Liebe Kolleginnen und Kollegen,
….. während sich die Corona-Regeln im Lande gefühlt alle zwei Tage ändern und dann wieder doch nicht, gibt es Corona anderorts gar nicht. Die Inselstaaten Kiribati, Nauru und Palau im Pazifischen Ozean sind nach Meldungen des Auswärtigen Amtes wahrscheinlich die letzten Staaten der Erde, die noch nicht von Sars-CoV-2 betroffen sind. Aber es gibt auch andere Fälle: Der Vizepräsident von Tansania hatte schon letztes Jahr nach einem dreitägigen Gebet die Pandemie für beendet erklärt. Jetzt ist er – mutmaßlich an COVID-19 – verstorben. Die Regierung von Madagaskar lässt seine Bevölkerung nicht impfen, sondern empfiehlt vorbeugend und zur Behandlung einen Kräutertrank auf der Basis von Beifuß (Artemisia vulgaris), eine Pflanzenart aus der Familie der Korbblütler.
Da scheint doch die Situation in unserem Lande vergleichsweise gut geordnet …… also wenn man davon absieht, dass sich einige gewählte Volksvertreter im Zusammenhang mit der Maskenbeschaffung systematisch und Übelkeit erregend bereichert haben, die Apotheker für jede ausgegebene FFP2-Maske 6 Euro vom Bund bekommen, sie jedoch für ca. 1,50 Euro eingekauft haben, die Intensivmediziner vor einer Überlastung der Intensivstationen warnen und gleichzeitig weitgehende Lockerungen angekündigt werden, dass sonnenhungrige Mallorca-Fans im Hunderterpack in Flugzeuge steigen dürfen, aber die Ferienwohnung im Sauerland leer stehen muss…..
Zudem heißt es auch in Coronazeiten in fröhlicher Manier im Lande: „Wer hat, dem wird gegeben!“ Ließ sich BMW bspw. für 20.000 Beschäftigte in Kurzarbeit fast die gesamten Lohnkosten (inklusive AG-Beiträge zu Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung) erstatten, zahlte das Unternehmen im Mai 2020 1,64 Mrd. Euro an Dividenden aus. Auch der Daimler-Konzern zeigt, dass er seinen Aktionären mehr Sympathien entgegenbringt, als seinen Beschäftigten und uns Steuerzahlern: „Den Daimler-Beschäftigten, denen durch den Sparplan von Daimler-Chef Ola Källenius die Löhne gekürzt wurden oder denen die Kündigung droht, ist nicht vermittelbar, dass die Aktionärinnen und Aktionäre 1,4 Milliarden Euro erhalten sollen“, so der Dachverband der Kritischen Aktionäre.
Angesichts der Tatsache, dass die Pandemie Menschen mit geringem Einkommen, prekärer Beschäftigung, Erkrankung, Behinderung oder Migrationsgeschichte heftiger trifft, ist dies mit dem Wort „Skandal“ unzureichend beschrieben. Frankreich, Dänemark und Schweden haben das anders geregelt: Finanzhilfen gibt es nur, wenn Unternehmen vorübergehend keine Gewinne ausschütten. Noch nicht entschieden ist, wer die ungeheuren Schuldenberge, nach hoffentlich bald überstandener Pandemie, abtragen wird. Die beiden Großaktionäre von BMW, Klatten und Quandt, könnten von ihren 769 Mio. Euro Dividende doch sicher etwas abzwacken, oder?
Ich höre jetzt mal auf, sonst kommt noch jemand auf die Idee, unser Land mit irgendeinem Land auf diesem Planeten zu vergleichen, in dem Korruption blüht, Großaktionäre systemrelevanter als Pflegekräfte sind oder einem Land, das keinen konsistenen Plan zur Bekämpfung einer Pandemie hat.
Es gibt aber auch Staaten, die hätten einen Plan, aber kein Geld, um genügend Impfstoff zu kaufen. Stand Ende März haben 20 Länder laut WHO-Angaben noch keine Impfdose erhalten! Die internationale Covax-Initiative will eine faire weltweite Verteilung von Corona-Impfstoffen erreichen. Leider bleibt es zurzeit beim guten Vorsatz. Die EU hat Covax zwar eine Milliarde Euro zur Verfügung gestellt, aber kaum Impfstoff. Eine Pandemie ist erst dann vorbei, wenn sie weltweit besiegt ist. Experten warnen im Zusammenhang mit diesem „Impf-Egoismus“ vor einem Anstieg der Migrationszahlen im Mittelmeerraum. Übrigens: Hinter jeder „Migrationszahl“ stehen Menschenleben!

Im Zusammenhang mit der augenblicklichen Lage erreichte mich eine Information, die ich gern weitergebe: Die Zahlen der Blut- und Plasmaspenden sind situationsbedingt nicht auf dem normalen Stand. Diese Spenden werden aber weiterhin dringend benötigt. Blut- und Plasmabestandteile werden z.B. zur Herstellung von Medikamenten benötigt, die gegen Autoimmunkrankheiten eingesetzt werden. Und diese Medikamente werden eben auch in Pandemiezeiten benötigt! Spenden sind auch in dieser Zeit unter den besonderen Vorkehrungen möglich. Erst wenn`s fehlt, fällt es auf: wer kann, sollte sich informieren und spenden gehen!
Während wir uns heutzutage in unserem Land und in Europa weiterhin darum streiten und kämpfen müssen, dass die Umwelt barrierefrei gestaltet wird, waren die alten Griechen offensichtlich schon weiter. Wie Archäologen berichten, waren viele Bauwerke über Rampen zu betreten, die Akropolis hat eine, die gleich 80 Meter lang ist. Bilder und Untersuchungen an Skeletten weisen darauf hin, dass es viele Menschen mit eingeschränktem Gehvermögen gab. Sollten die Architekten und Bauherren im 4. und 5. Jahrhundert vor Chr. schon weitergedacht haben, als viele der Verantwortlichen heute?
