Liebe Kolleginnen und Kollegen ……
Daseinsvorsorge, sozialer Zusammenhalt und ja, auch die Barrierefreiheit werden eher als Kostenfaktoren behandelt. Aber wenn man in der Lage ist, langfristig und strategisch zu denken, muss man zu anderen Ergebnissen kommen. Im Grunde müsste gerade jetzt Geld ohne Ende investiert werden, um künftigen Generationen ein lebenswertes und demokratisches Land zu übergeben. Wenn Deutschland in Anbetracht der Veränderungen in der Welt und der demografischen Entwicklung bei uns Zukunftssicherung betreiben will, sollte man den Ertrag sozialen Investments nicht unterschätzen. ver.di sagt JA zu notwendigen Investitionen in Digitalisierung, Infrastruktur, Bildung, Soziales, Gesundheit, Klimaschutz usw. Und ver.di sagt ein deutliches NEIN zur Schuldenbremse. Wir fordern schnellstmöglich eine Reform der „Zukunftsbremse“. Mach mit, verteidigen wir den sozialen Zusammenhalt!
Die Schuldenbremse erweist sich mit dem Karlsruher Urteil endgültig als Zukunftsbremse. Die muss jetzt grundlegend reformiert werden. (Frank Werneke)
Das Titelbild unserer Dezember-Ausgabe zeigt dieses Mal kein weihnachtliches Motiv, sondern eine Abordnung des ver.di-Landesarbeitskreises Behinderten- und Teilhabepolitik mit Landtagsabgeordneten der SPD und Bündnis 90/Die Grünen vor dem Niedersächsischen Landtag, um die Forderung zu unterstreichen, aus den Mitteln der Ausgleichsabgabe eine Ausbildungsinitiative für junge Menschen mit Behinderung und ein Beschäftigungsprogramm für Menschen mit Behinderung zu finanzieren (Näheres im Artikel). Das Land Niedersachsen verfehlt Jahr für Jahr die gesetzliche Beschäftigungsquote und steht in der Pflicht, endlich geeignete Maßnahmen zu entwickeln, diesem Missstand abzuhelfen.
Die Rechtsprechung ist manchmal ein sonderbar Ding! Da stürzt ein blinder Mensch über querliegende E-Scooter der Firma Tier und sein Begehren auf Schmerzensgeld wird abgelehnt. Das ist falsch verstandene Tier-Liebe, wertes Gericht! Betroffenenverbände fordern seit langem, dem Treiben der Vermieter wirkungsvoll Grenzen aufzuzeigen. Nun ist jede Stadt gefordert, entsprechende Regeln aufzustellen und diese streng zu kontrollieren, bzw. die Vermietung dieser Kraftfahrzeuge gar nicht erst zuzulassen oder zu widerrufen!
Als Leihfahrzeug in Innenstädten, ……. bringen die Roller eher Nachteile
für die Umwelt mit sich. (Bundesumweltamt)
Legasthenie ist eine Behinderung im Sinne des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG! Höchstrichterlich und brandaktuell durch das Bundesverfassungsgericht festgestellt! Aber Legasthenie ist keine Krankheit! Der Tatbestand einer Diskriminierung nach AGG §§ 1 und 7 scheint durch dieses Urteil möglich und sollte ggf. von Betroffenen in Betracht gezogen werden!
Die Lehrerin sagte, ich sei intelligent, aber stinkend faul. (Bodo Ramelow | Legastheniker)
Der an Multiple Sklerose erkrankte Harald Mayer kämpft – wie berichtet – um das Sterbemittel seiner Wahl, Natrium-Pentobarbital, für den Fall, dass sein Leben für ihn nicht mehr zu ertragen ist. Dafür braucht er die Genehmigung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschied jetzt: Nein. Sterbewillige bekommen keine Erlaubnis dafür. Die Diskussion um Selbstbestimmung am Ende des Lebens ist damit nicht vorbei. Dass die Selbstbestimmung des Menschen im gesamten Lebensverlauf ein unveräußerliches Recht ist, darf dabei nicht vergessen werden. Leider gehören Barrieren und Benachteiligungen in allen Lebensbereichen noch immer zum Alltag von Menschen mit Behinderungen, so die Antidiskriminierungsstelle des Bundes.
Wenn dieser SBV InfoBrief erscheint, ist der 3. Dezember, der Internationale Tag der Menschen mit Behinderung, schon wieder Geschichte. Und die 15% der Weltbevölkerung, die betroffen sind, können sich fragen, ob dieser Gedenk-/Feier-/Mahntag ihre Situation verbessert hat. Schwerbehindertenvertretungen mühen sich tagtäglich, die berufliche Situation von betroffenen Kolleginnen und Kollegen zu verbessern. Es gebührt anlässlich dieses Tages auch mal allen großen Dank, die dieses Ehrenamt – manchmal unter großen Schwierigkeiten – ausüben.
Die SBVen sind die Motoren der Inklusion (alte Volksweisheit!)
Schon wieder steht ein Jahr kurz vor dem Ende. Es war – wieder einmal – kein friedliches Jahr. Die russische Aggression gegen die ukrainische Zivilbevölkerung geht den zweiten Winter weiter. Der unbeschreibliche Terror der Hamas gegen Jüdinnen und Juden vom 7. Oktober ist durch nichts zu rechtfertigen und wird ewig in Erinnerung bleiben. Die Bevölkerung im Gazastreifen erlebt als Folge kaum vorstellbares Leid! Und im Westjordanland werden palästinensische Bauern vertrieben. Iran, Afghanistan, Südsudan, Syrien, Jemen, Äthiopien, Somalia, die Liste der Länder, in denen durch Kriegsfolgen, Klimawandel und Wirtschaftskrisen Menschen leiden und dadurch häufig dauerhaft physisch und psychisch beeinträchtigt sind, ist noch länger. Vergessen wir diese Menschen zu Weihnachten nicht und werden wir nicht hartherzig, in einem der wohlhabendsten Länder der Welt, in dem es allerdings auch immer mehr Menschen gibt, die von Armut betroffen sind!
Mit herzlichen Weihnachtsgrüßen und besten Wünschen
und Hoffnung auf ein für viele Menschen friedlicheres Jahr 2024
Jürgen Bauch
Statistik
Deutschlandweit erhielten im Jahr 2022 Beschäftigte im Arbeitsbereich von Werkstätten für behinderte Menschen im Durchschnitt ein monatliches Arbeitsentgelt von 222 Euro (inklusive 52 Euro Arbeitsförderungsgeld). Im Vergleich zum Vorjahr ist das Entgelt leicht gestiegen (2021: 212 Euro). Hamburg ist mit 260 Euro Arbeitsentgelt das Bundesland mit dem höchsten monatlichen Entgelt. Den höchsten Anstieg im Vergleich zum Jahr 2021 verzeichnet Baden-Württemberg mit einem Zuwachs von zehn Prozent. In der Statistik sind nur die beschäftigten Menschen mit Behinderungen berücksichtigt.
Ausführliche Statistik auf https://de.statista.com
Aus dem Bundestag
Zur Herstellung von Barrierefreiheit braucht es aus Sicht von Sachverständigen gesetzliche Regelungen. Selbstverpflichtungen und weitere Aktionspläne reichten nicht aus, hieß es während einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales zu dem Antrag der CDU/CSU-Fraktion mit dem Titel „Mehr Tempo für Barrierefreiheit und einen inklusiven Sozialraum“ (20/4676) am Montagnachmittag.
Christiane Möller vom Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband sagte während der Anhörung, das Prinzip der Freiwilligkeit habe „jahrzehntelang“ nicht funktioniert. Es müsse also über gesetzliche Regelungen „mit angemessenen Übergangsfristen“ gesprochen werden, forderte sie. „Das Thema ist kein, nice to have' für Menschen mit Behinderungen“, betonte Möller. Das Vorhandensein und die Nutzbarkeit einer barrierefreien Infrastruktur oder barrierefreier Produkte und Dienstleistungen sei entscheidend für die Frage: „Bin ich drin oder bin ich draußen in dieser Gesellschaft?“
Auf den vom Bundesgesundheitsministerium (BMG) angestoßenen „Aktionsplan für ein diverses, inklusives und barrierefreies Gesundheitswesen“ ging Janina Bessenich, Geschäftsführerin der Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie, ein. Sie kritisierte, dass die Beteiligung von Menschen mit Behinderungen an dem Prozess sehr beschränkt sei und sich das Vorhaben des BMG nur auf bestimmte Bereiche beschränke. Es habe zudem schon viele Aktionspläne gegeben, obwohl es eigentlich darum gehen müsse, „dass alle Gesetze im Bereich des BMG dafür sorgen müssen, dass Barrierefreiheit sichergestellt ist“.
