen. Eine kritikwürdige Strategie in Ballungsräumen. Vielleicht führt die zunehmende Platznot aber ja zu mehr partnerschaftlichem Verhalten im Verkehr? Hoffnung möchte bleiben, aber Zweifel scheinen stärker.
„Zweifel schläfert man ein, indem man Hoffnungen weckt.“
(Gerhard Uhlenbruck, Aphoristiker)
oder besser:
„Da die Zeit kurz ist, begrenze deine lange Hoffnung!“
(Horaz, römischer Dichter)
Eine informative Lektüre wünscht
Jürgen Bauch
Versorgungsmedizin-Verordnung
Die Petition gegen den Teilhabeabbau durch Verschlechterung der Versorgungsmedizin-Verordnung hat online 19.157 Unterschriften erbracht. Parallel dazu waren viele Menschen mit Unterschriftenlisten unterwegs. Insgesamt sind damit bisher ca. 27.000 Unterschriften eingegangen. Die online Petition ist nun beendet die Unterschriftenlisten laufen noch. Das endgültige Ergebnis steht somit noch nicht fest. Die Initiatorinnen der Petition haben für den 21. Juni 2019 einen persönliche Einladung vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales um im BMAS die Petition persönlich zu überreichen und haben dann noch eine Stunde Zeit über die Petition und vor allen Dingen das Ziel der Petition mit Staatssekretär Herrn Dr. Schmachtenberg zu diskutieren.
Die drei Initiatorinnen danken allen, die die Petition so tatkräftig unterstützt haben, sei es durch ihre online Unterschrift oder durch das Teilen der Petition in verschiedenen Foren, hier auf Change.org., in verschiedenen Sozialrechts Berichten, Fachzeitschriften, Mitgliederinfos, News, Facebook und vielen anderen mehr. Ein besonderes Dankeschön gilt auch den vielen Schwerbehindertenvertretungen im ganzen Land die Petition tatkräftig unterstützt haben. Vielen Dank sagen Claudia Oswald-Timmler und ihre zwei Mitstreiterinnen!
Siehe: www.change.org
wieder ein voller Erfolg!
(jb) Vom 7. bis 9. Mai 2019 traf man sich mal wieder in Magdeburg – fast 300 Teilnehmerinnen und Teilnehmer kamen zu der 8. Fachtagung Schwerbehindertenvertretung. In seiner Eröffnungsansprache wies Jürgen Dusel, der Beauftragte der Bundesregierung für die Belange der Menschen mit Behinderungen, auf das Motto seiner Amtszeit hin: „Demokratie braucht Inklusion“. Und weiter führte er in diesem Zusammenhang aus, dass es eine fundamentale grundsätzliche Entscheidung sei, in welcher Staatsform wir leben. Dem zunehmenden Populismus müssten Demokraten entgegenstehen.
In seinen weiteren Ausführungen wies er darauf hin, dass die Beschäftigungspflicht – entgegen weit verbreiteter anderslautenden Vorstellungen – nicht mit der Zahlung der Ausgleichsabgabe erlösche. Es sei nicht hinnehmbar, dass ein Viertel der dazu verpflichteten Arbeitgeber (41.000) keine Menschen mit Behinderungen beschäftige und forderte eine deutlich erhöhte Ausgleichsabgabe. Außerdem müsse ein Budget für Ausbildung her und der Pauschbetrag im Einkommenssteuerrecht sei zu erhöhen. Den Anwesenden bescheinigte er, wie wichtig die Arbeit der SBVen sei und sicherte Unterstützung zu. Seine Thesen und Forderungen wurden vom Publikum mit Genugtuung wahrgenommen und es bleibt die Hoffnung, dass der Beauftragte in Politik und Bürokratie ausreichend Gehör findet. An vernünftigen Argumenten mangelt es ihm nicht.
Der darauf folgende Vortrag von Dirk Schuchardt machte deutlich, wie genau Rentenauskünfte gelesen werden müssen, wenn nicht später ein böses Erwachen folgen soll. Von der Renteninformation über die Kontenklärung hin zur Rentenauskunft gab er wertvolle Tipps auch für rentenfernere Jahrgänge, sowie für Beratungsgespräche der SBV zu diesem Thema.
Alfons Adam (Konzern-SBV) berichtete unter dem Stichwort „best practice“ vom mühsamen, jedoch schon teilweise erfolgreichen Weg der Daimler AG hin zum barrierefreien Betrieb. Der Lohn: der Inklusionspreis für die Wirtschaft 2019!