Das sogenannte Barrierefreiheitsgesetz schlägt hohe Wellen. Wohl aufgrund der diesjährigen Bundestagswahl und anschließender Regierungsbildung muss man das Gesetz möglichst schnell abarbeiten, was nach Meinung vieler engagierter Menschen und Verbände auf Kosten des Inhalts geht! „So oder so kostet die bisherige Untätigkeit der Regierung den Menschen mit Behinderungen wertvolle Partizipationsmöglichkeiten bei einem der wichtigsten Gesetze für Inklusion und Teilhabe der letzten 20 Jahre. Umso fassungsloser müssen wir erleben, dass die Bundesregierung am 02.03.2021 ein über 100-Seiten starken Entwurf vorlegte und bereits 6 Werktage später, nämlich am 09.03.2021 eine entsprechende Anhörung durchführte. Für die Abgabe von schriftlichen Stellungnahmen wurden großzügig ganze 9 Werktage eingeräumt“, so Raul Krauthausen. Weitere Informationen zum Thema gibt es in diesem InfoBrief.
Von einem deutschen Großprojekt ist einmal mehr zu berichten. Ist es nur ein Versehen, dass – wie REPORT MAINZ berichtete – bei den Evakuierungsplänen für den Bahnhof der Zukunft, Stuttgart 21, Fahrgäste, die in ihrer Mobilität beeinträchtigt sind, für die Simulation nicht berücksichtigt wurden? Das betrifft natürlich vor allem Familien mit Kindern, ältere und behinderte Menschen. Die Anwälte des Konzerns räumen in dem Schreiben, das REPORT MAINZ vorliegt, tatsächlich ein, „dass mobilitätseingeschränkte Personen nicht betrachtet wurden“. Ein Betroffener bringt es in der Sendung auf den Punkt: menschenverachtend!
„Mitbestimmung hält gesund!“ – das ist das Fazit einer empirischen Studie der Hans-Böckler-Stiftung. Wenn es einen Betriebsrat gibt, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass es im Unternehmen mehr betriebliche Gesundheitsförderung gibt. Ein gewichtiges Argument, die Betriebsratswahlen 2022 gut vorzubereiten und das Thema Gesundheitsförderung in den Fokus zu stellen.
Zu guter Letzt einige Sätze in eigener Sache: Dies ist die 49. Ausgabe vom SBV-InfoBrief. Die 23 Ausgaben der letzten zwei Jahre sind in Zusammenarbeit mit dem Bildungswerk ver.di in Niedersachsen erschienen. Eine Zusammenarbeit, die großen Spaß macht und mir die Sache sehr erleichtert! Das PDF des InfoBriefes hat ein neues Layout. Mir gefällt es sehr gut. Wie ist Eure Meinung? Vielen Dank für das gestalterische und technische Know How! Weiter so und auf ein Neues für viele weitere Ausgaben!
Mit freundlichen und zuversichtlichen Grüßen
Jürgen Bauch
ver.di-Tagung
Am 17.2.2021 fand die Online-Fachtagung zur SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel statt. Rund 250 Interessenvertreterinnen und Interessenvertreter nahmen teil. Es ging in dem dichten Programm vor allem darum, für die Mitbestimmungsgremien konkrete Handlungsansätze zu skizzieren, um eine professionelle Vertretung der Interessen der Beschäftigten sicherzustellen.
Ein Tagungsbericht ist hier nachzulesen: www.arbeitsmarkt-und-sozialpolitik.verdi.de
Aus dem Bundestag
Opferzahlen zu ausgewählten Straftaten im Gesundheitswesen gegen Menschen mit Behinderungen listet die Bundesregierung in ihrer Antwort (19/26798) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion (19/26383) auf. Danach stieg die Zahl der Menschen mit Behinderungen, die im Gesundheitswesen Opfer einer Straftat wurden, laut Polizeilicher Kriminalstatistik von 365 im Jahr 2015 auf 555 im Jahr 2019.
hib - heute im bundestag | Nr. 258 | Mo., 1. März 2021
Aus dem Bundestag
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat eine Kleine Anfrage (19/27041) zu Integrationskursen für Menschen mit Behinderungen gestellt. Die Abgeordneten wollen von der Bundesregierung unter anderem Auskunft zur Zahl der Angebote für hörbeeinträchtigte oder gehörlose Menschen, zum Einsatz von Gebärdendolmetschern und zur Zahl der Kurse für blinde und sehbeeinträchtigte Menschen.
hib - heute im bundestag | Nr. 277 | Mi., 3. März 2021
Aus dem Bundestag
Die außeruniversitären Forschungseinrichtungen sollen mehr Verantwortung und Engagement für die Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen übernehmen, fordert die FDP-Fraktion einem Antrag (19/27175).
Dabei soll auf die außeruniversitären Forschungseinrichtungen in der Weise hingewirkt werden, dass der Anteil von fünf Prozent der Stellen, die laut Gesetz mit Menschen mit Behinderungen zu besetzen sind, stufenweise umgesetzt wird. Damit sollen die öffentlichen Forschungseinrichtungen ihrer Vorbildfunktion stärker gerecht werden. Zudem sollen die außeruniversitären Forschungseinrichtungen dazu aufgefordert werden, die Steuerungsverantwortung zum Thema Menschen mit Behinderung in den einzelnen Zentren der außeruniversitären Forschungseinrichtungen zu optimieren und dafür zu sorgen, dass in jedem Zentrum eine Inklusionsbeauftragte oder ein Inklusionsbeauftragter beschäftigt ist. Ferner soll die Bekanntheit der außeruniversitären Forschungseinrichtungen als Arbeitgeber gerade für Menschen mit Behinderung vergrößert und die bauliche wie informationelle Barrierefreiheit der außeruniversitären Forschungseinrichtungen erhöht werden.
hib - heute im bundestag | Nr. 283 | Mi., 3. März 2021
Aus dem Bundestag
Die Fraktion Die Linke fordert, die gesellschaftliche Teilhabe von Menschen mit Behinderungen deutlich zu verbessern. In einem Antrag (19/27299) begründet sie ihre Initiative unter anderem damit, dass das Bundesteilhabegesetz (BTHG) für die Koalitionsfraktionen von Beginn an unter Kostenvorbehalt gestanden habe. Neu geschaffene Teilhabeleistungen sollten nicht zu höheren Kosten führen, entsprechend sei der leistungsberechtigte Personenkreis nicht ausgeweitet worden. Betroffene Leistungsberechtigte würden nach Inkrafttreten des BTHG von Kürzungen des Bedarfs und der bewilligten Leistungen berichten. „Das ist völlig inakzeptabel“, schreibt Die Linke.
