Liebe Kolleginnen und Kollegen,
... 29.027! Neunundzwanzigtausendsiebenundzwanzig! Welche Zahl!
So viele Unterschriften sind es geworden, für die Online-Petition gegen Teilhabeabbau durch die im Entwurf vorgelegene 6. Änderung der Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV)!
Bis zum Morgen des 21. Juni waren es noch 29.025, als die Kollegin auf dem Weg zum Bundesministerium für Arbeit und Soziales in Berlin beim Check-in am Flughafen aufgefordert wurde, ihr Gepäck zu öffnen. „Transportieren Sie eine Papierfabrik?“, wurde sie skeptischen Blickes gefragt. Nein, es seien nur die Unterschriftslisten für die VersMedV, lautete die Antwort und eine Erklärung, was das eigentlich ist gab es auf Nachfrage noch obendrauf. Und so waren es die beiden Kollegen vom Sicherheitsdienst, die als letzte Unterstützer für diesen Zweck ihre Unterschrift gaben.......... Wie der „Besuch“ in Berlin ausgegangen ist, berichten die drei Kolleginnen in diesem Info Brief.
VersMedV und gelebte Solidarität: Eine der Geschichten, die das Leben schreibt!
Weniger schöne Geschichten schreibt das Leben aber auch: Die Hannoversche Allgemeine Zeitung (HAZ) berichtete am 24. Juni über eine Einserabsolventin des Bachelorstudiums der Sozialen Arbeit an der Hochschule Hannover. Sie benötigt einen Praktikumsplatz für das notwendige Anerkennungsjahr und findet diesen auch nach 70 Bewerbungen nicht. Sie hat nämlich ein Problem: Sie ist im Rollstuhl unterwegs! Aber: ist das nicht eher ein Problem - der so häufig von Politikerinnen und Politikern geforderten Bemühungen der „Zivilgesellschaft“? Hier hilft nach 10 Jahren UN-BRK und den Erfordernissen der Inklusion kein Erbarmen, sondern nur die Zusage eines Arbeitgebers!
Noch ´ne weniger schöne Geschichte: Das AG München hat entschieden (s.u.), dass das Verbot, Tiere zu Vorstellungen des Musicals "Tanz der Vampire" mitzuführen, auch bei einem Assistenzhund einer schwerbehinderten Frau nicht gegen das Diskriminierungsverbot verstößt. Siehe da, es verstößt also nicht gegen das Diskriminierungsverbot, jemanden zu diskriminieren! Man staunt und wundert sich! Jedoch: „Was verwundert, sind nicht immer Wunder“ (Hanspeter Rings). ..... es sind – wie in diesem Fall – eher Ärgernisse!
Der nächste Info Brief erscheint im September. Ich wünsche eine angenehme Sommerzeit!
Eine informative Lektüre wünscht
Jürgen Bauch
Foto: Übergabe der gesammelten Unterschriften der Online-Petition gegen Teilhabeabbau
... des BMAS zur Versorgungsmedizin-Verordnung
(C. Oswald-Timmler, U. Hipperle, S. Buchborn) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat im vergangenen Jahr einen Referentenentwurf für eine Neufassung der Versorgungsmedizin-Verordnung verfasst. Am Prozess wurden die Schwerbehindertenvertretungen erst spät im November 2018 beteiligt.
Im Januar 2019 ergriffen drei Vertrauenspersonen der Schwerbehinderten selbst die Initiative und er-stellten eine Online-Petition mit dem Titel „Teilhabeabbau durch Verschlechterung der Versorgungsmedizin-Verordnung stoppen“. Die drei Initiatorinnen haben ihre gute Vernetzung genutzt und die Petition ausgezeichnet beworben. Das Thema wurde somit in der Öffentlichkeit deutlich sichtbar. Die Petition erfuhr eine überwältigende Unterstützung! Insgesamt unterzeichneten bis heute 29.027 Menschen diese Petition.
Die Initiatorinnen baten um einen Termin zur Übergabe der Unterschriften. Am 21.06.2019 überreichten die drei Initiatorinnen Herrn Staatssekretär Dr. Rolf Schmachtenberg in Berlin die gesammelten Unterschriftenlisten. Er hatte kurzfristig ein „schweres Päckchen“ zu tragen.