Die Kolleginnen der Firma B. Braun/Melsungen, Christin Genuit und Alexandra Friedrich, berichteten über das erfolgreiche Modell der Integration von leistungsgewandelten Beschäftigten in ihrer Firma. Ein „best practice“-Modell, das Schule machen könnte!
Der Zweite Tag war – wie schon in den Vorjahren – den acht Workshops gewidmet, für die das Team des ver.di Forum Nord und des Kooperationspartners ver.di Bildungswerk Niedersachsen wieder hervorragende Referentinnen und Referenten aufgeboten hatte. So waren für jede Teilnehmerin und jeden Teilnehmer spezielle Themen im Angebot, von denen jeweils zwei ausgewählt werden konnten. Die Angebote reichten von A wie Aktuelle Rechtsprechung über E wie Erwerbsminderungsrente bis zu S wie Sensible Gesprächsführung. Zum Ende des Tages gaben die Referentinnen und Referenten dem Plenum jeweils einen kurzen Eindruck aus ihrem Workshop wieder.
Die gelungene Abendveranstaltung bot wieder einmal Gelegenheit zu vertiefenden Gesprächen, zur Kontaktpflege und der gemeinsamen Freude am Zusammensein. Deutlich wurde wieder einmal:
„You’ll Never Stand Alone“
gilt auch für gut vernetzte SBVen!
Christoph Beyer (Landschaftsverband Rheinland) eröffnete den dritten Tag mit einem interessanten Vortrag über die Zusammenarbeit von SBV und Integrationsamt, woran sich Prof. Dr. Franz-Josef Düwell mit seinem Referat über die Inklusionsvereinbarung anschloss.
Während der Tagung gab es immer Gelegenheit zu Fragen, Diskussionen und Networking und wieder einmal gingen die drei Tage flugs vorbei, die Rainer Lüthje in bekannt souveräner Manier moderierte. Dem Organisationsteam, sowie allen Helferinnen und Helfern gebührt ein riesengroßes Dankeschön für den reibungslosen Ablauf und die stete Ansprechbarkeit.
Ein Tipp zum Schluss: Fachtagung SBV – für die Vertrauenspersonen der Schwerbehinderten Menschen aus der kirchlichen Arbeitswelt vom 13. - 14. November 2019 in Hamburg
Programm und Anmeldung: www.verdi-forum.de
Urteil
Deutsche Rentenversicherung darf Einholung ärztlicher Auskünfte nicht auf Versicherte verlagern. Bei Entscheidungen über Rehabilitationsanträge ist die Deutsche Rentenversicherung (DRV) von Amts wegen zur Ermittlung des Gesundheitszustandes verpflichtet. So urteilte das Sozialgericht Dresden und entschied, dass die DRV von ihren Versicherten nicht verlangen kann, erforderliche ärztliche Auskünfte auf eigene Kosten zu beschaffen. Die DRV ist zur Ermittlung des Gesundheitszustandes bei der Entscheidung über einen Rehabilitationsantrag von Amts wegen verpflichtet.
Sozialgericht Dresden | Urteil vom 15. April 2019, Aktenzeichen S 22 R 261/19
Aus dem Bundestag
Die Bundesregierung teilt nicht die Ansicht der Linksfraktion, wonach das Gutachterwesen im Berufskrankheitenrecht reformbedürftig sei. Das betont sie in ihrer Antwort (19/9505) auf eine Kleine Anfrage (19/8622) der Fraktion Die Linke. Diese hatte darin kritisiert, dass viele Gutachter nicht unabhängig arbeiten und deshalb vielen Arbeitnehmern Berufskrankheiten nicht anerkannt würden.
hib - heute im bundestag | Nr. 488, Do., 02. Mai 2019
Umsetzung BTHG
In Niedersachsen wurde am 14. Mai 2019 der Entwurf für ein „Gesetz zur Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes“ in den Landtag eingebracht. Bereits seit dem 1. Juli 2017 gibt es Regelungen zum Budget für Arbeit. Seit dem 1. Januar 2018 kommt das eigens entwickelte Bedarfsermittlungsinstrument B.E.Ni zum Einsatz.
Genauere Informationen und wie es in den Bundesländern aussieht, gibt es hier: www.umsetzungsbegleitung-bthg.de
Urteil
Hat die Arbeitnehmerin bei Einstellung dem Arbeitgeber gegenüber Mitteilung über das Bestehen einer Schwerbehinderung gem. § 2 Abs. 2 SGB IX gemacht, so trifft sie die arbeitsvertragliche Nebenpflicht, den Arbeitgeber zu informieren, wenn sich der Grad der Behinderung so ändert, dass der Status als schwerbehinderter Mensch im Sinne des § 2 Abs. 2 SGB IX entfällt.