Janina Jänsch vom Bundesverband für körper- und mehrfachbehinderte Menschen äußerte die Hoffnung, dass die Inhalte des Koalitionsvertrages zum Thema Barrierefreiheit zeitnah umgesetzt werden. Bislang seien mehrere Initiativen gestartet worden, auf deren Zwischenergebnisse sie gespannt sei. Aktuell erhalte ihr Bundesverband über den Deutschen Behindertenrat immer wieder Zwischeninformationen. „Wir würden uns auch sehr über Zwischenergebnisse freuen“, sagte sie.
Er sei ein Freund des Ordnungsrechtes, sagte Jonas Fischer vom Sozialverband Deutschland (VdK). Selbstverpflichtungen, egal ob in Sachen Mobilität, beim Bauen und Wohnen oder bei privaten Anbietern von Produkten und Dienstleistungen, reichten nicht aus. „Wir brauchen gesetzliche Regelungen“, betonte Fischer. Ein Mehr an Barrierefreiheit könne nicht länger warten.
Volker Sieger von der Bundesfachstelle Barrierefreiheit bei der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See erwartet noch in dieser Legislaturperiode „eine große Barrierefreiheitsreform“, ähnlich wie es im Koalitionsvertrag festgelegt sei. Zentrales Element müssten Verpflichtungen der Privatwirtschaft sein. „Ohne eine Barrierefreiheit bei Dienstleistungen und bei Produkten wird es keine gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen geben“, sagte er.
Dass die Handlungsfelder bei dem BMG-Aktionsplan ohne Beteiligung der Menschen mit Behinderungen vorgegeben worden seien, stieß auf Kritik von Anieke Fimmen vom Sozialverband Deutschland. „Wir hätten uns sehr gewünscht, an der Erarbeitung der Kriterien beteiligt zu werden“, sagte sie. Die Forderung nach mehr Beteiligung gelte aber für alle Prozesse zum Thema Barrierefreiheit.
Helmut Vogel vom Deutschen Gehörlosenbund schloss sich der Kritik an. Bei dem Prozess im BMG brauche es eine Steuerungsgruppe, an der der Behindertenrat beteiligt ist und die die Partizipation sicherstellt, sagte Vogel. Bei den Planungen gebe es noch viele Unklarheiten. Aus Sicht von Vogel wäre es richtig, noch mal von Grund auf anzufangen, um 2025 auch wirklich einen Aktionsplan zu haben.
Die derzeitige Möglichkeit, von der Umsetzungsfrist für eine vollständige Barrierefreiheit des ÖPNV abweichen zu können, ist nach Auffassung von Irene Vorholz vom Deutschen Landkreistag wichtig und sollte fortbestehen. In der Praxis lägen nach wie vor unverändert vielfach die Ausnahmetatbestände vor. Es sei von den Landkreisen als Trägern des ÖPNV nicht beeinflussbar, dass beispielsweise alle Haltestellen barrierefrei sind. Dies werde von anderen Trägern verantwortet.
Hartmut Reinberg-Schüller vom Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) forderte eine stärkere Bewusstseinsbildung aller Beteiligten bei Planungen und Umsetzung von baulichen Maßnahmen zur Barrierefreiheit. Schaue man heute auf teilweise ausgebaute barrierefreie Haltestellen sehe man, „dass dann das ein oder andere eben nicht barrierefrei ist“. Es mangle oft am Erfassen des Systems Barrierefreiheit, sagte er.
Der Einzelsachverständige Daniel Hlava, Professor für Gesundheits- und Sozialrecht an der Frankfurt University of Applied Sciences, verwies darauf, dass bereits heute die Versagung von angemessenen Vorkehrungen zum Teil als eine nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verbotene Diskriminierung angesehen werde. Eine ausdrückliche dahingehende Regelung im AGG wäre sehr zu begrüßen, befand er. Einer Übergangsfrist bedürfe es hingegen nicht. Es gehe schließlich darum, im Einzelfall geeignete Maßnahmen zu suchen und zu ergreifen, damit Menschen mit Behinderung die Überwindung noch bestehender Barrieren ermöglicht werde.
Eine inklusive Gesellschaft entstehe nicht von selbst, heißt es in der Stellungnahme des Einzelsachverständigen Eberhard Eichenhofer. Sie entstehe vor allem dann nicht, „wenn die bestehende Gesellschaft einzelne wie Gruppen wegen ihres Geschlechts, Alters, einer Behinderung, ethnischer Herkunft oder sexueller Orientierung tatsächlich die rechtlich gebotene Gleichbehandlung vorenthält“. Die Stellung von Menschen mit einer Behinderung müsse daher im Zeichen von Inklusion verbessert werden. Die Aufnahme des Begriffs „angemessene Vorkehrungen“ in das deutsche Recht würde aus seiner Sicht dazu entscheidend beitragen.
hib – heute im bundestag | Nr. 851, Dienstag | 14. November 2023
ver.di Niedersachsen-Bremen
aus der ver.di-Pressemeldung vom 7. November 2023: Dem Land Niedersachsen stehen derzeit 157 Millionen Euro aus der sogenannten Ausgleichsabgebe zur Verfügung. Das geht aus dem aktuellen Haushaltsentwurf der rot-grünen Koalition hervor. Mit dem Geld sollen, laut Verordnung, Projekte zur Förderung der Teilhabe schwerbehinderter Menschen am Arbeitsleben finanziert werden. Die Gewerkschaft ver.di fordert, das Geld in eine Ausbildungsinitiative für junge Menschen mit Behinderung und in ein Beschäftigungsprogramm für Menschen mit Behinderung zu investieren. „Wir fordern die Landesregierung auf, jetzt überzeugende Konzepte vorzulegen, wie diese Mittel zeitnah und zielgerichtet eingesetzt werden sollen“, sagt Andrea Wemheuer, Landesleiterin von ver.di in Niedersachsen und Bremen. Als Gewerkschaft sei man bereit, bei der Umsetzung der geforderten Maßnahmen beratend zur Verfügung zu stehen.
Um ihre Forderungen zu unterstreichen, trafen sich Gewerkschafter und Betroffene am 09. November 2023 um 11.45 Uhr mit Tanja Meyer, Rashmi Grashorn, Lena Nzume (Bündnis 90/Die Grünen), sowie Constantin Grosch und Julia Retzlaff (SPD) an der Treppe des Landtags zu einem kurzen Austausch am Rand der Landtagssitzung.
Das Land Niedersachsen ist mit einer besonderen Problemlage konfrontiert: Als Arbeitgeber verfehlt das Land Jahr für Jahr die geforderte Beschäftigungsquote schwerbehinderter Menschen von fünf Prozent kontinuierlich. Dafür zahlt das Land Millionenbeträge als Ausgleichsabgabe. Gleichzeitig wächst das Problem des Fachkräftemangels auch beim Land weiter an. Das noch vorhandene Personal wird zusehends überlastet. Die von ver.di jetzt eingeforderten Maßnahmen helfen, beide Missstände zu beheben.