Sie fordert, das gesamte Teilhaberecht grundlegend zu überarbeiten, die Teilhabeleistungen menschenrechtskonform auszugestalten und die Leistungen bedarfsdeckend und solidarisch zu finanzieren. Voraussetzung dafür müssten unter anderem eine flächendeckende inklusiv ausgestaltete barrierefreie Infrastruktur und bundesweit einheitliche Kriterien für die Ansprüche und Bedarfe der Leistungsberechtigten sein. Anspruch auf Leistungen sollen alle Menschen mit Behinderungen oder von Behinderung bedrohte Menschen erhalten, unabhängig von Art und Ursache der Behinderung, fordert die Fraktion.
hib - heute im bundestag | Nr. 299 | Di., 9. März 2021
Aus dem Bundestag
Die FDP-Fraktion hat eine Kleine Anfrage (19/27116) zur Barrierefreiheit in Europa gestellt. Sie möchte von der Bundesregierung unter anderem Details zur Umsetzung einer entsprechenden EU-Richtlinie in Deutschland und deren Auswirkungen auf Unternehmen erfahren. Dabei interessiert die Liberalen vor allem die Situation von Kleinstunternehmen.
hib - heute im bundestag | Nr. 305 | Di., 9. März 2021
Die Bundesregierung plant, ein Beratungsangebot für Kleinstunternehmen bei der Bundesfachstelle für Barrierefreiheit zu schaffen. Das schreibt sie in ihrer Antwort (19/27575) auf eine Kleine Anfrage (19/27116) der FDP-Fraktion zum Thema Barrierefreiheit in Europa.
Die Bundesregierung habe derzeit aber nicht vor, technische Hilfsmittel (automatisierte Tools für die Erstellung von weitgehend barrierefreien Internetseiten) für Kleinstunternehmen zu fördern, heißt es in der Antwort weiter. Automatisierte Tools alleine reichten nicht aus, um Websites barrierefrei zu gestalten. Werde die barrierefreie Gestaltung in den wesentlichen Elementen der Websites von Anfang an mit eingeplant, so sei Aufwand überschaubar.
hib - heute im bundestag | Nr. 390 | Do., 25. März 2021
Recht
Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, jeden Arbeitnehmer anlasslos und gleichsam prophylaktisch auf den Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen hinzuweisen. Solange er nicht weiß, dass der Arbeitnehmer ein schwerbehinderter Mensch ist, braucht er einen Zusatzurlaub nicht anzubieten.
LAG Rheinland-Pfalz, 14.01.2021, 5 Sa 267/19
Link zum Urteil: www.landesrecht.rlp.de
Aus dem Bundestag
Die Bundesregierung will die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen stärken. In dem von ihr vorgelegten Entwurf für ein Teilhabestärkungsgesetz (19/27400) geht es um zahlreiche Änderungen in den Sozialgesetzbüchern, die den Alltag von Menschen mit Behinderungen erleichtern sollen.
Die Regelungen betreffen unter anderem die Betreuung von Rehabilitanden im SGB II und III (Zweites und Drittes Buch Sozialgesetzbuch), ihre Betreuungssituation in den Jobcentern soll sich verbessern.
Bei der Leistungserbringung in der Eingliederungshilfe nach SGB IX (Neuntes Buch Sozialgesetzbuch) sollen die Kriterien für die Berechtigung zu Leistungen entsprechend dem Konzept der Arbeitsgruppe „Leistungsberechtigter Personenkreis“ durch Orientierung an den Begrifflichkeiten der UN-Behindertenrechtskonvention und der ICF (Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit) angepasst werden.
Das SGB IX soll dahingehend ergänzt werden, dass die dort genannten Leistungserbringer geeignete Maßnahmen treffen sollen, um zu gewährleisten, dass Menschen mit Behinderungen und von Behinderung bedrohte Menschen vor Gewalt geschützt werden.
Mit dem Budget für Ausbildung sollen auch Menschen mit Behinderungen gefördert werden können, die sich schon im Arbeitsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen oder eines anderen Leistungsanbieters befinden.
Mit der Änderung des Behindertengleichstellungsgesetzes (BGG) soll geregelt werden, dass Menschen mit Behinderungen der Zutritt nicht wegen einer Begleitung durch einen Assistenz- oder Blindenführhund verweigert werden darf. Dies soll sich bei den Duldungsverpflichteten nicht auf Träger öffentlicher Gewalt beschränken, sondern auch private natürliche und juristische Personen erfassen. Der Geltungsbereich des BGG wird damit ausgeweitet. Ferner sind Änderungen bei der Assistenzhundeausbildung geplant.
hib - heute im bundestag | Nr. 319 | Do., 11. März 2021
Schluss mit Diskriminierung
Es ist skandalös: In Deutschland gibt es kein Gesetz, das die Privatwirtschaft zur Barrierefreiheit verpflichtet! Hierzulande darf die Wirtschaft ausgrenzen und diskriminieren. Nahezu 90% aller Einzelhandelsgeschäfte sind nur über Stufen erreichbar und die meisten Medien sind für Gehörlose und Blinde nicht nutzbar. Andere Länder, wie Österreich oder die USA, haben die Pflicht zur Herstellung von Barrierefreiheit in allen Lebensbereichen in Gesetze verankert - zum Teil seit Jahrzehnten.
Doch jetzt will die Bundesregierung ein sogenanntes Barrierefreiheitsgesetz (BFG) in kürzester Zeit - ohne echte Anhörung von Betroffenen - durch den Bundestag pauken. Es hört sich großartig an, aber inhaltlich wird fast nichts geregelt:
- Keine grundsätzliche Verpflichtung zur Barrierefreiheit
- Keine Regeln um Orte baulich zugänglich zu machen
- Keine Mechanismen um Barrieren in unterschiedlichen Branchen abzubauen.
Es fehlt schlicht das #Barrierefreiheitsrecht.
Link zur Online-Petition: www.change.org
Tipp
Durch Corona bedingt gibt es einen großen Bedarf an Videokonferenzsystemen (VCS). Das Angebot auf den Markt ist sehr unterschiedlich – so wie sich auch der Bedarf unterscheidet.