Es stellt einen Verstoß gegen die Rücksichtnahmepflicht gem. § 241 Abs. 2 BGB dar, wenn sich eine Arbeitnehmerin in einem Antrag auf Teilnahme an der Telearbeit und bei Gesprächen über eine mögliche Versetzung auf den Status als schwerbehinderter Mensch bezieht, obgleich sie weiss, dass dies nicht (mehr) zutrifft.
Auch bei einer solchen Pflichtverletzung hat der Arbeitgeber aber zu prüfen, ob dem in ausreichender Weise durch den Ausspruch einer Abmahnung begegnet werden kann. Ergibt sich dies aus den Umständen des Einzelfalles - hier u.a. aus dem Umstand, dass aufgrund der unzutreffenden Angaben keine Nachteile auf Seiten des Arbeitgebers entstanden sind und die Arbeitnehmerin durch freiwilligen "Verzicht" auf den Sonderurlaub dem Entfall der Schwerbehinderteneigenschaft Rechnung getragen hat - so ist eine ohne vorherige Abmahnung ausgesprochene außerordentliche oder ordentliche Kündigung unverhältnismäßig.
Landesarbeitsgericht Hessen | Urteil vom 08. August 2018, Az.: 13 Sa 1237/17
Link zum Urteil: www.lareda.hessenrecht.hessen.de
DBSV
Der Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverbandes e.V. weist in seiner Pressemitteilung "Elektrisch fahren tut hörbar gut!" auf die Gefahren hin, die von lautlosen, elektrisch betriebenen Fahrzeugen ausgehen.
Ab Juli 2021 müssen alle neu zugelassenen Hybrid- und Elektrofahrzeuge ein Warngeräusch von sich geben. Die dafür benötigte Technik wird AVAS genannt, das Akronym steht für "Acoustic Vehicle Alerting System".
"Die Gefahr durch lautlose Autos besteht schon jetzt - und nicht erst in zwei Jahren! Jedes Fahrzeug, das ohne AVAS auf unsere Straßen kommt, wird dauerhaft lautlos fahren und so zu einem gefährlichen Mischverkehr aus hörbaren und lautlosen Autos beitragen." Gefährdet sind insbesondere blinde und sehbehinderte Menschen, die im Verkehr auf die Wahrnehmung von Fahrzeuggeräuschen angewiesen sind. Aber auch für Kinder, Fahrradfahrer, ältere und unaufmerksame Verkehrsteilnehmende besteht ein Sicherheitsrisiko.
Der DBSV fordert deshalb den sofortigen Einbau eines AVAS in alle Hybrid- und Elektrofahrzeuge und startete anlässlich des Europäischen Protesttages zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung am 5. Mai eine bundesweite Aktion. Unter dem Motto "Elektrisch fahren tut hörbar gut!" weisen die Mitgliedsorganisationen des DBSV in vielen deutschen Städten auf die Gefahren lautloser Fahrzeuge hin.
Weitere Informationen unter www.dbsv.org
Aus dem Bundestag
Die Fraktion Die Linke hat eine Kleine Anfrage (19/9517) zum Arbeits- und Gesundheitsschutz in Deutschland gestellt. Darin fragt sie die Bundesregierung unter anderem, in wie vielen Betrieben von 2007 bis 2018 eine Gefährdungsbeurteilung durchgeführt wurde.
hib - heute im bundestag | Nr. 488, Do., 02. Mai 2019
BDA
Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) hat zehn Vorschläge zur Verbesserung der Rehabilitation veröffentlicht. Themen sind z. B. das frühzeitige Erkennen von Reha-Bedarfen, die Lösung von Schnittstellenproblematiken oder die Gestaltung der Angebote der Berufsförderungswerke.
PDF-Download des Positionspapiers: www.arbeitgeber.de
... zur Gefährdungsbeurteilung
Tipp
Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) hat die Informationen zur Gefährdungsbeurteilung in ihrem Internetangebot aktualisiert. Zudem steht jetzt in der Rubrik Gefährdungsfaktoren eine neue PDF-on-Demand-Funktion zur Verfügung. Mit der Handlungshilfe "Gefährdungsbeurteilung: Handbuch - Gefährdungsfaktoren" unterstützt die BAuA Praktiker bei der Gefährdungsbeurteilung. Die aktualisierten Internetseiten enthalten die notwendigen Informationen, um eine Gefährdung sicher beurteilen zu können. Das Internetangebot lässt sich durch seine PDF-on-Demand-Funktion komplett oder in Teilen ausdrucken. Die Informationen zu den einzelnen Gefährdungen werden laufend aktualisiert.