Das Ziel der Ausbildungsinitiative für junge Menschen mit Behinderung muss eine fördernde Arbeitsmarktpolitik sein. So kann verhindert werden, dass es eine typische „Laufbahnkarriere“ betroffener Menschen gibt, die von der Schule in die Werkstatt für behinderte Menschen führt und dort meist endet. „Das Land muss als Arbeitgeber, aber auch in Kooperation mit Gemeinden und Landkreisen, geeignete Schritte unternehmen und seine Vorbildfunktion für andere Arbeitgeber wahrnehmen“, sagt Wemheuer. Das Beschäftigungsprogramm für Menschen mit Behinderung soll im Zusammenhang mit der Digitalisierung der niedersächsischen Verwaltung stehen. „Die notwendige Digitalisierung der Verwaltung ist bestens geeignet, um ein Beschäftigungsprogramm für Menschen mit Behinderung zu initiieren“, sagt die ver.di-Landesleiterin. Eine Digitalisierung vorhandener Akten und die digitale Umsetzung des Eingangs schriftlicher Vorgänge muss zum Schwerpunkt der Beschäftigung von Menschen mit Behinderung erklärt werden.
jb: Es ist zwischen dem LAK und SPD, sowie Bündnis 90/Die Grünen vereinbart, die Gespräche fortzuführen.
Niedersachsen
Jungen Menschen mit Förderbedarfen eine bessere Orientierung auf dem Arbeitsmarkt geben: Dieses Ziel hat sich das Niedersächsische Kultusministerium auf die Fahnen geschrieben und bietet ab sofort Informationen rund um das Thema inklusive Ausbildung und Beschäftigung an. Über die neu eingerichtete Servicestelle inklusiver Weg (SiW) können sowohl Interessierte, die sich aktuell im Übergang von der Schule in den Beruf befinden, als auch Betriebe auf Auszubildendensuche hilfreiche Tipps erhalten (u.a. durch Good-Practice-Beispiele).
Die Servicestelle ist Bestandteil des Projektes „Begleitung in inklusive Ausbildung und Arbeit“ (BiAA), welches im August 2022 für die Dauer von drei Jahren auf Initiative des Kultusministeriums an den Start gegangen war. Durch eine landesweite Stärkung lokaler und regionaler Netzwerkstrukturen sollen junge Menschen mit sonderpädagogischen Förderbedarfen auf ihrem Weg in eine möglichst betriebliche Ausbildung unterstützt werden.
Dabei geht es vor allem darum, die Zusammenarbeit aller beteiligten Akteurinnen und Akteure weiter zu verbessern und auf diese Weise die Chance auf eine inklusive Ausbildung zu erhöhen. So sollen beispielsweise die Übergangsvorbereitungen der allgemein bildenden bzw. berufsbildenden Schulen an die Fördermöglichkeiten der Arbeitsagenturen und Jobcenter angepasst werden. Darüber hinaus sollen für Betriebe die Potenziale dieser Bewerberinnen und Bewerber sowie passende Unterstützungsangebote aufgezeigt werden. Doch auch die Kammern werden bei der bedarfsgerechten Erweiterung betrieblicher Ausbildungsangebote für junge Menschen eingebunden.
Die Servicestelle dient künftig als Anlauf- und Koordinierungsstelle und ist als zentrale Plattform fortan unter www.biaa-servicestelle.de erreichbar. Hier kann sich über das eigene Portfolio und entsprechende Zuständigkeiten informiert werden.
„Jeder einzelne Mensch hat ein Recht auf Bildung und dieses Recht gilt ein Leben lang“, betont Kultusministerin Julia Willie Hamburg. „Daher ist es wichtig, die Berufliche Orientierung für Menschen mit Förderbedarfen zu stärken und damit die Inklusion im niedersächsischen Bildungssystem weiter voranzutreiben. Die neue Servicestelle bietet allen Beteiligten maximale Transparenz und leistet einen wichtigen Beitrag zur Bildungsgerechtigkeit.“
Auch Johannes Pfeiffer, Vorsitzender der Geschäftsführung der Regionaldirektion Niedersachsen-Bremen der Bundesagentur für Arbeit, begrüßt das Projekt: „Mit der besseren Vernetzung aller Beteiligten wollen wir das Angebot an betrieblichen Ausbildungsmöglichkeiten für Jugendliche mit Behinderungen deutlich verbessern. Auf Inklusion in der Schule sollte Inklusion am Arbeitsmarkt folgen, deshalb begrüßen wir den Ausbau inklusiver betrieblicher Wege zum Ausbildungserfolg. Davon profitieren nicht nur die Jugendlichen, sondern auch die Betriebe, die dringend Fachkräfte benötigen.“
Das Vorhaben wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen der Bund-Land-Vereinbarung (BLV) Bildungsketten gefördert. Auftraggeber ist das Niedersächsische Kultusministerium. Das Projekt findet in enger Kooperation mit der Regionaldirektion Niedersachsen-Bremen der Bundesagentur für Arbeit statt.
Quelle: Niedersächsische Kultusministerium, PM, 23.10.2023
Arbeitsgestaltung als Barriere?
Über die Arbeitsbedingungen von Erwerbstätigen mit Behinderungen ist bisher eher wenig bekannt. Die Daten der BIBB/BAuA-Erwerbstätigenbefragung 2018 zeigen, dass die empfundene Belastung bei Beschäftigten mit Behinderung tendenziell höher ist, sie weniger arbeitsbezogene Ressourcen zur Verfügung haben und unzufriedener sind als Beschäftigte ohne Behinderung. Daraus ergeben sich einige Verbesserungspotenziale für die Arbeitsgestaltung von Erwerbstätigen mit Behinderung.
PDF-Download auf der Website der BAuA: Artikel aus sicher ist sicher, Volume 74, Nr. 7-8, 2023
„Servicestelle inklusiver Weg“
Der Zugang zum Arbeitsmarkt ist für Menschen mit Behinderungen oftmals schwieriger als für diejenigen ohne Behinderungen. Zum anstehenden Internationalen Tag der Menschen mit Behinderungen am 3. Dezember startet die Bundesagentur für Arbeit ab dem 27. November eine Aktionswoche, um das Bewusstsein für die Potenziale von Menschen mit Behinderungen zu stärken.
Unter dem Motto „Inklusion bringt weiter“, finden bundesweit verschiedene Veranstaltungen in den Arbeitsagenturen sowie digital statt. Das Ziel ist es, für die Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen und ihre Belange in der Arbeitswelt zu sensibilisieren. Die BA setzt sich dafür ein, Menschen mit Behinderungen als Teil der Lösung des Arbeits- und Fachkräftemangels wahrzunehmen. Vielfältige Unterstützungsmöglichkeiten helfen Unternehmen dabei, Menschen mit Behinderungen auszubilden, einzustellen oder weiterzubilden.
Knapp 40 Prozent der Unternehmen erfüllen Beschäftigungspflicht vollständig
Gemessen an allen beschäftigungspflichtigen Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber kommen 39 Prozent vollständig und weitere 35 Prozent teilweise ihrer gesetzlichen Pflicht zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen nach. 26 Prozent der beschäftigungspflichtigen Betriebe beschäftigen keine schwerbehinderten Menschen und haben damit auch keinen ihrer gesetzlich definierten Pflichtarbeitsplätze besetzt. Unternehmen mit durchschnittlich mindestens 20 Arbeitsplätzen sind gesetzlich verpflichtet, auf mindestens fünf Prozent der Arbeitsplätze schwerbehinderte Menschen zu beschäftigen und darüber eine Anzeige bei der zuständigen Agentur für Arbeit abzugeben.
BA fördert berufliche Teilhabe
Das Spektrum der Förderinstrumente reicht von beruflicher Weiterbildung über die Beratung bei der Berufswahl bis hin zur Unterstützung bei der Ausbildungs- und Beschäftigungsaufnahme oder der Zahlung eines Eingliederungszuschusses. Im Zeitraum von Januar 2023 bis Juli 2023 haben rund 47.000 schwerbehinderte Menschen eine arbeitsmarktpolitische Maßnahme, wie eine berufliche Weiterbildung, begonnen. Rund 12.000 weitere Förderungen wurden durch Einmalleistungen realisiert, beispielweise eine Förderung bei der Beschaffung von Arbeitshilfen für Menschen mit Behinderungen.
Über eine Million sozialversicherungspflichtig Beschäftigte mit Schwerbehinderung
Schwerbehinderte Menschen arbeiten in allen Branchen. Ein Großteil der über eine Million beschäftigten schwerbehinderten Menschen arbeitet im Verarbeitenden Gewerbe, im Öffentlichen Dienst oder im Handel. Mehr als die Hälfte der arbeitslos gemeldeten schwerbehinderten Menschen hat einen Berufs- oder Hochschulabschluss. Anteilig finden sich bei arbeitslosen schwerbehinderten Menschen mehr Personen mit abgeschlossener Berufsausbildung als bei nicht-schwerbehinderten Arbeitslosen.