Auf der Website von Wolfgang Wiese gibt es gute Informationen zum Thema: www.xwolf.de
Barrieren brechen – Ein Projekt der Sozialheld*innen
Im Jahr 2019 verabschiedete das Europa-Parlament einen kleinen, aber entscheidenden Meilenstein für barrierefreie Gestaltung unserer Gesellschaft. Mit dem European Accessibility Act (EAA) wurden die Mitgliedsstaaten der EU verpflichtet, nationale Gesetze für barrierefreie Webseiten, Medien und elektronische Geräte zu schaffen. Deutschland muss dies bis zum 28. Juni 2022 umsetzen. Die Regelung selbst tritt dann aber erst im Jahr 2025 in Kraft. Der EAA sieht dann aber nochmals eine Übergangsfrist für viele Branchen von bis zu 20 Jahren vor. So müssten beispielsweise Geldautomaten erst im Jahr 2045 für alle Menschen zugänglich sein. Ob es dann noch Geldautomaten gibt ist hingegen fraglich.
Aber zurück in unsere Zeit: Zwar hätte die Regierung bis ins Jahr 2022 Zeit zur Umsetzung, doch aufgrund der diesjährigen Bundestagswahl und anschließender Regierungsbildung wird es knapp. Entweder es wird jetzt bis zur Sommerpause ein entsprechendes Gesetz durchs Parlament gepeitscht oder eine neue Regierung müsste innerhalb weniger Wochen als einer der ersten Amtshandlungen ein entsprechendes Gesetz auf den Weg bringen. So oder so kostet die Untätigkeit der Regierung den Menschen mit Behinderungen wertvolle Partizipationsmöglichkeiten bei einem der wichtigsten Gesetze für Inklusion und Teilhabe der letzten 20 Jahre. Umso fassungsloser müssen wir erleben, dass die Bundesregierung am 02.03.2021 ein über 100-Seiten starken Entwurf vorlegte und bereits 6 Werktage später, nämlich am 09.03.2021 eine entsprechende Anhörung durchführte. Für die Abgabe von schriftlichen Stellungnahmen wurden großzügig ganze 9 Werktage eingeräumt.
Bei dem Gesetz zur für Menschen mit Behinderung dieser Legislaturperiode lässt man also den größtenteils ehrenamtlichen Interessensvertretungen 9 Werktage für das Lesen, Analysieren und Erarbeiten von Hinweisen und Verbesserungsvorschlägen. Damit ist bereits vor Einbringung des Gesetzes ein wesentliches Merkmal der UN-Behindertenrechtskonvention gebrochen:
„Bei der Ausarbeitung und Umsetzung von Rechtsvorschriften und politischen Konzepten zur Durchführung dieses Übereinkommens und bei anderen Entscheidungsprozessen in Fragen, die Menschen mit Behinderungen betreffen, führen die Vertragsstaaten mit den Menschen mit Behinderungen, einschließlich Kindern mit Behinderungen, über die sie vertretenden Organisationen enge Konsultationen und beziehen sie aktiv mit ein.“ - Art. 4 Abs. 3 UN-Behindertenrechtskonvention
Damit aber nicht genug. Obwohl das Gesetz nur 1:1 die Forderungen aus dem EAA umzusetzen versucht und damit nur in einem kleinen Teil – vornehmlich der elektronischen Medien/Kommunikation und interaktiven Endgeräten und Terminals – Barrierefreiheit vorschreibt, möchte die Regierung das Gesetz großspurig „Barrierefreiheits-Gesetz“ nennen.
Ein Schlag ins Gesicht jener Betroffener, die seit Jahren für mehr Barrierefreiheit – insbesondere in der Privatwirtschaft – kämpfen. Denn auch wenn z.B. Ticket-Automaten für den Fernverkehr barrierefrei sein müssen, bezieht sich dies nur auf den Ticket-Automaten selbst. Er kann und darf weiterhin beispielsweise auf einem Podest oder in einem Gebäudeteil stehen, welches völlig unzugänglich für Menschen mit Behinderung ist. Geschäfte, Restaurants und andere Einrichtungen sind quasi gar nicht betroffen und dürfen weiterhin Menschen aufgrund fehlender Barrierefreiheit ausgrenzen.
Kurz: Das Gesetz hat den Namen nicht verdient.
Dies und viele weitere Kritikpunkte haben wir in unserer Stellungnahme an das Bundesministerium für Arbeit und Soziales gesendet.
Quelle: www.barrierenbrechen.de
Bündnis für ein gutes Barrierefreiheitsrecht
Der Gesetzgebungsprozess für gesetzliche Regelungen in Sachen Barrierefreiheit nimmt nun Fahrt auf. Am 24. März soll der Gesetzentwurf zur Umsetzung der EU-Barrierefreiheitsrichtlinie zum European Accessibility Act (EAA) im Bundeskabinett beschlossen werden, so dass er noch vor der Sommerpause vom Bundestag verabschiedet werden kann. Die Anhörung hat gezeigt, dass noch viel Luft nach oben für Änderungen durch die Abgeordneten ist. Am 26. März findet wahrscheinlich die erste Debatte des Teilhabestärkungsgesetzes im Bundestag statt. Hier schlägt das Forum behinderter Juristinnen und Juristen Änderungen für mehr Barrierefreiheit im Behindertengleichstellungsgesetz vor. Link zum Vorschlag des Forums behinderter Juristinnen und Juristen: www.barrierefreiheitsgesetz.org
Hier einige Punkte, mit denen wir hoffentlich gemeinsam den Druck für unsere Forderungen erhöhen können:
Unterstützung der 100 Tage Aktion
Wichtig ist, dass wir die Öffentlichkeit und vor allem die Abgeordneten nun verstärkt mit unseren Forderungen zur Barrierefreiheit und den enormen Benachteiligungen behinderter Menschen durch Barrieren erreichen. Deshalb ist jede Verbreitung der nun täglich kommenden Aktionen und Infos per Facebook, Twitter etc. hilfreich. Auf www.kobinet-nachrichten.org und auf www.barrierefreiheitsgesetez.org werden nun täglich Meldungen verbreitet, bei denen die verbleibenden Tage heruntergezählt und inhaltlich mit Themen verbunden werden. Auf Facebook und Twitter findet man unter kobinet oder kobinet-nachrichten die entsprechenden Posts, die gerne geteilt und getweetet werden dürfen. Wenn Sie Bilder von Barrieren mit einer Beschreibung, wo und wie diese die Teilhabe behinderter Menschen einschränken, haben, die wir veröffentlichen dürfen, könnten Sie diese gerne an info@barrierefreiheitsgesetz.org mailen. Natürlich sind wir auch an Aktionen in Sachen Barrierefreiheit interessiert, die Sie planen.