Die Handlungshilfe gibt es im Internetangebot der BAuA unter www.gefaehrdungsbeurteilung.de
REHADAT
Die Beschäftigungsstatistik schwerbehinderter Menschen ist eine arbeitgeberbezogene Statistik. Sie basiert auf den Daten, die von der Bundesagentur für Arbeit aus dem Anzeigeverfahren gemäß § 163 Abs. 2 SGB IX zur Berechnung des Umfangs der Beschäftigungspflicht, zur Überwachung ihrer Erfüllung und der Berechnung einer unter Umständen fälligen Ausgleichsabgabe jährlich erhoben werden. Diese Statistik wird jährlich mit einer 15-monatigen Wartezeit veröffentlicht.
Ausgewählte Ergebnisse:
- 2017 gab es in Deutschland 164.631 beschäftigungspflichtige Arbeitgeber
- davon haben 122.413 Arbeitgeber schwerbehinderte Menschen beschäftigt, 42.218 haben keine beschäftigt
- 65.172 Arbeitgeber mussten keine Ausgleichsabgabe zahlen; 99.459 Arbeitgeber mussten Ausgleichsabgabe zahlen
- 1.101.131 Pflichtarbeitsplätze waren mit schwerbehinderten Menschen besetzt - 285.754 Pflichtarbeitsplätze waren unbesetzt
- die Beschäftigungsquote lag insgesamt bei 4,6 Prozent
- die privaten Arbeitgeber hatten eine Ist-Quote von 4,1 Prozent - die öffentlichen Arbeitgeber eine Quote von 6,5 Prozent
Weitere Informationen: www.rehadat-statistik.de
Tipp
Das Budget für Arbeit ist eine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben mit dem Ziel, Menschen, die wesentlich behindert sind, Beschäftigungsalternativen zur Werkstatt für behinderte Menschen bei Unternehmen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Es umfasst einen unbefristeten Lohnkostenzuschuss an Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sowie die kontinuierliche notwendige Assistenz der Budgetnehmerinnen und Budgetnehmer (personelle Unterstützung für Anleitung und Begleitung) am Arbeitsplatz.
Bei REHADAT-Gute Praxis gibt es jetzt einige Beispiele von Menschen, die das Budget für Arbeit in Anspruch nehmen. Sie arbeiten z.B. im Empfangsbereich eines Ministeriums, in einer Großküche oder im Gartenbau.
Hier geht es zu den Praxisbeispielen: www.rehadat-gutepraxis.de
Böckler Impuls
Arbeitnehmer sind heute von vielen elektronischen Helferlein umgeben, seien es PC und Smartphone oder elektronische Kassensysteme. Die Technik nimmt Beschäftigten Arbeit ab, doch sie schafft auch neue Belastungen. Welcher Effekt überwiegt, ist schwer zu sagen. Fest steht aber: Digitalstress setzt den Beschäftigten zu. Das zeigt eine von der Hans-Böckler-Stiftung geförderte Studie der Universität Augsburg.
Nähere Informationen: www.boeckler.de
Urteil
Gegen schlechte Cholesterinwerte helfen fast immer die richtige Ernährung und die richtigen Medikamente. Wenn aber nichts mehr wirkt, kann in bestimmten Fällen eine Blutwäsche die letzte Rettung sein. Die Voraussetzungen dieser ultima ratio haben das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (LSG) in einem weiteren Eilverfahren beschäftigt.
Geklagt hatte ein 61-jähiger Schlosser aus dem Harz, der bereits mehrere Schlaganfälle erlitten hatte. Durch seine behandelnde Ärztin beantragte er eine sog. Lipid-Apherese bei seiner Krankenkasse, da Diäten und Cholesterinsenker nicht den gewünschten Erfolg brachten. Ihm drohe eine lebensbedrohliche Verschlechterung des Gesundheitszustands. Die zuständige Apherese-Kommission der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen (KVN) gab eine positive Empfehlung für die Behandlung ab.
Gleichwohl hielt die Kasse die Behandlung nicht für erforderlich. Unterstützt wurde sie von einer abweichenden Empfehlung des Medizinischen Dienstes (MDK).