Der Staatssekretär nahm sich eine Stunde Zeit, in der die Vertrauenspersonen der Schwerbehinderten und ihre fünf Unterstützerinnen und Unterstützer aus Gewerkschaften und Hauptschwerbehindertenvertretungen ihre Bedenken und Einwände ausführlich darstellten. In dem konstruktiven Gespräch wurde deutlich, dass das Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Kern dasselbe Ziel wie die SBVen verfolgt: Es ist keine Verschlechterung oder Benachteiligung für Schwerbehinderte Personen in Deutschland beabsichtigt oder geplant! Die „tolle Aktion“, so Staatssekretär Dr. Schmachtenberg verstärkt die Zweifel, ob das jetzige Antrags- und Feststellungsverfahren den teilhabeorientierten, politischen, juristischen, medizinischen und sozialen Realitäten noch gerecht werden kann. Zeit das Vorhaben grundsätzlich zu überdenken! Und diesmal werden die Schwerbehindertenvertretungen beteiligt. Gute Voraussetzungen, ein gemeinsames Ziel kooperativ zu erreichen.
(Anm. Red.: Der Erfolg der Petition ist großartig! Jedoch hat sich sehr deutlich die Frage aufgetan, in welcher Form sich künftig die Schwerbehindertenvertretungen am politischen Geschehen beteiligen können [müssen]. Interessenvertretung ist Sache der Gewerkschaften. Diese sind nun dazu aufgefordert, den SBVen über Gewerkschaftsgrenzen hinweg Raum und Möglichkeiten zu geben sich intensiver als bisher für die Belange behinderter Menschen und ihrer beruflichen Teilhabe engagieren zu können! Der Stopp der Änderung der VersMedV ist ein wunderbares Beispiel, für das, was möglich sein kann!)
Hans-Böckler-Stiftung
Schwerbehindertenvertretungen nehmen eine wichtige Rolle für die berufliche Teilhabe von Menschen mit Behinderung ein. Um die Interessen dieser Zielgruppe zu vertreten, kooperieren Schwerbehindertenvertretungen in ihrem Amt mit internen und externen Partnern.
In diesem Handlungsleitfaden sind Beispiele für Kooperationen und Netzwerke zu finden. Ebenso werden mögliche Netzwerk- und Allianzpartner sowie deren Aufgaben dargestellt. Abschließend werden praktische Tipps für eine gelingende Zusammenarbeit mit internen und externen Akteuren gegeben.
Dieser Handlungsleitfaden ist aus der Praxis für die Praxis entwickelt worden, um die konkrete Zusammenarbeit in Netzwerken zu unterstützen.
Aus dem Bundestag
Die Fraktion Die Linke fordert in einem Antrag (19/11099), die Ausgleichsabgabe deutlich zu erhöhen und die Beschäftigungsquote von Menschen mit Behinderungen anzuheben. Derzeit zahlen Betriebe, wenn nicht mindestens fünf Prozent ihrer Arbeitsplätze mit Menschen mit Behinderungen besetzt sind, eine Ausgleichsabgabe. Diese sei zu niedrig angesetzt, auch habe die Absenkung der Beschäftigungsquote auf fünf Prozent nicht dazu geführt, dass Arbeitgeber freiwillig deutlich mehr Menschen mit Behinderungen einstellen, kritisiert Die Linke. Sie verlangt deshalb, eine Beschäftigungsquote von sechs Prozent. Die Ausgleichsabgabe soll für Arbeitgeber, die keine Menschen mit Behinderungen einstellen, bei 1.000 Euro pro Monat liegen, für Arbeitgeber mit einer Beschäftigungsquote zwischen mehr als null und weniger als zwei Prozent soll die Abgabe bei 750 Euro liegen. Bei einer Beschäftigungsquote zwischen zwei und weniger als vier Prozent soll sie 500 Euro und bei einer Quote von mehr als vier bis unter sechs Prozent soll sie 250 Euro betragen, fordern die Abgeordneten.
hib - heute im bundestag | Nr. 732, Do., 27. Juni 2019
Prävention
Zuwendung einer "Sensibilisierungswoche" als Arbeitslohn - Leistungen des Arbeitgebers zur Verbesserung des allgemeinen Gesundheitszustands der Arbeitnehmer und zur betrieblichen Gesundheitsförderung können zu steuerbarem Arbeitslohn führen, wenn sich die Vorteile bei objektiver Würdigung aller Umstände als Entlohnung und nicht lediglich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzungen erweisen.