Weitere Unterstützerinnen und Unterstützer für Kampagne gesucht
Weitere Einzelpersonen und Organisationen, die die Kernpunkte der Kampagne unterstützen, sind herzlich willkommen. Es wäre prima, wenn Sie hier Akteurinnen und Akteure aus Ihrer Organisation bzw. Ihrem Umfeld zur Eintragung als Unterstützerinnen und Unterstützer gewinnen könnten, so dass wir diese in unseren Kampagnenverteiler mit aufnehmen können. Die Eintragung ist unter folgendem Link möglich:
www.barrierefreiheitsgesetz.org
Aktivitäten zum Protesttag vom 24. April bis 9. Mai
Die Aktion Mensch nimmt sich dieses Jahr dem Thema Barrierefreiheit in mehrfacher Hinsicht an. Einerseits wurde zum 1. März ein Förderprojekt unter dem Motto #1BarriereWeniger mit dem Ziel in einem Jahr 2.000 Barrieren abzubauen gestartet. Hier der Link: www.aktion-mensch.de
Andererseits unterstützt die Aktion Mensch auch dieses Jahr wieder Aktivitäten zum Protesttag für die Gleichstellung behinderter Menschen in der Zeit vom 24. April bis zum 9. Mai durch eine Förderung und Materialien unter dem Motto „Deine Stimme für Inklusion“. Dies könnte gute Möglichkeiten bieten, in der heißen Phase der Gesetzgebungsprozesse zur Barrierefreiheit entsprechenden Druck auf die Abgeordneten zu entfalten und Öffentlichkeitsarbeit zum Thema Barrierefreiheit zu betreiben. Link zu weiteren Infos zum Protesttag: www.aktion-mensch.de
Ich hoffe, dass ich Sie mit diesen Informationen dazu ermutigen konnte, sich in den nächsten Wochen engagiert für ein gutes Barrierefreiheitsrecht einzusetzen. Denn die Chance, dass derartige Gesetzgebungsprozesse sozusagen in Wahlkampfzeiten zum Ende der Legislaturperiode anstehen, bekommen wir wohl so schnell nicht wieder. Jetzt ist also die Zeit, gemeinsam mit vereinten Kräften sich für Barrierefreiheit einzusetzen. Und dies werden wir auch nur gemeinsam mit ganz vielen verschiedenen Akteurinnen und Akteure schaffen. Es gilt also gezielt vor allem die Abgeordneten von CDU/CSU und SPD anzusprechen und auf die Notwendigkeiten schneller und guter Regelungen zur Barrierefreiheit hinzuweisen.
Weitere und stets aktuelle Infos gibt’s auf www.barrierefreiheitsgesetz.org
Quelle: Bündnis für ein gutes Barrierefreiheitsrecht, c/o NETZWERK ARTIKEL 3
Forderungspapier des Deutschen Behindertenrats (DBR) zur Umsetzung des European Accessibility Acts (EAA) in Deutschland
Deutsches Institut für Menschenrechte
Mobilität ist eine elementare Grundvoraussetzung für gesellschaftliche Teilhabe und für eine selbstbestimmte Lebensgestaltung. Die UN-Behindertenrechtskonvention verpflichtet die Vertragsstaaten, Rahmenbedingungen zu schaffen, die gewährleisten, dass Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt Zugang zu Mobilitätsangeboten haben.
Das Personenbeförderungsgesetz dient als Ordnungsrahmen für die örtliche Organisation des öffentlichen Verkehrs. Mit dem Gesetz wird eine Rechtsgrundlage für neue digitale Mobilitätsangebote/-dienste und Geschäftsmodelle geschaffen, die auf den Markt drängen, z. B. zur Vermittlung von (Sammel-)Fahrten per App- bzw. Smartphone-Steuerung.
Das Institut begrüßt, dass in dem Gesetzesentwurf (BT-Drucksache 19/26175) Barrierefreiheit berücksichtigt wurde, weist jedoch nachdrücklich darauf hin, dass es nicht ausreicht, wenn nur Teile der Beförderungskette barrierefrei sind, sondern dass jeder Aspekt der Beförderung barrierefrei auszugestalten ist.
PDF-Download: www.institut-fuer-menschenrechte.de
Der Bundesbeauftragte
Behindertenbeauftragte fordern: Menschen mit Behinderungen dürfen in der Impfreihenfolge nicht immer weiter nach hinten rutschen.
In einer gemeinsamen Erklärung fordern die Behindertenbeauftragten von Bund und Ländern heute, Menschen mit Behinderungen in der Impf-Priorisierung nicht immer weiter nach hinten rutschen zu lassen: „Sie dürfen nicht die Leidtragenden sein, wenn immer mehr Gruppen ohne Vorerkrankungen vorgezogen werden“, so die Beauftragten.
Die fünf Kernforderungen der Beauftragten:
- Es dürfen keine weiteren Gruppen in die Impfpriorisierungsliste der CoronaImpfV aufgenommen werden, wenn sie nicht selbst ein erhöhtes Risiko für einen schweren bis tödlichen Verlauf haben oder Kontaktpersonen sind.
- Es muss strikt nach der Reihenfolge der Impfverordnung geimpft werden.
- Innerhalb der Priorisierungsgruppen müssen zuerst die Personengruppen mit einem Risiko für einen schweren bis tödlichen Verlauf geimpft werden.
- Für Kinder mit Behinderungen oder Vorerkrankungen, die selbst nicht geimpft werden können, aber ein erhöhtes Risiko für einen schweren bis tödlichen Krankheitsverlauf haben, darf die Impfung der Kontaktpersonen nicht zahlenmäßig begrenzt werden.