Das LSG hat die Kasse vorläufig zur Übernahme der Behandlungskosten von über 1.000 € pro Woche verpflichtet. In seiner Entscheidung hat das Gericht inhaltlich dem fachkundigen Votum der Kommission und der Ansicht der behandelnden Ärztin den Vorrang gegeben. Da sich im Eilverfahren regelmäßig zeitaufwendige Begutachtungen verbieten würden, sei eine Folgenabwägung anzustellen. Angesichts der drohenden schweren Gesundheitsgefahren könne die verbleibende Unsicherheit nicht zu Lasten des Patienten gehen. Auch formell hat das Gericht das Votum nicht beanstandet, da sowohl die Besetzung der Kommission als auch das Entscheidungsverfahren gesetzlich geregelt seien, in dem auch der MDK neben weiteren Fachmedizinern stimmberechtigt sei.
„Die Häufung solcher Fälle ist neu“, erläutert Pressesprecher Carsten Kreschel die aktuelle Entwicklung. „Die Krankenkassen halten die Arbeit der Apherese-Kommission für intransparent und teilen uns mit, dass deren Genehmigungszahlen in Niedersachsen im Ländervergleich auffallend hoch seien. Solche Auffälligkeiten gehören aber nicht zum Risiko der Patienten.“
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen | Beschluss vom 06. Mai 2019, L 16 KR 121/19 B ER
Quelle: PM vom 13. Mai 2019
Link zum Urteil: www.sozialgerichtsbarkeit.de
Aus dem Bundestag
Die neue Fahrzeugflotte des ICE 4 verfügt nach Bahnangaben über eine erweiterte Barrierefreiheit und erfüllt die neuesten gesetzlichen Anforderungen der Barrierefreiheit. Das schreibt die Bundesregierung in ihrer Antwort (19/9561) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion (19/8667) zu "Notfallevakuierungen und Gefährdungen für Menschen mit Behinderungen bei der Deutschen Bahn".
Ein großzügiger für Rollstuhlfahrer ausgewiesener Bereich biete Platz für insgesamt vier Rollstuhlfahrer mit ausreichender Breite zum Bewegen der Rollstühle, heißt es in der Antwort. Diese seien von den Eingangstüren aus direkt erreichbar. Darüber hinaus befänden sich zwei Hublifte an den Einstiegstüren, mit denen ein Ein- und Ausstieg an Bahnsteigen möglich ist.
Weiter schreibt die Regierung, es bestünden seitens der Deutschen Bahn AG umfassende Richtlinien und Handlungsanweisungen für das Zugpersonal, die Evakuierungen genau regelten. Zudem seien Evakuierungsprozesse Teil der Schulung für das Personal. "Die Regelungen umfassen stets alle Reisenden inklusive besonderer Personengruppen", heißt es in der Antwort.
hib - heute im bundestag | Nr. 514, Di., 07. Mai 2019
Forderung
Zum europäischen Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen am 5. Mai forderte Jürgen Dusel, Behindertenbeauftragter der Bundesregierung, die steuerliche Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen.
„Der Pauschalbetrag für Menschen mit Behinderungen im Einkommensteuerrecht ist seit 44 Jahren - seit 1975 - nicht erhöht worden“, so Dusel. „Das widerspricht der wirtschaftlichen Realität, ist niemandem zu vermitteln und schlichtweg ungerecht. Ich appelliere an die Bundesregierung, sich dieses Themas anzunehmen und den Pauschbetrag deutlich zu erhöhen.“
Im Einkommensteuergesetz (EStG) sind in § 33b die „Pauschbeträge für behinderte Menschen, Hinterbliebene und Pflegepersonen“ geregelt. Hintergrund ist, dass Menschen mit Behinderungen im Alltag häufig höhere Kosten als Menschen ohne Behinderungen haben, zum Beispiel höhere Mobilitätskosten. Der Pauschbetrag ist gestaffelt nach Grad der Behinderung (GdB). Weitergehende Ausgaben können zwar als „außergewöhnliche Belastungen“ abgesetzt werden. Dies ist jedoch mit erhöhtem Aufwand sowohl für Steuerzahler als auch für die Finanzämter verbunden.
Darüber hinaus fordert der Beauftragte eine stärkere Verpflichtung privater Anbieter von Produkten und Dienstleistungen, die für die Allgemeinheit bestimmt sind.
„Spätestens mit dem European Accessibility Act (EAA), der europäischen Barrierefreiheitsrichtlinie, ist klar, dass sich Barrierefreiheit nicht nur auf den öffentlichen Sektor beziehen darf. Menschen mit Behinderungen wollen genauso ins Kino gehen können oder in die Arztpraxis kommen wie alle anderen auch. Sie haben ein selbstverständliches Recht darauf. Barrieren müssen auch im privaten Sektor abgebaut werden, “ so Jürgen Dusel.