Nur bei Kursen zu tätigkeitsbezogenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen ist eine Einladung durch die Firma steuerlich unproblematisch.
Bundesfinanzhof | Urteil vom 21.11.2018, VI R 10/17
EuGH-Urteil
Was bedeutet das Urteil des Europäischen Gerichtshofes zur Erfassungspflicht der Arbeitgeber der täglichen Arbeitszeit in der Praxis?
Arbeitgeber müssen, ein System einrichten, das die tatsächliche Arbeitszeit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erfasst und protokolliert. Es muss die gesamte Arbeitszeit dokumentiert werden.
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, den gesetzliche Interessenvertretungen und den Aufsichtsbehörden stehen nun Möglichkeiten zur Verfügung, um Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz feststellen zu können.
Schwerbehindertenvertretungen können natürlich auch feststellen, ob betroffene Schwerbehinderte oder Gleichgestellte Überstunden geleistet haben, bzw. ob sie auf ihr Verlangen hin von Mehrarbeit freizustellen sind (§ 207 SGB IX).
Definition „Mehrarbeit“, siehe: www.integrationsaemter.de
Europäischer Gerichtshof | 14.05.2019, Aktenzeichen C-55/18
Tipp
Wie können Menschen, die sehbehindert oder blind sind, am Berufsleben teilhaben? Antworten auf diese Frage gibt es in der neuesten REHADAT-Wissensreihe „Ich sehe das einfach anders“. Die Broschüre beschreibt, wie Arbeit für Menschen mit Sehbehinderung oder Blindheit gestaltet werden kann, liefert Grundinformationen über die Behinderung und nennt Anlaufstellen.
Die Broschüre beschreibt betriebliche Gestaltungsmöglichkeiten, um Arbeitsbedingungen an die Bedürfnisse von sehbehinderten und blinden Beschäftigten anzupassen: z. B. durch Hilfsmittel, barrierefreie Software, behinderungsgerechte Umgebungsgestaltung, Veränderung der Arbeitsinhalte und -organisation, personelle Unterstützung oder Weiterbildung. Interviews mit Experten aus Forschung und Praxis sowie mit einem blinden Sachbearbeiter greifen diese Aspekte auf.
Darüber hinaus erhalten Interessierte grundlegende Informationen: über Rechte und Pflichten des Arbeitgebers, verschiedene Aspekte des Sehvermögens (Visus und Gesichtsfeld), die Auswirkungen auf Informationsaufnahme, Orientierung und das kollegiale Miteinander, die Abgrenzung von Sehbehinderung zu Blindheit, den Grad der Behinderung, Arbeitsschutz, Barrierefreiheit und vieles mehr.
Die Broschüre schließt ab mit weiterführenden Informationen innerhalb von REHADAT, u.a. mit Praxisbeispielen, Ansprechstellen und Literaturhinweisen.
Die REHADAT-Wissensreihe wendet sich an Arbeitgeber, betroffene Beschäftigte sowie alle Fachleute, die an der beruflichen Teilhabe von Menschen mit Behinderung oder Erkrankung beteiligt sind.
Link zur neuesten Ausgabe der REHADAT-Wissensreihe: www.rehadat.de
Aus dem Bundestag
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fordert, die Teilhabe von Behinderten am Arbeitsleben zu verbessern. In einem entsprechenden Antrag (19/10636) kritisiert sie, dass Menschen mit Schwerbehinderung zu einem höheren Prozentsatz arbeitslos seien als andere Erwerbspersonen, auch bei besserer Qualifikation und trotz anhaltend guter Konjunktur. Als Gründe würden Arbeitgeber häufig die mangelnde Unterstützung angeben, die sie für die Einstellung behinderter Menschen bräuchten, auch seien die verschiedenen Zuständigkeiten und Förderprogramme für Arbeitgeber undurchschaubar. Die Grünen verlangen deshalb zum einen, die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Beschäftigung von Behinderten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verbessern. Dazu gehöre unter anderem, die Deckelung des Budgets für Arbeit aufzuheben und die Beschäftigtenquote auf sechs Prozent zu erhöhen. Außerdem soll die Bundesagentur für Arbeit zu beschäftigungspolitischen und operativen Leitlinien verpflichtet werden, um die Inklusion behinderter Menschen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verbessern, heißt es in dem Antrag.