- Zur Optimierung der Einzelfall-Verfahren beauftragen die Länder die behandelnden Ärztinnen und Ärzte mit der Beurteilung des Risikos für einen schweren bis tödlichen Krankheitsverlauf. Die Länder sollen von der Möglichkeit nach § 6 Abs. 6 CoronaImpfV entsprechend Gebrauch machen.
Die komplette Erklärung finden Sie beigefügt.
Für O-Töne stehen die aktuelle Vorsitzende der Konferenz der Beauftragten aus Bund und Ländern der Menschen mit Behinderungen, Frau Christine Braunert-Rümenapf (Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderungen) und Jürgen Dusel (Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen) gerne zur Verfügung.
Quelle: Pressemitteilung Nr. 08/2021, Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen, Berlin, 17. März 2021
Europäische Kommission
Im März 2021 hat die Europäische Kommission die Strategie für die Rechte von Menschen mit Behinderungen 2021-2030 angenommen.
Die Strategie baut auf den Ergebnissen der vorangegangenen Europäischen Strategie zugunsten von Menschen mit Behinderungen 2010-2020 auf, die den Weg für ein barrierefreies Europa geebnet und Menschen mit Behinderungen in die Lage versetzt hat, ihre Rechte wahrzunehmen und uneingeschränkt am gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben teilzuhaben. Trotz der Fortschritte der vergangenen zehn Jahre stoßen Menschen mit Behinderungen immer noch auf große Hindernisse und sind stärker von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht.
Mit dieser Strategie soll sichergestellt werden, dass alle Menschen mit Behinderungen in Europa ungeachtet ihres Geschlechts, ihrer ethnischen Herkunft, ihrer Religion oder Weltanschauung, ihres Alters oder ihrer sexuellen Ausrichtung
- ihre Menschenrechte wahrnehmen können,
- Chancengleichheit sowie gleichberechtigten Zugang zur Teilhabe am gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben genießen,
- frei entscheiden können, wo, wie und mit wem sie leben,
- sich unabhängig von ihrem Unterstützungsbedarf frei in der EU bewegen können
- und keinerlei Diskriminierung mehr erfahren.
Weitere Informationen: www.ec.europa.eu
DGB-Positionspapier
Das betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) ist ein wirksames Instrument zur Arbeitsplatzsicherung. Das BEM gilt, unabhängig vom Vorliegen einer Behinderung, für alle Beschäftigten, die innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig sind. Von vielen Unternehmen wird dieses Instrument, obwohl es seit Mai 2004 gesetzlich vorgeschrieben ist (§ 167 Abs. 2 SGB IX), nicht oder nicht im Sinne der gesetzlichen Intention, den Arbeitsplatz zu erhalten, genutzt.
Beschäftigte, die längere Zeit erkrankt sind, haben oftmals Sorge, ihren Arbeitsplatz zu verlieren. Krankheitsbedingte Kündigungen sind möglich und üblich. Das betriebliche Eingliederungsmanagement ist ein gesetzliches Instrument, das hier helfen kann.
Angesichts der Corona-Pandemie appellieren ver.di und der DGB an die Koalitionsparteien, die Verabredung zur Stärkung des BEM aus dem Koalitionsvertrag endlich umzusetzen und Beschäftigten mit gesundheitlichen Langzeitfolgen nach einer Covid-19-Erkrankung mehr Schutz und Sicherheit zu geben.
Der DGB hat ein Positionspapier veröffentlicht, in dem die Anforderungen zur Weiterentwicklung des betrieblichen Eingliederungsmanagements formuliert sind und auf das wir an dieser Stelle hinweisen.
GBA
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat heute die Corona-Sonderregeln für die Ausstellung von Krankschreibungen, für ärztlich verordnete Leistungen und Krankentransporte sowie für die telefonische Beratung in der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung über den 31. März hinaus um weitere drei bzw. sechs Monate verlängert. Er reagiert damit auf das anhaltend hohe Infektionsgeschehen. Ziel ist es, Arztpraxen zu entlasten und direkte Arzt-Patienten-Kontakte so gering wie möglich zu halten.
Quelle: Pressemitteilung: G-BA verlängert Corona-Sonderregeln, Berlin, 18. März 2021
Studie
Eine aktuelle repräsentative Studie des Sinus-Instituts, beauftragt von der Aktion Mensch, zeigt, dass Frauen mit Schwerbehinderung auf dem Arbeitsmarkt doppelt benachteiligt sind: Als Frau und als Mensch mit Behinderung. Aktion Mensch fordert deshalb einen gesellschaftlichen Bewusstseinswandel im Sinne einer gerechten Teilhabe am Arbeitsleben sowie ein Bekenntnis zu Inklusion und Gendergerechtigkeit.
Die Studie umfasst die Befragung von rund 2.000 Erwerbstätigen im Alter von 18 bis 64 Jahren mit elf leitfadengestützten Tiefeninterviews. Ihre Ergebnisse wurden anlässlich des Internationalen Frauentages am 8. März 2021 veröffentlicht. Die Studie zeigt: Frauen mit Schwerbehinderung sind auf dem Arbeitsmarkt von doppelter Diskriminierung betroffen: Sie bilden das Schlusslicht bei Lohn sowie Vollzeit- und Führungspositionen und sind durch Haushalts- und Familienaufgaben besonders belastet. Grundlage der Studie ist ein erstmaliger systematischer Vergleich der Erwerbssituation von Frauen mit und ohne Schwerbehinderung sowie den entsprechenden männlichen Bevölkerungsgruppen.
Die Studie bestätigt, dass Gender und Behinderung einen wesentlichen Einfluss auf die Chancen am Arbeitsmarkt in Deutschland haben. Christina Marx, Sprecherin der Aktion Mensch, erklärt: „Für viele Frauen mit Behinderung äußert sich die derzeitige Situation als ein Kampf um das berufliche Überleben – um sich im Arbeitsleben zu behaupten, müssen sie einer gleich zweifachen strukturellen Benachteiligung entgegentreten“.
Weitere Informationen: www.reha-recht.de
Transfernetzwerk Soziale Innovation
Welche Aspekte sind zu beachten, wenn öffentliche Veranstaltungen im Hochschulkontext barrierefrei ausgerichtet werden und damit zugänglich für alle Menschen unabhängig ihrer Beeinträchtigungen sein sollen? Dieser Frage widmet sich die 22 Seiten umfassende Handreichung „Barrierefreie Veranstaltungen in der Hochschule“.