Am 9. April 2019 hat der Ministerrat der Europäischen Union als letzte EU-Institution die Europäische Richtlinie zur Barrierefreiheit abschließend bestätigt. Der Rechtsakt muss nun in nationales Recht überführt werden.
Quelle: PM, Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen, 05. Mai 2019
DIN EN 17210
Dieser europäische Norm-Entwurf beschreibt grundlegende, allgemeine Mindestanforderungen und Empfehlungen für eine barrierefreie und nutzbare gebaute Umgebung, den Prinzipen des „Design for All" sowie „Universal Design" folgend.
Der Norm-Entwurf legt fest, was notwendig ist, mit diesen Prinzipien übereinzukommen, was eine gleichberechtigte und sichere Nutzung für eine Vielzahl von Nutzergruppen erleichtert. Diese Kriterien für die funktionale Zugänglichkeit und Nutzbarkeit gelten speziell für die Planung, den Bau, die Sanierung oder die Anpassung sowie die Instandhaltung von öffentlich genutzten Umgebungen.
„Design for all" und „Universal Design" teilen eine ähnliche integrative Design-Philosophie. „Universal Design" bedeutet die Gestaltung von Produkten, Umgebungen, Programmen und Dienstleistungen, die von allen Menschen so weit wie möglich ohne Anpassung oder spezialisiertes Design genutzt werden können. „Universal Design" schließt Hilfsmittel für bestimmte Personengruppen mit Behinderungen nicht aus, wo diese benötigt werden. Begriffe wie „Design for all", „Universal Design", „zugängliches Design", „barrierefreies Design", „inklusives Design" und „Generationsübergreifendes Design" sind oft mit der gleichen Bedeutung austauschbar verwendbar.
Quelle: www.din.de
Aus dem Bundestag
Der Zugang von Menschen mit Behinderungen und Einschränkungen zur Gesundheitsversorgung ist nach Einschätzung von Experten nach wie vor unzureichend. In einem Expertengespräch des Gesundheitsausschusses forderten die Fachleute am Mittwoch im Bundestag mehr Rücksicht auf die Belange dieser speziellen Patientengruppe, für die eine adäquate Versorgung oft schwierig und bisweilen unmöglich erscheine.
Rolf Erdmann vom Deutschen Schwerhörigenbund (DSB) schilderte im Ausschuss die Probleme von schwerhörigen und tauben Menschen in Arztpraxen, Krankenhäusern und Seniorenheimen. In vielen Einrichtungen gebe es keine Hilfen für hörbeeinträchtigte Patienten, etwa Schriftdolmetscher oder schriftliche Hinweise. Auch sei oft das Personal ohne spezielle Schuldung mit diesen Patienten überfordert. Ein Schulungskonzept auch für Pflegeheime wäre sinnvoll.
Erdmann, der selbst taub ist und im Ausschuss mit Schriftdolmetscherin arbeitete, sagte, es gehe nicht immer um Zugangsbarrieren, sondern um Nutzungsbarrieren. In Gesundheitseinrichtungen müsse das Zwei-Sinne-Prinzip eingehalten werden.
Ines Verspohl vom Sozialverband VdK erinnerte daran, dass nicht nur Rollstuhlfahrer, sondern auch ältere Leute Probleme hätten, in Arztpraxen zu kommen. Auch Kliniken seien nicht überfall barrierefrei. Behinderte Patienten würden überdies oft als schwierig und zeitaufwendig eingestuft, Therapeuten seien mit ihnen überfordert. Menschen mit Einschränkungen dürften aber nicht in Sondersysteme abgeschoben werden. Verspohl sprach sich dafür aus, Arztpraxen schrittweise und gezielt so anzupassen, dass überall ein Angebot zur Verfügung stehe. Sie fügte hinzu, auch die elektronische Patientenakte müsse barrierefrei konzipiert werden.
Bernhard Gibis von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) räumte die Defizite ein, gab aber zu bedenken, dass barrierefreie Praxen viel Geld kosteten. Die Aufwendungen lägen zwischen 100.000 und 150.000 Euro. Aus seiner Sicht könnten nicht alle Praxen barrierefrei umgestaltet werden, jedoch sollte verlässlich auf solche Angebote hingewiesen werden. Der zusätzliche Aufwand müsse überdies anerkannt und im Vergütungssystem für die Mediziner berücksichtigt werden.