Quelle: Bundesagentur für Arbeit, Pressemitteilung, Nr. 51/2023 – 23. November 2023
Siehe auch die Website: Inklusion bringt weiter - Die Bundesagentur für Arbeit unterstützt Unternehmen dabei, Menschen mit Behinderungen aus- und weiterzubilden, einzustellen oder zu beschäftigen. Lernen Sie die vielfältigen finanziellen Unterstützungs- und Fördermöglichkeiten kennen.
DIE NEUE NORM
Im August fand in Genf die kombinierte zweite und dritte Staatenprüfung der 20 Länder statt, die die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) nach deren Einführung ratifiziert haben. Auch Deutschland musste sich am 29. und 30. August über mehrere Stunden den Fragen des UN-Ausschusses stellen, was sich denn nun wirklich seit dem letzten Staatenbericht verändert hat. Karina Sturm (DIE NEUE NORM) sprach mit der Leitung der Monitoring-Stelle des Instituts für Menschenrechte, Dr. Britta Schlegel und Dr. Leander Palleit über den Status Quo und was sich verändern muss, damit wir der Umsetzung der UN-BRK in allen Bereichen ein bisschen näherkommen.
Link zum Artikel auf dieneuenorm.de
ver.di
Am 26./27. Oktober 2023 traf sich der Bundesarbeitskreis Behindertenpolitik (BAK) zu seiner Herbsttagung in Berlin. Der BAK besteht aus Mitgliedern aus den Landesbezirken und Fachbereichen und hat sich in dieser Sitzung neu konstituiert.
Der Vorstand besteht aus 4 Personen, die alte und die neue Vorsitzende ist Felizitas Ißelmann (Mandat LBZ NRW), die weiteren 3 Vorstandsmitglieder sind Johannes Gyarmati (Mandat LBZ SAT), Martina Kohlmeyer (Mandat Nds.-Br.) und Ina Spörrer (Mandat FB E). Der BAK ist im Ressort 5 der ver.di-Bundesverwaltung im Bereich Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik angesiedelt. Zum Teil besteht schon eine jahrzehntelange Erfahrung als Schwerbehindertenvertreter*in in Betrieben und Behörden. Die Mitglieder des BAK bringen ganz praktische Erfahrungen mit, weil sie persönlich mit einer Behinderung zu tun haben.
Link zum ausführlichen Bericht: www.arbeitsmarkt-und-sozialpolitik.verdi.de
Recht
- Ob ein schwerbehinderter Mensch im Sinne des § 165 Satz 4 SGB IX für eine zu besetzende Stelle fachlich ungeeignet ist, ist anhand eines Vergleichs zwischen dem Anforderungsprofil des zu besetzenden Arbeitsplatzes und dem fachlichen Leistungsprofil des Bewerbers zu ermitteln.
- Der öffentliche Arbeitgeber kann zwar grundsätzlich kraft der ihm zukommenden Organisationsgewalt entscheiden, wie er seine Stellen zuschneidet und welche fachlichen Anforderungen er zur Erfüllung der anfallenden Aufgaben für erforderlich ansieht. Das jeweilige Anforderungsprofil ist aber gerichtlich daraufhin überprüfbar, ob es auf sachfremden Erwägungen beruht und insbesondere die aus Art. 33 Abs. 2 GG resultierenden Vorgaben wahrt.
- Allein die beabsichtigte Eingruppierung in die Entgeltgruppe E 9 TVöD rechtfertigt es nicht, die Absolvierung des Angestelltenlehrgangs II nach § 2 Abs. 1 des Bezirktarifvertrags Rheinland-Pfalz über die Ausbildungs- und Prüfungspflicht der Beschäftigten, als keiner weiteren Begründung erfordernde Anforderung anzusehen.
LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 21. April 2023-1 Sa 295/22 (Revision nicht zugelassen)
Link zum Urteil: www.landesrecht.rlp.de
Hans-Böckler-Stiftung
Auf dem Weg zu einer barrierefreien Gesellschaft stehen noch einige Hindernisse. Darüber diskutierte man bei der Tagung des Hugo Sinzheimer Instituts in Kooperation mit der Universität Kassel in Frankfurt über das Fazit der BGG-Evaluation.
Dieses Ergebnis sorgte für Heiterkeit. Komplizierte Verfahren bei Behörden erleben Menschen mit Behinderungen als häufigste Barriere in ihrem Alltag. Das brachte einige Lacher und den Einwurf, dass diese Hürde nicht nur für Menschen mit Behinderung bestehe. In einer gemeinsamen Evaluation hatten sich das Hugo Sinzheimer Institut (HSI) der Hans-Böckler-Stiftung, das Institut für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik (ISG) in Köln und die Uni Kassel angeschaut, wie das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) und seine Novellierung 2016 in der rechtlichen und gesellschaftlichen Praxis ankommt und wie barrierefrei Menschen die Welt um sie herum inzwischen erleben. …….
Das Fazit der BGG-Evaluation, das die Experten aus Kassel und Köln vorstellten, lautete: Es gibt viele gute Ansätze, aber es hapert noch viel zu oft bei der Umsetzung.
Link zum ausführlichen Tagungsbericht: www.boeckler.de
ver.di-Forum Nord und Bildungswerk ver.di in Niedersachsen
Bereits zum 13. Mal findet unsere SBV-Fachtagung mit den Schwerpunkten: „Arbeitsrecht, Sozialrecht, rechtliche Entwicklung im SGB IX und Bundesteilhabegesetz für die Alltagsarbeit der SBV und die betrieblichen Interessenvertretungen“ statt.
Auch in diesem Jahr haben wir Expert*Innen des Arbeits- und Sozialrechts als Referentinnen und Referenten gewinnen können, die für die Arbeit der SBV und der betrieblichen Interessenvertretungen erforderliche Kenntnisse vermitteln.
In Vorträgen, Diskussionen und Workshops werden die speziellen Probleme der SBV thematisiert, gemeinsam bearbeitet und vertieft. Ein Schwerpunkt der Tagung wird der aktuelle Stand der politischen Entwicklungen rund um das Thema Inklusion sein. Wir freuen uns auf eine interessante Fachtagung, spannende Redebeiträge und vor allem angeregte Diskussionen.
Genaue Informationen und Anmeldung: www.verdi-forum.de
Recht
Leitsätze:
- Ein Arbeitgeber ist gem. § 164 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB IX (juris: SGB 9 2018) vor Ausspruch einer Beendigungskündigung grds. verpflichtet, einem iSv § 2 Abs. 2 SGB IX schwerbehinderten oder nach § 2 Abs. 3 SGB IX gleichgestellten Arbeitnehmer eine - ggf. auch vertragsfremde - behinderungsgerechte Tätigkeit auf einem freien Arbeitsplatz anzubieten, wenn der Arbeitnehmer wegen seiner Behinderung nicht mehr in der Lage ist, seine arbeitsvertraglich vereinbarte Tätigkeit auszuüben.
- Als "frei" in diesem Sinne sind nicht nur unbesetzte Arbeitsplätze anzusehen, sondern auch solche, die der Arbeitgeber vor Ausspruch der Kündigung des schwerbehinderten/gleichgestellten Arbeitnehmers treuwidrig im Sinne von § 162 BGB anderweitig besetzt hat.