Barrierefreiheit beginnt nicht erst am Tag der Veranstaltung, sondern ist auf vielem Ebenen zu beachten – so beim Einladungsschreiben, beim Anmeldeprozess, bei der Wegbeschreibung, der Durchführung der Veranstaltung, der Architektur und Technik vor Ort und selbst beim Catering. Dabei gelten unter anderem Fuß-Rad-Prinzip und das Zwei-Sinne-Prinzip (akustisch/optisch/taktil).
Es gibt verschiedene Dinge zu berücksichtigen. Die Handreichung möchte diejenigen dabei unterstützen, die eine öffentliche Fachveranstaltung im Hochschulkontext planen und durchführen wollen. Sie soll Interessierten helfen, die geplanten Veranstaltungen möglichst barrierefrei zu gestalten. Sie eignet sich vor allem für Präsenzveranstaltungen, bezieht sich aber auch auf den digitalen Bereich.
Die Handreichung ist in Zusammenarbeit des Transfernetzwerks Soziale Innovation – s_inn, Innovation-Lab Münster und Bochum, dem Bochumer Zentrum für Disability Studies (BODYS) der Evangelischen Hochschule Bochum (EvH) und dem Institut für Teilhabeforschung der Katholischen Hochschule (KatHO NRW) entstanden.
Der PDF-Download ist auf dieser Website möglich: www.s-inn.net
Deutschlandfunk @mediasres
Sternchen, Binnen-I, Doppelpunkt: Gendern ist schon lange ein Streitthema. Die Idee, Geschlechtervielfalt auch in Sprache abzubilden, halten ihre Kritiker vor allem für ein Ruinieren eben dieser Sprache. Auch für blinde und sehbehinderte Menschen ist das Gendern ein Problem – allerdings weniger ein ideologisches.
Ein Beitrag von Peter Weissenburger im Deutschlandfunk: www.deutschlandfunk.de
BMAS
Die Arbeiten zur „Repräsentativbefragung zur Teilhabe von Menschen mit Behinderungen“ schreiten voran. Zwischenzeitlich ist die Feldphase für die Durchführung von Interviews mit Betroffenen und Angehörigen abgeschlossen. Erfreulicherweise konnten trotz Corona-Pandemie alle geplanten Befragungen in Privathaushalten (n = 21.000 Menschen) sowie auch ein großer Teil der Interviews mit Menschen, die in Pflegeeinrichtungen und besonderen Wohnformen leben (n = 3500 Menschen), realisiert werden.
Ziel der Erhebung ist es, bestehende Forschungslücken zu schließen, um belastbare Aussagen über die Lebenswelt von allen Menschen mit Behinderungen und Beeinträchtigungen treffen zu können. Hierzu fehlte es bislang an repräsentativen Daten.
Der vierte Zwischenbericht referiert den Stand des Projektes bis zum Sommer 2020 und hat folgende inhaltliche Schwerpunkte:
- Erläuterungen zum neuen, ICF-basierten Konzept zur Messung von Beeinträchtigung und Behinderung, das sich an internationale Messkonzepte anschließt.
- Darstellung erster Befragungsergebnisse zur Erhebung bei Menschen mit Behinderungen und Beeinträchtigungen in Privathaushalten.
- Beschreibung des aktuellen Stands der Feldstudie zur Erhebung bei den Bewohnerinnen und Bewohnern in Einrichtungen.
- Befunde aus gesondert durchgeführten qualitativen Interviews.
Den Abschlussbericht dieser bisher umfassendsten Erhebung zur Situation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen und Beeinträchtigungen wird das BMAS voraussichtloch noch in diesem Jahr vorlegen.
Siehe auch: www.bmas.de
DGUV
Die Arbeit im Homeoffice gewinnt - nicht zuletzt durch die Pandemie - immer mehr an Bedeutung. Dies stellt Arbeitgebende und Beschäftigte vor die Herausforderung, die zeitweilige Arbeit im privaten Umfeld entsprechend Arbeitsschutzgesetz und Arbeitszeitgesetz zu gestalten. Die Checkliste gibt Beschäftigten konkrete Gestaltungsempfehlungen und kann von Arbeitgebenden als Unterstützung bei der Beurteilung der Arbeitsbedingungen genutzt werden. Die Checkliste ist als Kurz- und Langform verfügbar. Während die Kurzform die Empfehlungen auf einen Blick präsentiert, beinhaltet die Langform Erläuterungen und weiterführende Links.
ver.di sopoaktuell Nr. 308
Auch zwölf Jahre nach dem Inkrafttreten der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) ist in Deutschland der Zugang zum Arbeitsmarkt für schwerbehinderte Menschen noch immer mit vielen Hemmnissen verbunden. Es gab seit der Unterzeichnung der UN-BRK viele bewusstseinsbildende Maßnahmen, um die Integration von Menschen mit Behinderungen in den Unternehmen zu verbessern. Diese Maßnahmen zum Abbau der überdurchschnittlichen Arbeitslosigkeit von Menschen mit Behinderungen blieben jedoch ohne nennenswerten Erfolg. Menschen mit Behinderungen sind in Deutschland deutlich häufiger von Arbeitslosigkeit betroffen als Menschen ohne Behinderungen.
Mehr dazu und zur ver.di-Forderung nach einer Erhöhung der Ausgleichsabgabe in unserer sopoaktuell Nr. 308
BITinklusive
Informations- und kommunikationstechnische Barrieren werden immer noch als individuelles Problem wahrgenommen. Der Ansatz nachträglicher Anpassungen an Büroarbeitsplätzen (z.B. von Screenreadern) führt bereits mittelfristig betrachtet zu einer deutlichen Verschlechterung der Arbeitsplatzkosten und damit bei Arbeitgebern zu Beschäftigungsvorbehalten gegenüber Menschen mit Behinderungen, weil er zunehmend an technische, organisatorische, motivatorische sowie finanzielle Grenzen stößt.