hib - heute im bundestag | Nr. 662, Do., 6. Juni 2019
Urteil
Zur Erfüllung von Sicherheitsmaßnahmen kann es im Theater sachlich gerechtfertigt sein, den Einlass mit Assistenzhund zu verwehren. Diese Auffassung vertritt das Amtsgericht (AG) München und hat mit Urteil vom 13. August 2018 eine Klage wegen Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) gegen den Betreiber eines Münchener Theaters abgewiesen (Az. 191 C 24919/16).
Quelle: www.reha-recht.de
PM des AG München vom 21.06.2019: www.justiz.bayern.de
... bleibt auch nach Abfindung gekürzt
Urteil
Bezieht ein Bürger nach einem Verkehrsunfall eine Rente wegen Erwerbsminderung, so ist diese Rente für jeden Monat der Inanspruchnahme vor Erreichen der Regelaltersgrenze zu kürzen. Das gilt auch dann, wenn die Rentenversicherung mit der Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers eine Vereinbarung über die finanziellen Unfallfolgen abschließt. Dies hat das Sozialgericht Münster entschieden (Urteil vom 18.04.2019, Aktenzeichen: S 14 R 325/18).
Im vorliegenden Fall bewilligte die Deutsche Rentenversicherung einem Versicherten aus dem Kreis Warendorf nach einem von ihm nicht verschuldeten Verkehrsunfall eine Rente wegen Erwerbsminderung. Die Rentenversicherung kürzte die Erwerbsminderungsrente als vorzeitige Rente um rund 10%. Nachdem die Rentenversicherung mit der Haftpflichtversicherung des vormaligen Unfallverursachers einen Abfindungsvergleich geschlossen hatte (hier Abfindungsvergleich i.H.v. 200.000 €), verlangte der Bürger nun eine ungeminderte, nicht gekürzte Rente wegen Erwerbsminderung. Das Sozialgericht Münster wies die Klage ab. Die Rente sei zutreffend berechnet worden. Soweit das Bundessozialgericht in dem Fall einer vorgezogenen Altersrente den Abschlag – nach Erstattung des dortigen Haftpflichtversicherers – für rechtswidrig erklärt habe, sei diese Rechtsprechung auf die zeitlich vorgelagerte Erwerbsminderungsrente nicht anwendbar. Eine Rentenleistung ohne Abschlag sei auch verfassungsrechtlich nicht geboten. Dem Gesetzgeber bleibe es unbenommen, hier tätig zu werden und in Fällen der Erstattung durch eine Haftpflichtversicherung (auch) bei Rentenleistungen wegen Erwerbsminderung in Zukunft keine Abschläge mehr vorzusehen.
Quelle: PM SG Münster, 04.06.2019
... im privaten Bereich
Sehbehindertentag 2019
Aus Anlass des Sehbehindertentags am 6. Juni 2019 forderte der Beauftragte der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen, Jürgen Dusel, eine gesetzliche Verpflichtung zur Barrierefreiheit auch für Privatunternehmen, die Produkte und Dienstleistungen für die Allgemeinheit bereitstellen. Bislang wird Barrierefreiheit nur für den öffentlichen Sektor geregelt - durch die Behindertengleichstellungsgesetze von Bund und Ländern.
„Menschen mit Behinderungen leben aber nicht nur im öffentlichen Sektor, sie wollen natürlich auch Produkte und Dienstleistungen privater Anbieter in Anspruch nehmen.“, so der Beauftragte. „Das zeigt sich oft an Alltagsproblemen, die große Auswirkungen haben, zum Beispiel bei Bankautomaten. Blinde Menschen oder Menschen mit Sehbehinderungen haben schlechte Karten, wenn sie beispielsweise Geld von ihrem Konto abheben wollen. Die Bankautomaten sind ganz überwiegend nicht barrierefrei und deren Menüführung ist nicht einheitlich. Das ist frustrierend und nicht hinnehmbar. Für solche Hürden gibt es zahlreiche Beispiele, sei es im Kino, im Supermarkt oder auch in Arztpraxen. Da müssen wir in Deutschland deutlich besser werden.“
Der Sehbehindertentag wurde vom Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband eingeführt, um auf die Bedürfnisse dieser Menschen aufmerksam zu machen. Er steht in diesem Jahr unter dem Motto „Licht und Beleuchtung“.