Aus dem Urteil: „Besteht in dem Zeitpunkt, in dem er mit dem Wegfall des bisherigen Beschäftigungsbedürfnisses rechnen muss, eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit zu gleichen oder zumutbaren geänderten Arbeitsbedingungen auf einem anderen Arbeitsplatz, kann der Arbeitgeber diese nicht dadurch zunichtemachen und den Kündigungsschutz des Arbeitnehmers dadurch leerlaufen lassen, dass er erst die freie Stelle besetzt und danach eine Beendigungskündigung wegen fehlender Weiterbeschäftigungsmöglichkeit ausspricht.“
LAG Rheinland-Pfalz 04.07.2023 Az. 8 Sa 60/23
Link zum Langtext: www.rehadat-recht.de
Aus dem Bundestag
Die Bundesregierung plant derzeit keine Einführung eines bundesweit einheitlichen und nach Behinderungsgraden abgestuften Teilhabegeldes für alle Menschen mit Behinderungen. Das schreibt sie in ihrer Antwort (20/9024) auf eine Kleine Anfrage (20/8716) der Fraktion Die Linke. Die Abgeordneten hatten danach gefragt, weil sie kritisieren, dass die Leistungen für die betroffenen Menschen in den Bundesländern sehr stark voneinander abweichen.
Bereits im Beteiligungsprozess zur Reform der Eingliederungshilfe durch das Bundesteilhabegesetz (BTHG) sei als mögliche Option die Einführung einer bedürftigkeitsunabhängigen pauschalen Geldleistung für blinde, hochgradig sehbehinderte, taubblinde und gehörlose Menschen thematisiert worden, die sich an den jeweiligen Teilhabebedarfen orientieren sollte. Diskutiert worden sei ebenfalls ein Bundesteilhabegeld als reiner Ausgleich von behinderungsbedingten Nachteilen und Mehraufwendungen ohne Anrechnung auf die Leistungen der Eingliederungshilfe als auch ein Bundesteilhabegeld, das vollständig oder teilweise auf die Leistungen der Eingliederungshilfe angerechnet würde. „Mit dem BTHG wurde diese Idee nicht weiterverfolgt, stattdessen erfolgten zahlreiche Leistungsverbesserungen für Menschen mit Behinderungen“, schreibt die Regierung dazu.
hib – heute im bundestag | Nr. 841, Donnerstag | 9. November 2023
DRV
Im Reha-Atlas hat die Deutsche Rentenversicherung (DRV) aktuelle Daten und Fakten rund um die Themen Rehabilitation und Prävention grafisch prägnant zusammengestellt. Ob die Zahl der Reha-Leistungen, die Höhe der Ausgaben für einzelne Maßnahmen oder die größten Behandlungsschwerpunkte: Hier finden Sie wichtige Statistiken auf einen Blick.
Link zur DRV: www.deutsche-rentenversicherung.de
Aus dem Bundestag
Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat am Mittwochvormittag einen Antrag (20/4676) der CDU/CSU-Fraktion zum Ausbau der Barrierefreiheit abgelehnt. Gegen den Antrag stimmten die Koalitionsfraktionen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP. Für ihn stimmte jenseits der Antragsteller nur die AfD-Fraktion. Die Linke enthielt sich.
Die Unionsfraktion fordert konkret, vorhandene Förderprogramme der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) wie das Programm „Altersgerecht Umbauen“ aufzustocken und neue aufzulegen, um zum Beispiel nicht barrierefreie Arztpraxen und andere Gesundheitseinrichtungen zu unterstützen. Im Personenbeförderungsgesetz soll ein Abweichen von der Umsetzungsfrist für eine vollständig barrierefreie Gestaltung des Öffentlichen Personennahverkehrs nur noch möglich sein, wenn die Einhaltung der Frist mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden oder aus nachvollziehbar guten Gründen nicht notwendig ist. Gemeinsam mit den Ländern, Kommunen und Taxiverbänden müsse ein Runder Tisch eingesetzt werden, um dort Lösungen für die Steigerung eines barrierefreien Taxiangebots zu entwickeln, schreiben die Abgeordneten.
Die Union betonte, dass der Antrag das Thema nicht abschließend behandeln könne, aber ein wichtiger Ansatz sei, um sich mit dem Thema weiter zu befassen. Als solchen werteten ihn auch die anderen Fraktionen. Die Linke kritisierte jedoch, dass die Union bei den Verpflichtungen für die Privatwirtschaft nicht weit genug gehe. Die FDP stellte fest, dass der Antrag zu viele Bereiche außen vorlasse. Die Grünen kritisierten die Übergangsfrist von fünf Jahren zur Herstellung von Barrierefreiheit als zu lang und betonten, die Koalition werde die Verpflichtung zur Herstellung von Barrierefreiheit einführen. Die AfD-Fraktion bemängelte die Komplexität des Antrags, der eine detaillierte Befassung mit wichtigen Aspekten verhindere, dennoch stimme die Grundrichtung. Die SPD-Fraktion fragte, warum die Union ihre vielen Forderungen plötzlich in der Opposition auf den Tisch lege und diese nicht in ihrer Regierungszeit entschiedener angegangen sei.
hib – heute im bundestag | Nr. 859, Mittwoch | 15. November 2023
Aus dem Bundestag
Arbeitsunfähigkeit aufgrund psychischer Erkrankungen und Verhaltensstörungen bleibt auf hohem Niveau. In den vergangenen fünf Jahren hat sich die Zahl um 1,7 Prozent erhöht und in den vergangenen zehn Jahren um 4,8 Prozent, führt die Bundesregierung in einer Antwort (20/9263) auf eine Kleine Anfrage (20/8987) der Fraktion Die Linke aus. Demnach hat die Zahl dieser Krankheitstage 2021 bei Frauen bei 75 Millionen und bei Männern bei 51 Millionen Tagen gelegen. Für 2022 liegen den Angaben zufolge noch keine Daten vor. Im Jahr 2012 waren es noch 40 Millionen (Frauen) beziehungsweise 25 Millionen (Männer) Krankheitstage wegen einer psychischen Störung.
Die Ursachen für Arbeitsunfähigkeitstage aufgrund von psychischen Erkrankungen seien vielfältig. Neben gesamtgesellschaftlichen Faktoren wie den Folgen der aktuellen Krisen würden die Ursachen auch in der größer werdenden Offenheit im Umgang mit psychischen Erkrankungen vermutet, schreibt die Regierung. „Bedingt durch die Krisen sowie anhaltenden Entwicklungen wie Digitalisierung, Dekarbonisierung, dem demografischen Wandel und dem anhaltenden Fachkräftemangel ist die Arbeitswelt in vielen Bereichen besonderen Veränderungsdynamiken ausgesetzt. In der Folge ergeben sich neue Belastungsanforderungen an die Beschäftigten, die die psychische Gesundheit beeinflussen können. Die genauen Ursachen für die Entwicklung der arbeitsbezogenen Anforderungen sind jedoch schwer empirisch zu belegen.“
hib – heute im bundestag | Nr. 879, Dienstag | 21. November 2023
Aus dem Bundestag
Die CDU/CSU-Fraktion fordert in einem Antrag (20/9498), die Belange von Menschen mit Behinderungen finanziell zu stärken. Die Bundesregierung sei gefragt, die rechtlichen Rahmenbedingungen, die eine Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention garantieren sollen, regelmäßig auf den Prüfstand zu stellen und gegebenenfalls bestehende Missstände zu beheben. Dies gelte auch für den Bereich der finanziellen Stärkung und Entlastung von Menschen mit Behinderungen, schreiben die Abgeordneten.
Konkret verlangen sie von der Bundesregierung, das im Neunten Sozialgesetzbuch festgeschriebene Persönliche Budget für Menschen mit Behinderung zu stärken, die Gleichsetzung des Persönlichen Budgets mit Sachleistungen zu erreichen und dadurch die Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen zu verbessern, indem alle Pflege- und Betreuungsleistungen, die im Rahmen des Persönlichen Budgets erbracht werden, umsatzsteuerfrei gestellt werden. Außerdem soll der Bezug von Kindergeld für Menschen mit Behinderung über 18 Jahre erleichtert werden. Vergünstigungen der KFZ-Steuer sollen so ausgeweitet werden, dass Haushaltsmitglieder der behinderten Person das Fahrzeug steuerunschädlich auch für Fahrten nutzen können, die nicht der Beförderung der behinderten Person dienen, verlangt die Unionsfraktion.
hib – heute im bundestag | Nr. 894, Dienstag | 28. November 2023
Resolution
Solidarität und Zusammenhalt sind der einzige Weg, die Herausforderungen unserer Zeit zu bewältigen. Wir rufen unsere Mitglieder und unsere Mitstreiter*innen außerhalb des SoVD auf:
Mischt euch ein und kämpft mit uns für einen starken Sozialstaat und eine gerechtere Politik!