Hier setzt das Projekt BIT inklusiv an und verfolgt das Ziel, die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am Arbeitsleben zu fördern und die Gestaltung barrierefreier IT in öffentlichen Verwaltungen und Unternehmen zu unterstützen. Damit leistet das Projekt einen wichtigen Beitrag zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention.
Ein neues Prüf-Verfahren für barrierefreie Software wird auf dieser Website vorgestellt: www.bit-inklusiv.de
Deutsche Gebärdensprache
Die Deutsche Gebärdensprache (DGS) zählt jetzt zum „Immateriellen Kulturerbe“ in Deutschland. Das hat die Kulturministerkonferenz (nicht zu verwechseln mit der Kultusministerkonferenz) am 19. März 2021 gemeinsam mit Monika Grütters, der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, beschlossen. Damit zeugen nun insgesamt 126 Einträge im Bundesweiten Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes von der Vielfalt des kulturellen Lebens in Deutschland.
Neben der Gebärdensprache wurden siebzehn weitere lebendige Traditionen in das Verzeichnis aufgenommen, darunter das Buchbinderhandwerk, das Uhrmacherhandwerk, die Weinkultur in Deutschland, der Streuobstanbau und die traditionelle Karpfenteichwirtschaft in Bayern.
Mehr Infos: www.uepo.de
Recht
Bei schweren rassistischen und beleidigenden Äußerungen gegenüber Kollegen müssen auch schwerbehinderte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit einer Kündigung rechnen. Dies gilt umso mehr, wenn der Beschäftigte wiederholt zuvor auch andere Mitarbeiter erheblich beleidigt hat und sich wegen seines „sozialen Besitzstands“ für unangreifbar hielt, entschied das Landesarbeitsgericht Düsseldorf in einem kürzlich bekanntgegebenen Urteil (AZ: 5 Sa 231/20).
REHEDAT
Eine praktische Informationsmöglichkeit bietet REHADAT auf seiner Website zu den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (VMG) der Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV).
Von den begriffen der GdS-Tabelle kommt man per Link zu den Schädigungsfolgen mit dem möglichen Grad der Behinderung. So bekommt man eine erste schnelle Übersicht in der Selbstinformation oder für die Beratung Betroffener. Ein praktisches Alltagstool, dass natürlich keine detaillierte Betrachtung und Bewertung ersetzt: www.rehadat-literatur.de
Recht
Bei Stellenausschreibungen sind öffentliche Arbeitgeber verpflichtet, Schwerbehinderte und geeignete Bewerberinnen und Bewerber zum Vorstellungsgespräch einzuladen. Und dies selbst dann, wenn eine Stellenbewerberin erklärt, dass eine Einladung zum Vorstellungsgespräch sie nur dann als sinnvoll betrachtet, wenn sie in die engere Auswahl kommt, urteilte das Bundesarbeitsgericht (BAG) in einem im Februar veröffentlichten Urteil. Eine solche Mitteilung sei keine Verzichterklärung. Das ist leicht nachvollziehbar, denn die Bewerberin hätte es sich ja immer noch anders überlegen können oder wäre nach Recherchen zu anderen Schlüssen gekommen. Zudem ist der Arbeitgeber ja offensichtlich vorfestgelegt.
Die Bewerberin musste in ihrem Bewerbungsschreiben auch nicht den Grad der Behinderung (GdB) mitteilen oder die Kopie des Schwerbehindertenausweises übersenden. Es reiche, so das Gericht, allein die Mitteilung über das Bestehen einer Schwerbehinderung aus.
Das Gericht geht in seiner Begründung von einer „unzulässige Diskriminierung“ aus! Dies ist interessant und lässt hoffen. Immerhin spricht das Gericht der Klägerin 1,5 Monatsgehälter zu, die im Falle einer Einstellung erzielt worden wären. Die geringe Höhe der Entschädigung mag man beklagen aber trotzdem ist dies ein weiteres, abschreckendes Urteil für diejenigen Öffentlichen Arbeitgeber, die meinen, ihre eigene Rechtauslegung pflegen zu müssen!
BAG, Urteil vom 26.11.2020, 8 AZR 59/20
Link zum Urteil: www.juris.bundesarbeitsgericht.de
Recht
Es ist mit dem Inklusionsgedanken nicht vereinbar, behinderte Menschen allein deshalb von öffentlichen Veranstaltungen gänzlich auszuschließen, weil diese sichtbar anders sind oder durch unwillkürliche Lautäußerungen auffallen; vielmehr hat die Allgemeinheit diese krankheitsbedingten Störungen zu akzeptieren und hinzunehmen, um einer Diskriminierung entgegenzuwirken.
LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 18.02.2021, L 6 SB 3623/20
Link zum Urteil: www.lrbw.juris.de
Recht
Neben der zeitlich ausreichenden Einsetzbarkeit eines Versicherten am Arbeitsplatz gehört zur Erwerbsfähigkeit auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle in zumutbarer Zeit aufsuchen zu können. Hat der Versicherte keinen Arbeitsplatz und wird ihm ein solcher auch nicht angeboten, wird angenommen, dass ein Versicherter für den Weg zur Arbeitsstelle öffentliche Verkehrsmittel benutzen und von seiner Wohnung zum Verkehrsmittel sowie vom Verkehrsmittel zur Arbeitsstelle und zurück Fußwege absolvieren muss. Eine (volle) Erwerbsminderung setzt grundsätzlich voraus, dass der Versicherte nicht vier Mal am Tag Wegstrecken von über 500 Meter mit zumutbarem Zeitaufwand (also jeweils innerhalb von 20 Minuten) zu Fuß bewältigen und ferner zwei Mal täglich während der Hauptverkehrszeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren kann. Bei der Beurteilung der Mobilität des Versicherten sind alle ihm tatsächlich zur Verfügung stehenden Hilfsmittel (z.B. Gehstützen) und Beförderungsmöglichkeiten zu berücksichtigen.
Leidet ein Versicherter wegen einer chronischen Darmerkrankung unter häufigen und unkontrollierbaren Darmentleerungen, die es erforderlich machen, sich stets in der Nähe einer Toilette aufzuhalten, so kann er nicht auf die Verwendung öffentlicher Nahverkehrsmittel verwiesen werden.
LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 17.12.2020, L 7 R 3817/19
Link zum Urteil: www.lrbw.juris.de
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