Quelle: Pressemitteilung Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen Berlin, 6. Juni 2019
BMAS
Im Bundesgesetzblatt wurde am 24. Mai die Verordnung zur Änderung der Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV 2.0) und der Behindertengleichstellungsschlichtungsverordnung (BGleiSV) veröffentlicht. Die Verordnung konkretisiert die Regelungen im BGG zur barrierefreien Informationstechnik.
Das BGG wurde 2018 novelliert, um die EU-Richtlinie 2016/2102 umzusetzen. Die Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten, den barrierefreien Zugang zu Websites und mobilen Anwendungen öffentlicher Stellen sicherzustellen.
Die Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung dient dem Ziel, eine umfassend und grundsätzlich uneingeschränkt barrierefreie Gestaltung moderner Informations- und Kommunikationstechnik zu ermöglichen und zu gewährleisten. Informationen und Dienstleistungen öffentlicher Stellen, die elektronisch zur Verfügung gestellt werden, sind für Menschen mit Behinderungen zugänglich und nutzbar zu gestalten. Auch elektronisch unterstützte Verwaltungsabläufe mit und innerhalb der Verwaltung sind bis 2021 umfassend barrierefrei zu gestalten. Dies betrifft zum Beispiel Verfahren zur elektronischen Aktenführung und zur elektronischen Vorgangsbearbeitung. Die Barrierefreiheitsanforderungen richten sich nunmehr nach dem harmonisierten EU-Standard EN 301 549. In der BITV ist festgelegt, dass die Überwachungsstelle nach § 13 Absatz 3 BGG auf ihrer Website regelmäßig alle zur Umsetzung dieser Verordnung erforderlichen Informationen in deutscher Sprache veröffentlicht.
Alle öffentlichen Stellen des Bundes müssen künftig eine Erklärung zur Barrierefreiheit veröffentlichen. Diese muss den Stand der Barrierefreiheit von Websites und mobilen Anwendungen öffentlicher Stellen wiedergeben. Sie muss zudem ein Feedback ermöglichen und für den Fall, dass eine weitere Klärung erforderlich ist, auf die Schlichtungsstelle BGG hinweisen.
Die BGleiSV regelt das Nähere über die Besetzung und über das Verfahren der Schlichtungsstelle. Mit den Änderungen erfolgen sprachliche Anpassungen an 2018 geregelte Änderungen in § 16 BGG und die Ergänzung klarstellender Regelungen zum Schlichtungsverfahren.
Quelle: PM, BMAS, 24.05.2019
BMAS
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) vergibt dieses Jahr erstmals den Bundesteilhabepreis. Der Preis wird unter dem Motto „Inklusiv-Sozial-Innovativ – ISI“ ausgeschrieben, ist Teil der InitiativeSozialraumInklusiv (ISI) und wird von nun an jährlich vergeben. Prämiert werden damit herausragende Beispiele eines inklusiven Sozialraums in Kommunen und Regionen, die zu mehr Teilhabe für alle führen.
Gute Beispiele belohnen und zur Nachahmung motivieren – das ist das Ziel des neuen Bundesteilhabepreises, sagt die Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Arbeit und Soziales, Kerstin Griese. Wir wollen damit Vorbilder der gelungenen inklusiven Sozialraumgestaltung auszeichnen.
Für den ersten Bundesteilhabepreis werden gute Beispiele rund um das Thema "Inklusive Mobilität" gesucht. Mit insgesamt 17.500 Euro (1. Platz: 10.000 Euro) werden Gute-Praxis-Beispiele und Modellprojekte prämiert, die vorbildlich für einen inklusiven Sozialraum und bundesweit in Kommunen oder Regionen übertragbar sind. Gesucht werden inklusive Verkehrsangebote, Dienstleistungsangebote, Informations- und Kommunikationslösungen, Nahverkehrspläne oder unterstützende politische Strategien für Gemeinden, Städte und Landkreise. Die Projekte können bereits realisiert oder noch in Planung sein.