Seid solidarisch mit allen, die in unserer Gesellschaft zu kurz kommen und lasst euch, wenn ihr selbst Benachteiligung und Ausgrenzung erfahren habt, nicht gegeneinander ausspielen!
Geht wählen und wählt demokratische Parteien, die echte Lösungen für Probleme anbieten!
Der komplette Text der Resolution als PDF: www.sovd.de
Hans-Böckler-Stiftung
Die soziale Ungleichheit hat sich in den vergangenen Jahren zum Teil weiter verschärft. Darunter leidet auch das Vertrauen in das politische System.
Die Einkommensungleichheit in Deutschland hat während der Coronakrise neue Höchstwerte erreicht und 2022 kaum abgenommen. Auch die Armutsquote war im vergangenen Jahr nach wie vor höher als vor der Pandemie. Das geht aus dem neuen WSI-Verteilungsbericht hervor, für den Jan Brülle und Dorothee Spannagel die aktuellsten vorliegenden Daten aus dem Mikrozensus und dem Sozio-oekonomischen-Panel (SOEP) ausgewertet haben. Laut der Analyse der WSI-Fachleute spiegelt sich die soziale Unwucht auch im Ansehen staatlicher Institutionen: Mehr als die Hälfte der Armen hat nur wenig Vertrauen in die Politik, rund ein Drittel vertraut dem Rechtssystem allenfalls in geringem Maße.
Details siehe auf www.boeckler.de
Recht
Nachdem er über zwei quer auf dem Bürgersteig stehende E-Roller gestürzt war, verlangte ein blinder Mann nun 20.000 Euro Schmerzensgeld vor dem OLG Bremen. Erfolglos: Die Scooter-Vermieterin habe ihre Verkehrssicherungspflicht nicht verletzt.
Leitsätze:
- Der Vermieter von E-Rollern haftet nicht aus einer Gefährdungshaftung als Halter, da E-Roller als Elektrokleinstfahrzeuge von der Anwendung des § 7 StVG ausgeschlossen sind
- Der Vermieter von E-Rollern genügt grundsätzlich seinen Verkehrssicherungspflichten bezüglich der Art und Weise des Aufstellens der E-Roller, wenn er die hierzu ergangenen Bestimmungen der behördlichen Sondernutzungserlaubnis beachtet, die ihm die Nutzung der öffentlichen Straßen über den Gemeingebrauch hinaus gestattet.
- Eine über die Bestimmungen der behördlichen Sondernutzungserlaubnis hinausgehende Verpflichtung des Vermieters von E-Rollern, diese so aufzustellen, dass jedes erdenkliche Schadensszenario ausgeschlossen ist, besteht nicht, da dies im Ergebnis einer Gefährdungshaftung entsprechen würde, die nach § 8 Nr. 1 StVG ausgeschlossen ist.
- Das durch Art. 20 UN-BRK gewährleistete allgemeine Schutzinteresse von Verkehrsteilnehmern mit Behinderungen ist zur Auslegung der Anforderungen der dem Vermieter von E-Rollern erteilten behördlichen Sondernutzungserlaubnis heranzuziehen.
Hanseatisches Oberlandesgerichts Bremen, 1. Zivilsenat, 1 U 15/23, 15. 11. 2023
Link zum Urteil: www.oberlandesgericht.bremen.de
Recht
Der Autor (Alexander Tietz, Rechtsreferendar am OLG Naumburg) stellt in diesem Beitrag das Urteil des LAG Rheinland-Pfalz vom 8. September 2022 vor, in welchem das Gericht über die Duldung der Mitnahme eines Assistenzhundes in die Büroräume des Arbeitgebers zu entscheiden hatte. Der Hund der Klägerin hatte zu erheblichen Störungen im Betriebsablauf geführt. Im Rahmen der Besprechung dieses Falles setzt sich der Autor insbesondere mit der Arbeitgeberpflicht zur Vornahme angemessener Vorkehrungen für behinderte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, zu denen auch die Duldung eines Assistenzhundes zählen kann, auseinander.
LAG Rheinland-Pfalz vom 8. September 2022 – 2 Sa 490/21
Link zum Beitrag auf www.reha-recht.de
Lese-Tipp
Häufiges Missverständnis beim Zusammenwirken von Arbeitsstättenrecht und Bauordnungsrecht: Tatsächlich ist das Vorliegen einer Baugenehmigung kein Indiz dafür, dass das Arbeitsstättenrecht in der Planung ausreichend Beachtung gefunden hat. Bundesweit existieren sehr unterschiedliche Vorgehensweisen bei der Berücksichtigung der Arbeitsstättenverordnung im Baugenehmigungsverfahren.
Link zum Artikel in www.sifa-sibe.de
Recht
Mit heute verkündetem Urteil hat der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts entschieden, dass die in den bayerischen Abiturzeugnissen der an Legasthenie leidenden Beschwerdeführer im Jahr 2010 angebrachten Bemerkungen über die Nichtbewertung ihrer Rechtschreibleistungen die Beschwerdeführer in ihrem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG verletzen, weil sie auf einer damals geübten diskriminierenden Verwaltungspraxis beruhen:
Legasthenie ist eine Behinderung im Sinne des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG.
Die angegriffenen Zeugnisbemerkungen benachteiligen die Beschwerdeführer. Eine gleichmäßige Anbringung von Zeugnisbemerkungen über die von allgemeinen Prüfungsmaßstäben abweichende Nichtbewertung einzelner Leistungen wegen behinderungsbedingter Einschränkungen dient der Herstellung von Transparenz über die tatsächlich erbrachten schulischen Leistungen. Sie ist im Interesse eines bezogen auf die Leistungsfähigkeit chancengleichen Zugangs aller Abiturienten zu Ausbildung und Beruf grundsätzlich gerechtfertigt. Unter bestimmten Voraussetzungen, insbesondere bei Ausgestaltung des Abiturs durch den Gesetzgeber als breiter Leistungsnachweis und allgemeine Hochschulreife, können solche Zeugnisbemerkungen sogar geboten sein.
Die verfassungsrechtliche Beanstandung der hier angegriffenen Zeugnisbemerkungen ist daher nur der im Jahr 2010 in Bayern geübten diskriminierenden Verwaltungspraxis geschuldet, nach der Zeugnisbemerkungen ausschließlich bei legasthenen Schülern angebracht wurden, nicht jedoch bei Schülern mit anderen Behinderungen oder in Konstellationen, in denen Lehrkräfte aufgrund eines ihnen eingeräumten Ermessens von einer Bewertung von Rechtschreibleistungen in bestimmten Fällen absehen konnten.
Text des Urteils ist über folgende URL erreichen www.bundesverfassungsgericht.de
Bundesverfassungsgericht, Pressemitteilung Nr. 107/2023 vom 22. November 2023
Sozialverband
Ob Pflege, Grundsicherung, Barrierefreiheit oder Ärger mit der Krankenkasse: Die Rechtsberatung bearbeitet ein weites Feld. Da leidet eine Frau an einer schweren neuroimmunologischen Erkrankung (ME/CFS), geht auf zwei gesunden Beinen in die Reha und kommt im Rollstuhl wieder heraus.
Da muss ein Sohn Sozialhilfe für seine Eltern beantragen, weil die Kosten im Pflegeheim exorbitant gestiegen sind. Eine Ausbilderin muss fünf Jahre um ein Hörgerät kämpfen, das sie dringend für ihren Job benötigt.
Recht haben heißt nicht recht bekommen
Die mehr als 20 Fälle im neuen „Schwarzbuch sozial“ des SoVD in Niedersachsen zeigen sehr eindrücklich: Recht haben und recht bekommen sind leider sehr oft zwei unterschiedliche Paar Schuhe. Gerade Ältere, Kranke, Pflegebedürftige und Menschen mit geringem Einkommen sind von falschen und ungerechten Entscheidungen von Ämtern, Behörden, Kranken- und Pflegekassen betroffen.