Brigitte Faber vom Verein Weibernetz, einer Interessenvertretung für behinderte Frauen, beklagte, dass in der medizinischen Versorgung die geschlechterspezifischen Belange zu kurz kämen. Ärzte hätten oft keine Kenntnisse zur Behandlung behinderter Mädchen und Frauen etwa bei Schwangerschaft oder Verhütung. Sie forderte eine geschlechtergerechte Forschung und Ausbildung von Ärzten. Von einer gleichwertigen Versorgung oder gar einer freien Arztwahl könne derzeit keine Rede sein.
hib - heute im bundestag | Nr. 521, Mi., 08. Mai 2019
Aus dem Bundestag
Die Bundesregierung begrüßt, dass im organisierten Sport die Inklusion von Menschen mit Behinderungen verstärkt vorangetrieben wird und durch verstärkte Informationen sowie durch gute und regelmäßige Berichterstattung und Öffentlichkeitsarbeit für das Mitmachen und Miteinander geworben wird. So heißt es in der Antwort der Regierung (19/9133) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion (19/8536). Im Rahmen der gezielten Unterstützung der Verbandsarbeit, die aus öffentlichen und privaten Mitteln mitfinanziert werde, würden auch Menschen mit Behinderungen, ihre Interessenverbände, Selbsthilfegruppen und Verbände der freien Wohlfahrtspflege gezielt angesprochen und für mehr Teilhabe am Sport motiviert, schreibt die Regierung.
hib - heute im bundestag | Nr. 476, Di., 30. April 2019
…wegen Ablehnung einer stufenweisen Wiedereingliederung
Urteil
Der schwerbehinderte Kläger ist bei der beklagten Stadt als Technischer Angestellter beschäftigt. Von August 2014 bis einschließlich 6. März 2016 war er arbeitsunfähig erkrankt. Am 21. September 2015 fand eine betriebsärztliche Untersuchung des Klägers statt. In der Beurteilung der Betriebsärztin vom 12. Oktober 2015 wurde eine stufenweise Wiedereingliederung zur vorsichtigen Heranführung an die Arbeitsfähigkeit mit bestimmten Einschränkungen in der Tätigkeit befürwortet. Unter Vorlage des Wiedereingliederungsplans seines behandelnden Arztes vom 28. Oktober 2015 beantragte der Kläger bei der beklagten Stadt die stufenweise Wiedereingliederung in das Erwerbsleben im Zeitraum vom 16. November 2015 bis zum 15. Januar 2016. Der Wiedereingliederungsplan des behandelnden Arztes sah keine Einschränkungen in der Tätigkeit vor. Als absehbaren Zeitpunkt der Wiederherstellung der vollen Arbeitsfähigkeit gab der behandelnde Arzt den 18. Januar 2016 an. Die beklagte Stadt lehnte diesen Wiedereingliederungsplan am 5. November 2015 mit der Begründung ab, dass ein Einsatz des Klägers im bisherigen Aufgabengebiet/Tätigkeitsbereich wegen der in der betriebsärztlichen Beurteilung aufgeführten Einschränkungen nicht möglich sei. Dem vom Kläger vorgelegten zweiten Wiedereingliederungsplan, der eine Wiedereingliederung in der Zeit vom 4. Januar bis zum 4. März 2016 vorsah, und dem ein Bericht der behandelnden Psychologin beilag, wonach Einschränkungen in der Tätigkeit nicht mehr bestanden, stimmte die beklagte Stadt nach erneuter - nun positiver - Beurteilung durch die Betriebsärztin zu. Diese Wiedereingliederung war erfolgreich, der Kläger erlangte am 7. März 2016 seine volle Arbeitsfähigkeit wieder.
Der Kläger fordert mit seiner Klage von der beklagten Stadt den Ersatz der Vergütung, die ihm in der Zeit vom 18. Januar bis zum 6. März 2016 dadurch entgangen ist, dass die beklagte Stadt ihn nicht entsprechend den Vorgaben des Wiedereingliederungsplans vom 28. Oktober 2015 beschäftigt hat. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage auf die Berufung des Klägers im Wesentlichen stattgegeben. Die Revision der beklagten Stadt hatte vor dem Achten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg.