Weitere Informationen: www.bmas.de
... im Grundgesetz
30. Juni
Der 30. Juni 1994 war ein entscheidender Tag für die Menschenrechte und die Gleichstellung behinderter Menschen in Deutschland. Damals hat der Deutsche Bundestag nach anfänglich massiven Widerständen aus der CDU/CSU und FDP der Aufnahme des Benachteiligungsverbotes behinderter Menschen im Rahmen der Reform des Grundgesetzes nach der Wiedervereinigung zugestimmt. Am 15. November 1994 trat das geänderte Grundgesetz nach der Zustimmung des Bundesrates schließlich in Kraft.
Siehe auch: www.reha-recht.de
Aus dem Bundestag
Menschen mit Behinderung können sich künftig bei Abgabe ihrer Stimme zu Bundestags- und Europawahlen helfen lassen. Der Bundesrat billigte am 7. Juni 2019 einen entsprechenden Gesetzesbeschluss des Bundestages zur Änderung des Wahlrechts.
Das Gesetz gilt zum Beispiel für Personen, die nicht lesen können oder sonst aufgrund ihrer Behinderung nicht in der Lage sind, ihre Stimme in der Wahlkabine abzugeben. Ihnen darf künftig eine andere Person Hilfe leisten.
Außerdem sind behinderte Menschen, die in allen Angelegenheiten von einer Hilfsperson betreut werden, nicht mehr pauschal von den Wahlen ausgeschlossen. Gleiches gilt für schuldunfähige Straftäter, die in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht sind. Weiterhin nicht wählen dürfen Bürgerinnen und Bürger, denen dieses Recht per Richterspruch entzogen wurde - zum Beispiel nach einer Verurteilung wegen Landesverrats oder Wahlfälschung.
Der Bundestagsbeschluss setzt die aktuelle Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Wahlrecht um. Karlsruhe hatte die bisher geltenden generellen Ausschlüsse für Menschen in Vollbetreuung oder in Sicherungsverwahrung für verfassungswidrig erklärt.
Das Gesetz wird nun über die Bundesregierung dem Bundespräsidenten zur Unterzeichnung zugeleitet und danach im Bundesgesetzblatt verkündet. Es soll zum 1. Juli 2019 in Kraft treten.
In einer begleitenden Entschließung bittet der Bundesrat die Bundesregierung, die konkrete Formulierung zur zulässigen Assistenz in zwei Punkten noch einmal zu überprüfen - und gegebenenfalls zu einem späteren Zeitpunkt zu ändern.
Quelle: Bundesrat kompakt
Aus dem Bundestag
Nach einer Bilanz des Behindertengleichstellungsgesetzes und der Umsetzung der Barrierefreiheits-Richtlinie fragt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. In einer Kleinen Anfrage (19/10860) fragt sie die Bundesregierung unter anderem, von wie vielen Bundesbehörden bisher Vorkehrungen getroffen wurden, um eine Benachteiligung von Menschen mit Behinderungen zu verhindern.
Urteil
Aus einer Urteilsbegründung: Bei der Prüfung der Frage, ob die Voraussetzungen für eine Zuerkennung des Merkzeichens "G" vorliegen, kommt es nicht auf die konkreten örtlichen Verhältnisse des Einzelfalles an, sondern darauf, welche Wegstrecken allgemein - d.h. altersunabhängig von nicht behinderten Menschen - noch zu Fuß zurückgelegt werden (Teil D Nr. 1 Buchst. b Satz 2 VMG). Als ortsübliche Wegstrecke in diesem Sinne gilt eine Strecke von etwa zwei Kilometern, die in etwa einer halben Stunde zurückgelegt wird (Teil D Nr. 1 Buchst. b Satz 3, 4 VMG). Nähere Umschreibungen für einzelne Krankheitsbilder und Behinderungen enthalten darüber hinaus Teil D Nr. 1 Buchst. d, e und f VMG.