„Viele Menschen, die zu uns kommen, sind verzweifelt, überfordert und wissen häufig nicht, wie sie ihren Alltag noch stemmen sollen“, erläutert Bernhard Sackarendt, Verbandsratsvorsitzender des SoVD in Niedersachsen. Die derzeitigen Preissteigerungen würden die Lage zusätzlich verschärfen.
Für die Mitglieder lohnt sich der Einsatz des SoVD. Im vergangenen Jahr hat der SoVD-Landesverband Niedersachsen rund 53 Millionen Euro an einmaligen Nachzahlungen für seine Mitglieder erstritten. Das sind circa 15 Prozent mehr als im Vorjahr. Auch die Zahl der geführten Verfahren ist um etwa 13 Prozent gestiegen.
Link zum PDF-Download „Schwarzbuch Sozial 2023“: www.sovd-nds.de
Niedersachsen
Annetraud Grote wird neue Beauftragte für Menschen mit Behinderungen für das Land Niedersachsen. Das Kabinett hat am (heutigen) Montag der Personalie zugestimmt. Annetraud Grote wird das Amt am 1. März 2024 antreten.
Die aus der Nähe von Lüneburg stammende Juristin ist seit 1998 in verschiedenen Positionen im Paul-Ehrlich-Institut (PEI) tätig, seit 2009 in Leitungsfunktionen. Dabei befasste sie sich nicht nur mit verwaltungsrechtlichen und personalrechtlichen Aufgaben, sondern engagierte sich durchgängig für Inklusionsthemen, vor allem im Rahmen von wissenschaftlich begleiteten Projekten. Annetraud Grote verfügt über ein bundesweites Netzwerk mit Akteurinnen und Akteuren aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Selbsthilfeverbänden.
Niedersachsens Minister für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung, Dr. Andreas Philippi: „Mit Annetraud Grote haben wir eine ausgewiesene Expertin im Inklusionsbereich für das Amt der Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderung gewinnen können. Es freut mich sehr, dass sie künftig ihre Kompetenzen und ihr ausgezeichnetes Netzwerk für die Menschen mit Behinderung in Niedersachsen einsetzen wird. Ich wünsche Annetraud Grote alles Gute und viel Erfolg bei der Wahrnehmung ihrer künftigen Aufgabe."
Pressemitteilung der Niedersächsischen Landesregierung, 13. November 2023
DRV
Worin besteht der Unterschied zwischen Long-COVID und Post-COVID-Syndrom, was verbirgt sich hinter dem Begriff Post-VAC-Syndrom oder was bedeutet ME/CFS? Auf diese und weitere häufig gestellten Fragen rund um das Thema „COVID-19 und Post-COVID-Syndrom“ bietet die Deutsche Rentenversicherung in diesem FAQ-Katalog Antworten.
Link zum FAQ-Katalog: www.deutsche-rentenversicherung.de
Arbeitsschutz
Immer wieder einmal trifft es jemanden aus dem Kreise der Kolleginnen und Kollegen.
Auch ohne eine Quarantänepflicht für Corona-Infizierte ergeben sich für Arbeitgeber und Beschäftigte arbeitsrechtliche Fragen. Der Arbeitsrechtsexperte Peter Wedde nimmt dazu Stellung.
Seit dem Frühjahr 2023 ist die Absonderungspflicht bei einer Corona-Infektion in allen 16 Bundesländern aufgehoben. Müssen Nicht-Infizierte und Infizierte jetzt zwingend bei der Arbeit zusammenkommen?
„Dass infizierte Beschäftigte jetzt nicht mehr zur häuslichen Isolierung verpflichtet sind, heißt ja nicht, dass sie in den Betrieb kommen müssen“, sagt der emeritierte Professor für Arbeitsrecht und Recht der Informationsgesellschaft an der Frankfurt University of Applied Sciences (Frankfurt UAS).
Link zum Text: www.bund-verlag.de
Potsdamer Erklärung
Die Förderung von Inklusion durch Sport stand im Mittelpunkt des 66. Treffens der Konferenz der Beauftragten von Bund und Ländern für Menschen mit Behinderungen, das am 16. und 17. November in Potsdam stattfand. Die Treffen finden zweimal jährlich statt und dienen der Beratung aktueller behindertenpolitischer Themen. Die Beauftragten verabschiedeten auf der Konferenz die „Potsdamer Erklärung“, in der Bund, Länder und Kommunen aufgefordert werden, ihr Engagement für mehr Inklusion im Sport zu verstärken. Auf der Veranstaltung, zu der Brandenburgs Landesbehindertenbeauftragte Janny Armbruster eingeladen hatte, nahmen auch zahlreiche Expertinnen und Experten teil.
Landesbehindertenbeauftragte Janny Armbruster: „Im Lichte der wunderbaren Special Olympics World Games in diesem Sommer wurde uns noch einmal verdeutlicht, dass Sport eine universelle Sprache ist, die uns alle verbindet. Sport hat die Kraft, Menschen zusammenzubringen, Vorurteile abzubauen und Barrieren zu überwinden. Wir sind als Gesellschaft gefordert und durch die UN-Behindertenrechtskonvention dazu verpflichtet, die bestmöglichen Voraussetzungen für gelingende Inklusion zu schaffen. Dabei ist Sport ein wichtiger Schlüssel und Wegbereiter. Wer Sport treibt, überwindet persönliche Grenzen, stärkt sein Selbstvertrauen und fördert seine persönliche Entwicklung. Sport bietet eine Plattform für gemeinsame Erlebnisse und Erfahrungen. Nirgendwo kommen Menschen so schnell und direkt in Kontakt wie beim gemeinsamen Sporttreiben. Sport ermöglicht Teilhabe und fördert soziale Kontakte. Eine entscheidende Rolle bei der Umsetzung von Inklusion im und durch Sport spielen Sportvereine- und -verbände in den Kommunen. Denn sie sind diejenigen, die Menschen mit Behinderungen eine sportliche Heimat bieten und die notwendigen Rahmenbedingungen dafür schaffen.“
Jürgen Dusel, Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen: „Teilhabe durch Sport funktioniert nur, wenn Menschen mit Behinderungen eine Willkommenskultur in Sportvereinen erleben. Dafür braucht es neben Barrierefreiheit vor allem Offenheit und Expertise insbesondere der Trainerinnen und Trainer. Der schönste Sportverein nutzt aber nichts, wenn die Wege dorthin nicht barrierefrei sind. Daran sieht man, dass Inklusion themen- und ressortübergreifend gedacht werden muss.“
Menschen mit Behinderungen haben nach wie vor einen erschwerten Zugang zum Sport und sind in Sportvereinen entsprechend unterrepräsentiert. Etwa 55 Prozent aller Menschen mit einer Behinderung treiben keinen Sport. Bei Menschen ohne Behinderung liegt dieser Anteil lediglich bei 32 Prozent. Ausgehend von der Annahme, dass die Affinität zu Bewegung, Spiel und Sport sich bei Menschen mit und ohne Behinderungen nicht unterscheidet, muss von einem Zugangsproblem gesprochen werden.
Daher betonen die Behindertenbeauftragten in der „Potsdamer Erklärung“ die besondere Bedeutung von Sportevents wie den Paralympics, Deaflympics oder den Special Olympics, weil sie dazu beitragen, dass Menschen ohne Behinderungen ihre Haltung gegenüber Menschen mit Behinderungen positiv verändern. An Vertreterinnen und Vertreter von Medien wird appelliert, ihre Berichterstattung über solche Sportereignisse deutlich auszuweiten, um damit eine breite Öffentlichkeit erreichen zu können.
Darüber hinaus fordern die Beauftragten von Kreis-, Stadt- und Landessportbünden einen Ausbau der inklusiven Sportangebote und zur Finanzierung von der Politik die Auflage spezieller Förderprogramme. Auch zur Schaffung barrierefreier Sportstätten sollten Förderprogramme aufgelegt werden. Eine weitere Forderung betrifft den Schulsport: Um Kindern mit und ohne Behinderungen gleichermaßen die Teilnahme an allen Angeboten zu ermöglichen, sollten Übungsleiterinnen und -leiter entsprechend ausgebildet werden.