Die beklagte Stadt war nicht verpflichtet, den Kläger entsprechend den Vorgaben des Wiedereingliederungsplans vom 28. Oktober 2015 in der Zeit vom 16. November 2015 bis zum 15. Januar 2016 zu beschäftigen. Zwar kann der Arbeitgeber nach § 81 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB IX in der bis 31. Dezember 2017 geltenden Fassung (aF) verpflichtet sein, an einer Maßnahme der stufenweisen Wiedereingliederung derart mitzuwirken, dass er die/den Beschäftigte/n entsprechend den Vorgaben des Wiedereingliederungsplans beschäftigt. Im Fall des Klägers lagen allerdings besondere Umstände vor, aufgrund derer die beklagte Stadt ihre Zustimmung zum Wiedereingliederungsplan vom 28. Oktober 2015 verweigern durfte. Es bestand aufgrund der Beurteilung der Betriebsärztin vom 12. Oktober 2015 die begründete Befürchtung, dass der Gesundheitszustand des Klägers eine Beschäftigung entsprechend diesem Wiedereingliederungsplan nicht zulassen würde. Die begründeten Zweifel an der Geeignetheit des Wiedereingliederungsplans ließen sich auch nicht bis zum vorgesehen Beginn der Maßnahme ausräumen.
PM, Bundesarbeitsgericht | Urteil vom 16. Mai 2019 - 8 AZR 530/17
... für Schwerbehinderte
Urteil
Der Arbeitgeber ist gemäß § 241 Abs. 2 BGB verpflichtet, den schwerbehinderten Arbeitnehmer auf dessen Zusatzurlaub gemäß § 125 SGB IX a. F. hinzuweisen. Kommt der Arbeitgeber seinen Informations- und Hinweispflichten gemäß der Entscheidung des EuGH vom 6. November 2018 ( - C-684/16 -) nicht nach, hat der Arbeitnehmer nach §§ 280 Abs. 1 und 3, 283 BGB i. V. m. § 249 Abs. 1 BGB einen Schadensersatzanspruch im Form des Ersatzurlaubes, der sich mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach § 251 Abs. 1 BGB in einen Abgeltungsanspruch umwandelt.
LAG Niedersachsen |Urteil vom 16. Januar 2019, 2 Sa 567/18
Link zum Urteil: www.rechtsprechung.niedersachsen.de
… Menschen zur unternehmerischen Organisationsfreiheit
Urteil
Im bestehenden Arbeitsverhältnis können Schwerbehinderte nach § 164 Abs. 4 SGB IX (bis 31. Dezember 2017: § 81 Abs. 4 SGB IX aF) von ihrem Arbeitgeber bis zur Grenze der Zumutbarkeit die Durchführung des Arbeitsverhältnisses entsprechend ihrer gesundheitlichen Situation verlangen. Dies gibt schwerbehinderten Menschen jedoch keine Beschäftigungsgarantie. Der Arbeitgeber kann eine unternehmerische Entscheidung treffen, welche den bisherigen Arbeitsplatz des Schwerbehinderten durch eine Organisationsänderung entfallen lässt. Dessen besonderer Beschäftigungsanspruch ist dann erst bei der Prüfung etwaiger Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten auf einem anderen freien Arbeitsplatz zu berücksichtigen.
Der schwerbehinderte Kläger war langjährig bei der insolventen Arbeitgeberin beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis unterfiel einem tariflichen Sonderkündigungsschutz. Die Arbeitgeberin kündigte das Arbeitsverhältnis betriebsbedingt im Rahmen des zunächst in Eigenverwaltung betriebenen Insolvenzverfahrens, nachdem sie mit dem Betriebsrat einen Interessenausgleich mit Namensliste iSd. § 125 Abs. 1 InsO geschlossen hatte. Die Namensliste enthält den Namen des Klägers, dessen Arbeitsplatz wegen Umverteilung der noch verbliebenen Aufgaben nicht mehr besetzt werden muss. Die Hilfstätigkeiten, die er verrichtete, werden nunmehr von den verbliebenen Fachkräften miterledigt. Andere Tätigkeiten kann der Kläger nicht ausüben. Er hält die Kündigung dennoch für unwirksam und beruft sich auf den tariflichen Sonderkündigungsschutz sowie den Beschäftigungsanspruch aus § 81 Abs. 4 SGB IX aF.
Die Vorinstanzen haben seine Kündigungsschutzklage abgewiesen. Die Revision des Klägers hatte vor dem Sechsten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Die streitgegenständliche Kündigung hat das Arbeitsverhältnis beendet. Der tarifliche Sonderkündigungsschutz zeigt gemäß § 113 Satz 1 InsO keine Wirkung. Hiergegen bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Der Beschäftigungsanspruch aus § 81 Abs. 4 SGB IX aF kommt mangels geeigneter Weiterbeschäftigungsmöglichkeit nicht zum Tragen. Die Arbeitgeberin war nicht verpflichtet, für den Kläger einen Arbeitsplatz zu schaffen oder zu erhalten, den sie nach ihrem Organisationskonzept nicht mehr benötigt.
PM, Bundesarbeitsgericht | Urteil vom 16. Mai 2019 - 6 AZR 329/18
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