Die Voraussetzungen für die Annahme einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr infolge einer behinderungsbedingten Einschränkung des Gehvermögens sind danach u.a. als erfüllt anzusehen, wenn auf die Gehfähigkeit sich auswirkende Funktionsstörungen der unteren Gliedmaßen und/oder der Lendenwirbelsäule bestehen, die für sich einen GdB von wenigstens 50 bedingen (Teil D Nr. 1 Buchst. d Satz 1 VMG).
Darüber hinaus können die Voraussetzungen bei Behinderungen an den unteren Gliedmaßen mit einem GdB unter 50 gegeben sein, wenn diese Behinderungen sich auf die Gehfähigkeit besonders auswirken (Teil D Nr. 1 Buchst. d Satz 2 VMG). Auch bei inneren Leiden kommt es bei der Beurteilung entscheidend auf die Einschränkung des Gehvermögens an. Dementsprechend ist eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit vor allem bei Herzschäden mit Beeinträchtigung der Herzleistung wenigstens nach Gruppe 3 und bei Atembehinderungen mit dauernder Einschränkung der Lungenfunktion wenigstens mittleren Grades anzunehmen (Teil D Nr. 1 Buchst. d Satz 3 VMG), die ebenfalls mit einem GdB von mindestens 50 zu bewerten sind. Besonderheiten gelten für hirnorganische Anfälle (Teil D Nr. 1 Buchst. e VMG) und Orientierungsstörungen infolge von Sehstörungen, Hörstörungen oder geistiger Behinderung (Teil D Nr. 1 Buchst. f VMG), die grundsätzlich nur ab einem Behinderungsgrad von wenigstens 70 Merkzeichenrelevanz entfalten.
Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 21 SB 224/16 - Urteil vom 11.01.2019: www.sozialgerichtsbarkeit.de
BIH
Diese Umfrage dient der BIH zur Analyse der Schwerbehindertenvertretungswahlen 2018/2019. Die erhobenen Daten werden ausschließlich von der BIH genutzt. Die Umfrage findet anonymisiert statt. Die Zielgruppe besteht aus Menschen die gewählt haben, gewählt wurden oder die Wahlen mitorganisiert haben. Die Ergebnisse werden zu einem späteren Zeitpunkt auf der BIH-Seite veröffentlicht.
Tipp
Der 14-jährige Carl Josef hat sich mal Gedanken gemacht, ob er Spaß mit Mädels haben kann, wenn er erwachsen ist. Seine Recherchen haben ergeben: Ja! Er hört den Frauen immer aufmerksam zu – weil er nicht weglaufen kann und Fremdgehen geht nicht – nur Fremdrollen...... Ihn kann absolut nichts aufhalten – bis auf Bordsteine! Carl Josef ist erst 14! Als jüngster Comedian hat er im Waschsalon einen Auftritt.
Aus dem Bundestag
Gesundheitsexperten begrüßen die geplante Einrichtung eines bundesweiten Implantateregisters, um nach Skandalen mit minderwertigen Medizinprodukten mehr Sicherheit für Patienten zu gewährleisten. Die Fachleute wandten sich in der Anhörung des Gesundheitsausschusses über den Gesetzentwurf der Bundesregierung (19/10523) sowie in schriftlichen Stellungnahmen aber gegen einen umständlichen Datenfluss und vermehrte Bürokratie.
Der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) erklärte, die Vergangenheit habe gezeigt, dass vermeintlich innovative Implantate zu früh in die Versorgung gelangt seien und ihre unkritische Anwendung viele Patienten geschädigt habe. Dieses Problem könne auch ein Register nicht lösen, das dazu dienen müsse, betroffene Patienten frühzeitig zu kontaktieren. Offen sei vor allem die Frage der Qualität der Produkte, weniger die der operierenden Ärzte.
Der GKV-Spitzenverband kritisierte, dass der Betrieb des Implantateregisters faktisch von den Krankenversicherungen finanziert werden solle. Damit würden alle Versicherten für die Lösung eines Problems zur Kasse gebeten, das von einzelnen Unternehmen verursacht werde. Die Krankenkassen erführen zudem nicht, welches Produkt implantiert worden sei und könnten ihre Versicherten im Schadenfall nicht unterstützen.
Zudem werde auf die bei den Kassen verfügbaren Abrechnungsdaten verzichtet. Stattdessen würden vom Register nur Daten der implantierenden Einrichtungen ausgewertet, die über Vorerkrankungen oder Voroperationen der Patienten nichts wüssten. Der Verband warnte vor einem "fehleranfälligen und komplizierten Kommunikationsweg".