Die „Potsdamer Erklärung“ steht auf der Internetseite der Landesbehindertenbeauftragten https://msgiv.brandenburg.de zum Download bereit. Auf dieser Seite erscheint die Erklärung in Kürze auch in einfacher Sprache.
Quelle: Pressemitteilung Nr. 7/2023, Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen, Berlin, 17. November 2023
Prävention
Die Deutsche Herzstiftung e. V. – gegründet 1979 – ist heute die größte, gemeinnützige, unabhängige Anlaufstelle für Patienten und Interessierte im Bereich der Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Eine Erkrankung der Herzkranzgefäße – die koronare Herzkrankheit (KHK) – geht häufig einem plötzlichen Herztod und einem Herzinfarkt voraus. Dieses Risiko ließe sich deutlich reduzieren, wenn die KHK früher erkannt und behandelt würde. Wie lässt sich eine KHK konkret diagnostizieren? Und was ist dann zu tun? Lesen Sie mehr dazu in der aktuellen Herzwochen-Broschüre: „Herzkrank? Schütze Dich vor dem Herzstillstand!“, die Sie hier kostenfrei bestellen können.
Link zur Bestellmöglichkeit der informativen Broschüre: www.herzstiftung.de
ver.di
In den letzten zwei Jahrzehnten wandelte sich in der Gesellschaft und der Sozialpolitik der Blick auf Menschen mit Behinderungen: weg von einer Haltung der fremdbestimmten Fürsorge hin zur Forderung nach Selbstbestimmung, Teilhabe, Inklusion und Chancengleichheit. In diesem Zusammenhang wird kontrovers diskutiert, ob und wie Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) die Teilhabe am Arbeitsleben und Inklusion zukünftig gestalten können und sollen. Zudem stellt sich die Frage, wie das Entgeltsystem für Werkstattbeschäftigte transparent und nachhaltig zu gestalten ist.
Mit dem vorliegenden Diskussionspapier bringt sich ver.di als gewerkschaftliche Interessenvertretung der Fachkräfte in die Debatte über die Weiterentwicklung der Werkstätten ein. In dem Papier werden Vorschläge unterbreitet, wie sich Werkstätten weiterentwickeln müssen, um besser den veränderten Anforderungen einer selbstbestimmten, personenzentrierten Förderung gerecht zu werden. Dabei wird auch auf die Frage eingegangen, welches Personal es hierfür bedarf. Mit dem Fokus auf Fachlichkeit und Personalbemessung soll eine Leerstelle in der aktuellen Debatte gefüllt werden. Denn gesellschaftliche Teilhabe und Selbstbestimmung bleiben ein leeres Versprechen, wenn nicht gleichzeitig die Rahmenbedingungen für ein personenzentriertes Arbeiten aktiv gefördert werden. Zudem besteht die Gefahr, dass – so wie Inklusion aktuell diskutiert wird – jene Menschen auf der Strecke bleiben, die vergleichsweise schwerer auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu beschäftigen sind. Für sie könnten sich die Rahmenbedingungen verschlechtern. Deshalb bedarf es dringend einer umfassenden Strategie, die das Wunsch- und Wahlrecht aller Menschen in den Mittelpunkt stellt.
Link zur ver.di-Website Behindertenhilfe, Teilhabe- und Inklusionsdienste und PDF-Download: www.gesundheit-soziales-bildung.verdi.de
Medien-Tipp
Hintergrund der Entstehung dieses Filmes ist die seit 2017 enorm gestiegene Zahl von Rat und Selbsthilfe suchenden Menschen mit Flucht-/Zuwanderungsgeschichte und Behinderung. Viele haben die Flucht schon als Menschen mit Behinderungen begonnen oder erwarben eine Behinderung oder chronische Erkrankung erst auf der Flucht.
In diesem Film zeigen die Protagonist*innen auf, dass Vertreibung und Flucht für Menschen mit Behinderungen eine große Bedrohung darstellen. Die zentrale Fragestellung lautet: Wie werden Menschen mit welcher Beeinträchtigung auch immer, in Zeiten der Krise behandelt? Behält „am Ende“ die UN-Behindertenrechtskonvention oder doch die Ellenbogen Mentalität die Oberhand? Was ist notwendig, um gleichberechtigte Teilhabe und Selbsthilfe für alle zu erreichen?
Die Interviews mit Menschen mit Handicap aus sehr unterschiedlichen Kulturkreisen haben uns die Grausamkeiten von Tyrannei und Krieg vor Augen geführt! Es war für uns nicht einfach, diese Erlebnisse zu verarbeiten.
Realisiert durch die compagnons cooperative inklusiver film. Im Auftrag der Landesarbeitgemeinschaft Selbsthilfe behinderte Menschen Bremen e. V. Gefördert vom Senator für Kultur und Junge Szene Subkultur.
Dokumentarfilm mit UT, ca. 75 Min. Eine DVD ist hier bestellbar
G-BA
In Deutschland werden im internationalen Vergleich überdurchschnittlich viele Hüftgelenksoperationen durchgeführt – jährlich bei ca. 240 000 Patientinnen und Patienten. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat heute beschlossen, dass gesetzlich Versicherte künftig eine zweite ärztliche Meinung einholen können, wenn ihnen der Einsatz, der Wechsel oder auch die Entfernung einer Total- oder Teilprothese am Hüftgelenk empfohlen wird. Die als sogenannte Zweitmeiner tätigen Ärztinnen und Ärzte prüfen, ob die geplante Operation auch aus ihrer Sicht medizinisch wirklich notwendig ist. Zudem beraten sie die Versicherten zu möglichen Behandlungsalternativen. Voraussichtlich ab 1. Juli 2024 können ambulant oder stationär tätige Ärztinnen und Ärzte bei den Kassenärztlichen Vereinigungen eine Genehmigung beantragen, um Zweitmeinungen zu Hüftgelenksoperationen abgeben und mit den gesetzlichen Krankenkassen abrechnen zu dürfen.
Studie LUH
Große Aufregung in Hannover: eine Studie der Leibniz Universität Hannover weist der Stadt rassistisches Handeln gegen Roma nach. Das beobachtete Handeln der Behörden sei durchweg von der Absicht geprägt gewesen, die Menschen möglichst schnell wieder zu vergraulen. Dabei kam auch heraus: Kindern aus Roma-Familien werde außerordentlich oft der Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung zugeschrieben – selbst wenn deren Schulschwierigkeiten ganz offensichtlich andere Gründe haben. „Das hat man eigentlich immer gemacht“: Warum Schulen in Hannover Roma-Kinder als geistig behindert einstufen
Link zur Studie: www.bmi.bund.de
Passend dazu ist eine sehr interessante und lehrreiche Veröffentlichung der Bundeszentrale für Politische Bildung zu vermelden:
Jagdszenen aus Niederthann - Ein Lehrstück über Rassismus
Im November 1972 fallen auf einem Bauernhof im oberbayerischen Niederthann Schüsse. Diese töten eine junge schwangere Romni und verletzen eine andere junge Romni schwer. Der Schütze, der behauptet, in Notwehr auf die weglaufenden Opfer angelegt zu haben, ist ein angesehenes Mitglied der Dorfgemeinschaft.
Der Historiker Hans Woller hat den Fall, seine juristische Aufarbeitung, aber auch die gesellschaftliche und mediale Stimmung der Zeit rekonstruiert und zeigt, wie tief Ressentiments und Hass gegenüber Sinti und Roma in der Nachkriegsgesellschaft verwurzelt waren. Solidarität und Anteilnahme im Niederthanner Fall galt in erster Linie nicht den Opfern, sondern dem Täter, für den Benefizveranstaltungen abgehalten wurden und der von der Unterstützung hochrangiger lokaler Vertreter aus Politik und Kirche profitierte. Und auch juristisch konnten die Hinterbliebenen der getöteten Romni kaum auf Unterstützung hoffen, während über den Todesschützen ein vergleichsweise mildes Urteil gesprochen wurde.
Für den Autor ergibt sich so ein Lehrstück über Rassismus gegenüber einer Gruppe, die bis heute massiver Diskriminierung ausgesetzt ist.
Link zum Buch: www.bpb.de
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