Die Bundesärztekammer (BÄK) erklärte, es müsse eine angemessene Balance zwischen dem Datenschutz und den Zielstellungen des Registers erreicht werden. Ärzte wie auch Kliniken lehnen den Wegfall des Vergütungsanspruchs bei Verwendung eines vom Hersteller in der Produktdatenbank nicht registrierten Implantats ab. Die Verantwortung für die Registrierung liege beim Hersteller und nicht bei den Gesundheitseinrichtungen.
Der Medizintechnologieverband BVMed erklärte, Erfahrungen aus bestehenden Registern zeigten, "dass bei Auffälligkeiten das Implantateversagen selbst die geringste Ursache darstellt". Auch die Operationsergebnisse müssten ausgewertet werden.
Sachverständige plädierten in der Anhörung nachdrücklich für die geplante verpflichtende Teilnahme am Register und gegen eine Freiwilligkeit, um zu verwertbaren Erkenntnissen zu kommen. Die AfD-Fraktion fordert in einem Antrag (19/10630), die Patienten sollten selbst entscheiden können, ob sie ihre Daten zur Verfügung stellen.
Der Gesetzentwurf enthält auch eine Reform des Verfahrens zur Methodenbewertung beim Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) mit dem Ziel, schneller zu Entscheidungen zu kommen. So sollen die Aufsichtsrechte des Bundesgesundheitsministeriums ausgeweitet werden. Verschiedene Experten äußerten sich in der Anhörung dazu sehr kritisch und werteten dies als problematische Einschränkung der Kompetenzen der Selbstverwaltung, die womöglich rechtlich nicht zu halten sei.
hib - heute im bundestag | Nr. 713, Mo., 24.06.2019
… für die Opfer der Nationalsozialistischen „Euthanasie“-Morde
Seit fünf Jahren erinnert die Bundesrepublik Deutschland mit dem Gedenk- und Informationsort für die Opfer der nationalsozialistischen »Euthanasie«-Morde in Berlin an die etwa 300.000 Patienten aus Heil- und Pflegeanstalten sowie „rassisch“ und sozial unerwünschte Menschen, die zwischen 1939 und 1945 im Deutschen Reich und im deutsch besetzten Europa als „lebensunwert“ getötet wurden.
Mit dem deutschen Angriff auf Polen am 1. September 1939 – vor 80 Jahren – begann der Zweite Weltkrieg. Zwei Monate darauf erließ Adolf Hitler eine Anordnung zur Ausrottung „lebensunwerten Lebens“, die auf den 1. September zurückdatiert wurde. Bereits in Polen wurden 1939/40 Tausende Patienten erschossen oder vergast. Ab Anfang 1940 begann der Massenmord auch im Deutschen Reich. Die Planungs- und Verwaltungszentrale des „Euthanasie“-Programms befand sich ab April 1940 in der Tiergartenstraße 4. Hier organisierten Ärzte und Verwaltungspersonal die Erfassung und Selektion der Patienten sowie deren Transport in sechs eigens dafür eingerichtete Gasmordanstalten im Deutschen Reich.
Bis August 1941 töteten Ärzte dort über 70.000 Menschen, bis 1945 wurden weitere 90.000 durch Nahrungsentzug, Vernachlässigung und die Gabe von Medikamenten umgebracht. Im besetzten Polen und in der eroberten Sowjetunion mordeten SS-Einheiten zahlreiche Krankenhäuser leer. Die sogenannte Euthanasie war das erste systematische Massenverbrechen des nationalsozialistischen Regimes. Sie gilt als Vorstufe zur Vernichtung der europäischen Juden.
Veranstaltung
30. August 2019, 10.00 bis 15.30 Uhr
Foyer der Philharmonie
Herbert-von-Karajan-Straße 1
10785 Berlin
Gedenk- und Informationsort für die Opfer der nationalsozialistischen „Euthanasie“-Morde
Tiergartenstraße 4
10785 Berlin
Infos und Anmeldung: www.stiftung-denkmal.de
Anmeldung für den SBV InfoBrief
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Betreff: Abo SBV InfoBrief